Fotos: David Birri
«Bis nächstes Jahr am 30. Mai!» So verabschiedete Tanja Münker spät nach Mitternacht die sichtlich glücklichen letzten der 200 Gäste, die zum Open Event des Top Taste of Grindelwald am Freitag ins Romantik Hotel Schweizerhof gepilgert waren. Als Präsidentin des jungen Vereins «Top Taste of Grindelwald Alpine Excellence Food Festival» und Direktorin des Alpine Design Resort Bergwelt war auch sie mit dem Premieren-Abend rundum zufrieden. Und ein Blick in die Abräumküche zeigte final die Begeisterung der Gästeschar, die meisten davon Locals, unter ihnen Urs Kessler, «Mister Berner Oberland» und bis nächsten Sommer noch CEO der Jungfraubahnen. Am Ende waren nur sehr wenige Tellerchen und Schälchen beim Gourmet-Event übriggeblieben – die grosse Servicecrew sorgte am Ende für No Food Waste. Die fünfzehn Kreationen der fünf Starchefs wären dafür auch viel zu schade gewesen. Doch von Anfang an. Grosses Bild oben (v.l.) : Franz Faeh, Gast-Chef vom «Palace» Gstaad, Urs Gschwend («Bergwelt»), Paul Cabayé («Glacier»), Adrian Bolsmann (neu im «Schweizerhof»), David Imre Rozsa («Belvedere»), Auréline Mettler («Fiescherblick»).
Gardenparty dank Bergfrühling. Um sechs Uhr startete der Opening Event des ersten Top Taste of Grindelwald bei prächtigem Frühlingswetter im Garten des «Schweizerhofes». Die eintrudelnden Gäste genossen vor der imposanten Kulisse von Eiger, Mönch und Jungfrau das prickelnde Champagnerklima. Derweil drinnen die Chefs die letzten Vorbereitungen an ihren mobilen Stationen trafen. Vertreten war das Who is Who der neu erwachten Gourmet-Destination mit insgesamt 74 GaultMillau-Punkten: Urs Gschwend von der «Bergwelt» (14), Paul Cabayé vom «Glacier» (16), David Rozsa vom «Belvedere/1910 Gourmet by Hausers» (15), Aurélien Mettler vom «Fiescherblick» (15) und Adrian Bolsmann, seit 1. April der neue Mann im «Schweizerhof» (14) und als Gastkoch Franz Faeh, das Urgestein vom «Palace» Gstaad (16). Der Routinier bescheiden: «Um mich geht es bei diesem Festival nicht. Ich gehe nur meinem alten Freund Urs Gschwend zur Hand.» Die beiden Buddies kochten am folgenden Tag einen Vierhänder in der «Bergwelt»-Heimat von Gschwend. Natürlich integriert im Gala-Diner die berühmten, raren Scampi, die Lieferant Bianchi exklusiv für den «Palace»-Culinary Director Faeh reserviert. Der absolvierte übrigens von 1978 bis 1981 seine Kochlehre im Gstaader Palast-Hotel, danach zog es den Saaner in die Ferne, nach Asien.
15 Kreationen auf Top-Niveau. Warum Grindelwald seit zwei Jahren auf der Schweizer Genuss-Karte plötzlich eine Rolle spielt, zeigten die Mini-Gerichte, die die Starchefs vorbereitet hatten und für die die Gäste geduldig Schlange standen im Gewühl: In seinem Heimspiel servierte Adrian Bolsmann, gebürtiger Südafrikaner und nach Stationen in Kanada, Grossbritannien und Deutschland seit gut sechs Jahren in Schweizer Häusern tätig, überraschte mit einem frühlingsfrischen Zander-Tofu-Tatar im Knusperkörbchen, einer rustikalen BBQ-Rinds-«Cromesqui» auf cremiger Polenta mit Popcorn und pikanter Mayonnaise (eine köstliche Kugel voller Umami!) und einer bildhübschen Panna Cotta mit Herz-Topping aus Erdbeeren. Bei Paul Cabayé stauten sich die Gäste für dessen Kohlrabi-Cannelloni mit Rollgersten-Risotto und Blütenzauber sowie den knusprig frittierten Salbeiblättern mit Pilzen und Morchel-Espuma. Urs Gschwend überraschte mit einem Rindstatar Asia Style in Wasabi-Sesam-Kruste und Miso-Schäumchen, mit Frutiger Egli zu Edelkrebs-Bisque und Mönchsbart sowie einem Kindheits-Traumdessert: Ile Flottante. Mardon Zuber, Gschwends ungarischer Pâtissier, hatte eine Delikatesse aus seiner Heimat vorbereitet: Gerbeaut. Nach Emile Gerbeaut, einem Genfer Zuckerbäcker, der das gleichnamige Kaffeehaus in Budapest zur Legende machte. «So kommt das Himbeer-Gebäck von Ungarn endlich in die Schweiz», meint Pâtissier Zuber stolz. Aurélien Mettler servierte eine filigrane Köstlichkeit aus Appenzeller Entenleber, grünem Apfel und Amaranth vorweg, gefolgt von Buttoni (eine Art Ravioli im Knöpfli-Form) mit einer Füllung aus Chüngeli, Rind und Schwein auf einer Extraktion von Alpkäse vom Local hero Simon Meyer. Unser Lieblings-Happen des Abends. Zum Dessert gabs bei Jung-Starchef Mettler Cannelés Bordelaise.
Glamour-Eier von Fisch und Huhn. David Rozsa glänzte mit einer Kreation aus geräucherter Forelle mit Hefesauce und Baumnussöl, getoppt von Oscietra-Kaviar. Der WOW-Effekt-Preis des Abends ging an das Ei Royal mit Hollandaise-Espuma, getrockneten Steinpilzen («auf einem Waldlauf im Herbst gefunden») und Lauchpulver (getrocknete, pulverisierte Rüstabfälle – «I hate food waste», so Rozsa), alles nach japanischer Technik zubereitet, glamourös präsentiert in silbrigen Eierschalen. Die Schoggi-Miso-Brownies mit Himbeeren gingen weg wie warme Weggli. An Rozsas Seite war Philipp Rösler, sein Dritt-Lehrjahr-Stift aus Dresden, «ein sehr talentierter, motivierter Mann. Den behalten wir nach seinem Lehrabschluss im Sommer», beteuerte Rozsa. «Fachkräftemangel? Nicht bei uns!» Der Eröffnungs-Abend des Top Taste-Food Festivals bewies: Grindelwald ist nicht nur wegen Eiger, Mönch und Jungfrau eine Reise wert – und das Dorf auf dem besten Weg, mit anderen alpinen Gourmet-Destinationen aufzuholen.