Text: Kathia Baltisberger Fotos: Olivia Pulver

Ungewöhnliche Mahlzeit. Auf einer idyllischen Weide in Urnäsch springen die Ziegen quasi im Dreieck: Familie Frick kommt. Ueli, 33, und Sonja Frick, 39, schauen zusammen mit ihren drei Kindern Remo, 10, Pirmin, 7, und Svenja, 4, nach dem Rechten auf der Weide. Etwas gemächlicher gesellen sich auch drei Kälber dazu. Sie sind Tag und Nacht mit den Ziegen zusammen – auf der Weide und im Stall. Das hat einen guten Grund: «Wir füttern die Kälber mit Ziegenmilch», erklärt Ueli Frick. Das klingt im ersten Moment etwas merkwürdig – denn die Milch der Ziegen ist um einiges teurer als Kuhmilch. «Wir hatten einen Überschuss an Geissenmilch. Unser Käser konnte nicht alles abnehmen. Also fütterten wir die Kälber damit.» Den Tieren schmeckte es,  bekömmlich war sie auch. «Ziegenmilch ist ja bekanntlich gesünder als Kuhmilch. Wir dachten uns, vielleicht wird ja das Fleisch der Kälber auch zarter und besser dadurch.» 

André Jaeger ist Fan. Um das herauszufinden, fackelten die Fricks nicht lange und probierten es aus. «Zunächst hatten wir Voressen. Der Fettanteil ist wesentlich geringer. Das Fleisch war butterzart und hatte dennoch Biss», sagt Ueli Frick. Aber natürlich wussten die Fricks, dass sie ein bisschen voreingenommen sind. Also musste ein Experte das Fleisch kosten: Spitzenkoch André Jaeger kochte in der «Fischerzunft» auf 19-Punkte-Niveau und erkennt ein gutes Stück Kalb sofort. «Ein Bekannter hat mich auf die Familie aufmerksam gemacht. «Für mich klang das sehr experimentell und ich konnte es mir nicht so richtig vorstellen. Die Qualität des Fleisches hat mich dann aber sehr überrascht. Geschmacklich spürt man von der Ziege nichts, man merkt aber, dass die Kälber nur mit Gras und Milch gefüttert wurden», schwärmt Jaeger. «Das Fleisch ist eher rötlich als anämisch, was sehr positiv ist. Es hat eine ganz andere Fettstruktur und ist wirklich erstaunlich zart.» 

Ueli und Sonja Frick Urnäsch Zikana

Hat die Geissen im Griff: die 4-jährige Svenja.

Ueli und Sonja Frick Urnäsch Zikana

Bei den Bio-Kälbern handelt es sich um eine Kreuzung aus Braunvieh und Limousin.

Natürlich & nachhaltig. Sonja und Ueli nennen das Fleisch Zikana. Das ist keine Kälberrasse, sondern ein Kompositum aus den Wörtern Ziege, Kalb und Natur. «Das Wort beschreibt ziemlich genau, worum es geht, und ist entstanden, weil wir so natürlich wie möglich produzieren – ohne Zusatzstoffe ohne fremdes Futtermittel», erklärt Sonja Frick. Auch beim Schlachten setzt man auf kurze Transportwege. Die Kälber werden ins nahe gelegene Schönengrund gefahren, wo Metzger Peter Signer die Tiere ohne Stress tötet und schlachtet. Dort werden die Kälberviertel auch abgehangen und luftgetrocknet. Genutzt wird alles vom Kalb. Schnitzel, Nierstück, Braten, Voressen usw. werden in Form eines Mischpakets verkauft. Es gibt aber auch Burger, Salami oder eine Snack-Wurst. Die letzten beiden bestehen aus Kalb und Geiss. «Ich finde es wichtig, dass man auch das Fleisch der Ziegen verwendet. Es kann ja nicht sein, dass die nur als Milchgeber für ein Luxusprodukt herhalten muss», findet André Jaeger.

Ueli und Sonja Frick Urnäsch Zikana

Remo hilft auch mit – manchmal gerne, manchmal weniger gerne.

Achtung! Die Geissen knabbern gerne an Pirmins Tracht.

Innovation vs. Tradition. Hinter dem erfolgsversprechenden Produkt steckt viel harte Arbeit. Die Familie Frick hatte bis vor kurzem noch einen klassischen Milchbetrieb, den sie aus wirtschaftlichen Gründen aufgeben musste. «Das war schon sehr hart. Aber wir konnten davon einfach nicht leben», sagt Sonja. Neben dem Hof und den drei Kindern mussten die Eltern noch weitere Jobs annehmen. Hinzu kommt, dass Tradition im Appenzell noch einen anderen Stellenwert. «Für meinen Vater war das ein Schock», erzählt Ueli. Auch in der Gemeinde löste das Vorhaben nicht nur positive Reaktionen aus. «Wir werden schon manchmal als Spinner bezeichnet», weiss Sonja

Die Kälber und die Ziegen sind Tag und Nacht zusammen.

Eine Bilderbuchfamilie, die trotzdem ab und zu aneckt.

Doch die Fricks lassen sich dadurch nicht bremsen. «Genau das finde ich so toll an diesem Projekt», sagt André Jaeger. «Mich fasziniert der Mut und das unternehmerische Denken. Die Fricks jammern nicht, sondern haben eine einmalige und kreative Idee und setzen die auch um. Das Resultat schlägt sich in der Qualität nieder. Es könnte durchaus sein, dass wir am Anfang von etwas stehen, das Schule macht.»

>> Haben Sie Lust, das Zikana-Fleisch (Bio) zu probieren? Die Familie Frick bietet für GaultMillau-Leser ein Probierpaket an: 500 Gramm Zikana (Schnitzel und Voressen) für 50 Franken (inkl. Porto). Einfach bestellen unter www.zikana.ch/bestellen

Versand erfolgt ab dem 20. Juli 2018 – solange Vorrat.