Interview: Patricia Heller Fotos: Hervé Le Cunff
Anna-Lena Junge, Sie haben im historischen «Meierhaus» auf Schloss Schauenstein neu einen Keller nur für Gantenbein- Weine. Wann haben Sie Dani und Martha persönlich kennengelernt?
Vor einem Jahr. Auf den ersten Blick erschienen sie mir etwas reserviert, aber mit jedem weiteren Kontakt wurde das Verhältnis angenehmer. Heute empfinde ich die beiden als unheimlich herzliche und grosszügige Menschen. Wenn ich mit unserem Schauenstein-Team bei ihnen in Fläsch vorbeikomme, stellen sie uns auch andere Weine vor, beispielsweise aus Frankreich oder Kalifornien vor. So haben wir den direkten Vergleich. Was wir jetzt für unseren Gantenbein-Keller erhalten haben, ist unglaublich. Wir haben jetzt Weine, die nirgends mehr zu erhalten sind, z.B. einen 2010er Chardonnay.
Führen Sie das komplette Ganti-Programm?
Ja. Riesling Chardonnay, Pinot und einen Restbestand von Süsswein; den machen sie heute ja nicht mehr.
Ganti-Weine gibt’s auch in 3,75 l- Flaschen und in Grossformaten. Ihre Theorie dazu? Bigger is better?
Ja! Definitiv und absolut. Das Sauerstoffverhältnis vom Wein bis zum Korken ist bei allen drei Flaschengrössen in etwa gleich gross. Aber auf eine grössere Menge Wein verteilt, ist die Oxidation langsamer. Deshalb sind die Magnumflaschen definitiv besser.
In vielen Grandhotels sind Gantenbein-Weine unglaublich teuer, obwohl sie ab Keller vernünftig kalkuliert sind. Wie machen Sie Ihre Rechnung?
Kommt darauf an, wie rar der Jahrgang war. Im 2013 gab es nur eine ganz kleine Ernte (keine Grossflaschen) aber gute Qualität. Bei diesem Jahrgang würde ich deshalb anders kalkulieren als mit einem 2012er. Wir haben das Glück auch noch einen 96er und 97er zu haben, da darf es auch etwas hochpreisiger sein.
Einen separaten, grossen Champagner-Keller führen Sie auch. Die Trends?
Ich versuche da eine Balance zwischen namhaften Champagnerhäusern und kleinen Winzern zu halten . Krug braucht es in einem Dreisterne-Restaurant immer, aber es darf auch zum Beispiel eine Flasche Emanuel Brochet sein. Da empfehle ich von Tisch zu Tisch individuell, nach Gespür.
Was versteht Ihr Boss Andreas Caminada eigentlich von Wein? Viele junge Chefs trinken lieber Red Bull.
Er ist bei Wein und Champagner tendenziell eher der Markentrinker. Aber ich gebe ihm gerne immer wieder mal etwas Neues zum Probieren. Er hat mehr die Nase für seine Produkte als für die Traube. Beim Wein lässt er mir freie Hand.
Früher waren die Sommeliers alt und männlich, sie sind jung und weiblich. Gibt es auch mal Stirnrunzeln und Misstrauen?
Der Grossteil der Reaktionen ist schon positiv. Bisher habe ich noch keine Probleme gehabt.
Ein Geheimtipp aus Ihrem Keller?
2014 Château Vieux Taillefer Blanc! Aus Vignonet, St. Emilion. Weil das ein Wein aus der kleinsten und ältesten Weisswein-Produktion ist, in einer Region, die eher den Rotwein pflegt.
Ein Restaurant-Geheimtipp?
«The Market Place» in Como. Ganz ganz tolle Küche und eine sehr spannende Weinkarte.
>> Anna-Lena Junge (28) ist seit 2015 Sommelière bei Andreas Caminada auf Schloss Schauenstein in Fürstenau GR. Vorher arbeitete sie beim deutschen Dreisterne-Koch Thomas Bühner im «La Vie» in Osnabrück.