Text: Stephan Thomas | Fotos: Nik Hunger

Stromlinienförmig ist out. «Ich suche den Geschmack, den ich vom Bauernhof meiner Grosseltern in Erinnerung habe. Solche Bilder versuchen wir in der Gastronomie zu pflegen. Und auch beim Wein - Stromlinienförmiges interessiert mich nicht mehr.» Grégory Rohmer sagt es mit Nachdruck, schwenkt sein Glas. Wenn er Gastronomie sagt, meint er vor allem Tanja Grandits. Bei ihr ist er nämlich Maître d'hôtel und Sommelier. Vor dreissig Jahren begann dort seine Laufbahn, damals noch unter dem legendären Hans Stucki. Nach einer längeren Zeit im «Les Trois Rois» ist er wieder ins Bruderholz zurückgekehrt, durfte hier den kometenhaften Aufstieg von Tanja Grandits an vorderster Front miterleben.

Cedric und Nadja Besson Strasser Weinbau , Uhwiesen

Cédric Besson und Nadine Strasser führen ihr Weingut mit viel Passion.

Räuschling, sprudelnd. Der Wein, von dem die Rede ist, stammt vom Weingut Besson-Strasser in Uhwiesen ZH. Hier sitzen wir mit Nadine Strasser und Cédric Besson, verkosten uns durch die breite Palette an Weinen. Den Pinot Noir 2019 etwa, der auch als Basiswein restlos überzeugt. Den Chlosterberg Grand Cru 2018, die Speerspitze des Sortiments bei den Pinots. Den kräftigen Pinot Noir Albi, der nicht vom Rheinfall kommt wie die anderen Weine des Guts, sondern von einer Parzelle im schaffhausischen Gächlingen. Den Räuschling, der hier nicht weniger heimisch ist als am Zürichsee. Die kleine Sensation kommt zum Schluss: Ein Schäumer, Brut nature, den Besson-Strassers aus Räuschling keltern. Flaschenvergoren, wie es sich gehört, und von Hand gerüttelt. Selbstverständlich mengenmässig strikt limitiert.

Cedric Besson Strasser Weinbau , Uhwiesen

«Bio funktioniert.» sagt Cédric Besson und setzt auf biologischen Weinbau.

Gregory Rohmer bei Besson Strasser Weinbau

Das Resultat dieser Bewirtschaftung überzeugt: Man schmeckt das Terroir in den Weinen vom Rheinfall.

Gregory Rohmer, Sommelier bei Tanja Grandits und Cedric Besson, besucht Besson Strasser Weinbau , Uhwiesen, am Degustieren auf der Terrasse des Weinguts

Grégory Rohmer degustiert alle Weine mit Sorgfalt: Den Räuschling sieht er als Pairing zu Zander.

Mehr Bio geht nicht. Schweizweit kennt man das Weingut Besson-Strasser besonders wegen seiner Pionierrolle im biologischen Weinbau. Man ist nicht nur Bio- und Demeter-zertifiziert, sondern als einziger Schweizer Betrieb auch Mitglied von Biodyvin. In dieser vor allem in Frankreich tätigen Vereinigung sitzen Weltklassegüter wie Leflaive, Huet, Zind-Humbrecht und Pontet-Canet. Cédric Besson ist überzeugt: «Bio funktioniert. Manche sagen, in schwierigen Jahren sei es zu riskant. Aber es geht. Wir haben manche Probleme nicht, die andere haben. Alles, was du steril machst, verursacht dir anderswo Probleme. Manche unserer Kollegen geben sich dennoch skeptisch. Aber hinter vorgehaltener Hand müssen sie zugeben, dass wir Recht haben. Sie sehen ja, wie kerngesund unser Traubengut ist.» Das Resultat des biodynamischen Rebbaus überzeugt auch Grégory Rohmer: «Man isst und trinkt besser, sauberer. Man spürt das Terroir. Hier ist nur Frische und Knackigkeit. Den Räuschling hier würde ich zu Zander geben. Das ist auch vom Kontext her stimmig: Das eine wächst im Rhein, das andere am Rhein.»

Hasenfamilie im Rebberg. Uhwiesen gehört zwar zum Kanton Zürich, liegt aber am Rheinfall. Entsprechend ist man mehr auf das nahe Schaffhausen ausgerichtet als auf Zürich. Früher galten die Tropfen aus Uhwiesener Lagen als «Seewein», weil sie über den Bodensee bis nach Stuttgart exportiert wurden. Hier pflegen Besson-Strassers vor allem die traditionellen Sorten. Pilzwiderstandsfähige Züchtungen, die oft mit Bio in Verbindung gebracht werden, sind kaum ein Thema. Cédric dazu: «Unsere Trauben stehen seit mindestens tausend Jahren hier. Wieso müssen wir das Rad neu erfinden? Die PiWis sind etwas vom Mensch Gemachtes. Der Räuschling ist zwar ursprünglich auch eine Kreuzung, aber eine natürliche - und er fühlt sich hier offensichtlich wohl. Und nicht zuletzt: Die Alten waren ja auch nicht blöd. Die haben hier gepflanzt, was gepasst hat.» Die Umwelt ist jedenfalls zufrieden, und Nadine berichtet: «Hier ist die Natur präsenter als anderswo. Bei uns hat es wilde Hasen im Rebberg, eine Familie mit Kleinen. Die fressen vielleicht auch einmal ein paar Trauben, aber was solls.»

 

www.wein.ch
www.tanjagrandits.ch