Text: David Schnapp, Urs Heller Fotos: Thomas Buchwalder

Küche geschlossen. Die Gründe waren ganz unterschiedlich, aber 2019 mussten eine ganze Reihe prominenter Chefs die Tür zu ihrer Küche schliessen: Antonio Colaianni (Gustav, Zürich, 17 Punkte) betrieb zwar erfolgreich sein Restaurant mitten in der City, aber das Immobiliengeschäft darum herum – ausserhalb des Einflussbereichs von Colaianni – erwies sich als Fehlspekulation. Reto und Anni Lampart (Lampart’s, Hägendorf, 17 Punkte) beschlossen aus freien Stücken nach über 20 Jahren eines der besten Lokale im Mittelland aufzugeben: Zu wacklig schienen ihnen die Zukunftsperspektiven, gutes Personal zu finden werde zusehends schwieriger, sagten sie.

 

Aus für junge Talente. Auch vom oberen Zürichsee gab es schlechte Nachrichten für Feinschmecker: Markus und Cristine Gass (Adler, Hurden, 17 Punkte) mussten aufhören, weil die Erben der verstorbenen Hausbesitzerin Ruth Schmidheiny die Immobilie nicht weiter als Restaurant nutzen wollen. In der Bundesstadt beendete der talentierte kreative Südtiroler Fabian Raffeiner (Meridiano, Bern, 16 Punkte) seine bisherige Arbeit, weil der Kursaal Bern umgebaut wird. Raffeiner bleibt vorläufig im Betrieb, seine Zukunft ist aber offen. Und in Zürich wurden die Talente Vilson Krasnic (Musigny, 14 Punkte) und Karim Schumann (Münsterhof, 14 Punkte) von den Restaurant-Besitzern informiert, dass sie die beiden Lokale aufgeben. Was im «Musigny» passiert, ist offen, den «Münsterhof» hat Gastrounternehmer Michel Péclard übernommen. Im Parterre entsteht Mitte Januar eine Weinstube unter Mitwirkung von Jacky Donatz. In der oberen Etage wird Iris Petermann Gastgeberin, in der Küche steht Prinz Moritz von Hohenzollern (vorher: Hotel Gotthard, Zürich).

Antonio Colaianni - Al Dente Kaviar Test mit Sebastian Rösch, Robert Speth, Patrick Mahler, Rolf Fliegauf, Christian Kuchler, Antonio Colaianni - Bar Cafe Oskar Kowalski - Montag, 15.10.2018 - Copyright Olivia Pulver

Klare Vorstellungen von einem Restaurant: Antonio Colaianni.

Reto Lampart 2019

Offen für alles: Reto Lampart.

Antonio Colaianni bleibt in Zürich. Antonio Colaianni sagt, er habe schon viele Angebote abgelehnt. «Wenn ich Geld verdienen muss, mache ich Caterings, aber für mein nächstes festes Engagement muss das Gesamtpaket stimmen.» Colaianni beobachtet, dass in Zürich teilweise absurd hohe Schlüsselgelder verlangt werden, die man nie erwirtschaften könne, sagt der erfahrene Italoberner. Fest steht: Colaianni bleibt in Zürich, «hier habe ich eine Stammkundschaft, die mir seit Jahren treu ist», sagt er. Für sein nächstes Lokal, das er selbstständig oder im Angestelltenverhältnis übernehmen würde hat er klare Kriterien aufgestellt: «Es braucht etwa 50 Plätze und eine Küche in der passenden Grösse, die Erreichbarkeit mit dem ÖV muss gut sein, oder es braucht genügend Parkplätze. Und in Zürich braucht es im Sommer eine Terrasse, weil die Leute draussen sitzen wollen.»  

 

Reto Lampart hat Zeit. Gelassenheit herrscht auch bei Reto und Anni Lampart (grosses Bild). «Wir hatten überhaupt keine Zeit, um darüber nachzudenken oder gar konkrete Pläne zu machen», sagt Lampart. Das Wichtigste war dem energischen Appenzeller, bis zum Schluss «Vollgas» zu geben. Am liebsten würde das Power-Paar in einer Stadt wie Zürich, Bern oder Basel mit einem neuen Konzept, das näher bei den Leuten ist, weitermachen. «Am bisherigen Standort wäre das nicht gegangen, das hätten die Gäste nicht verstanden», so Reto Lampart. Der Koch und seine Partnerin Anni, die Patisserie, Bäckerei und Wein beherrscht, haben zwar bereits Angebote erhalten, entschieden ist aber nichts. «Wir sind selbst gespannt, wohin es uns als nächstes verschlägt», sagt Reto Lampart.

Markus Gass

Eine neue Geschäftsidee ist in Planung: Markus Gass.

Markus Gass: Fertig Restaurant. Bei einem Spaziergang mit dem Hund schildert ein gelassener Markus Gass seine Zukunftspläne: «Für meine Frau und mich ist es der ideale Zeitpunkt etwas Neues zu machen. Und das wird auf keinen Fall ein Restaurant sein», sagt der Koch, der mit seiner Frau Cristine Hess Gass 20 Jahre lang erfolgreich den «Adler» in Hurden SZ geführt hat. Restaurants gebe es zwar genug auf dem Markt und die Rahmenbedingungen würden immer schwieriger. «Darauf haben wir keine Lust», so Gass. Das Gastronomen-Paar macht jetzt ein halbes Jahr Ferien und widmet sich dann einer neuen Business-Idee.

Koch und Gastgeber Wilson Krasnic, Restaurant Musigny, Zürich, 19.02.2019, Foto Lucia Hunziker

Kann gehoben, aber auch bodenständig: Vilson Krasnic.

Gault Millau zu Gast bei Karim Schumann

Zeit bis Ende Januar: Karim Schumann.

Schuhmann und Krasnic auf der Suche. Die beiden jungen Talente Vilson Krasnic und Karim Schumann sind in Zürich auf der Suche nach neuen Wirkungsstätten. Das «Musigny» sei «ein schwieriger Fall» gewesen, sagt Krasnic, aber er sei sehr motiviert, an einem andern Ort mit demselben Elan weiterzukochen. Schumann hat zwei, drei Optionen und Ideen, will sich aber bis Ende Januar mit einer definitiven Entscheidung Zeit lassen. Beide jungen Köche haben einen Vorteil: Sie können sowohl gehobene Küche als auch bodenständig, was etwa Vilson Krasnic während seiner Zeit im «Dal Mulin» in St. Moritz bewiesen hat.

Fabian Raffeiner mit Jutta Bärenfaller

«Bluechip» der Branche: Fabian Raffeiner mit «Bern isst»-Bloggerin und Mitarbeiterin Jutta Bärenfaller.

Geheimtipp Fabian Raffeiner. Der Südtiroler ist im Kursaal Bern zwar noch unter Vertrag, doch in seinem Restaurant «Meridiano» gingen bereits die Lichter aus: Neukonzept in Planung. Der Südtiroler 16-Punktechef ist ein «blue chip» in der Branche, kann in Städten und in den Bergen kochen. Wer ihn kriegt, kriegt einen Superkoch, der zugleich ein starker Teamplayer ist. In Luzern steht ein Wechsel an: Ralf Thomas und das «Bam Bou» im stylishen «The Hotel» passten nie so recht zusammen. Also zieht der 15-Punktechef im Sommer ein paar Häuser weiter ins «Reussbad»; er übernimmt von Raphael Tuor, der künftig in die «Krone» in Blatten bei Malters und will nochmals so richtig Gas geben. Bernd Schützelhofer (16 Punkte im «Paul's», Widnau SG) plant ein Comeback: Im nahen Bad Balgach.