Text: Urs Heller I Fotos: Marcus Gyger

Volle Leistung mit reduzierten Teams. Spassbremse Corona: Letzten Winter blieben die beiden Top-Restaurants «Capri» im «Mont Cervin Palace» und «After Seven» im «Backstage Hotel» geschlossen und konnten nicht bewertet werden. Höchste Zeit also nach Zermatt zu fahren. Zu Florian Neubauer, Giovanni Parisi (je 17 Punkte) und natürlich auch zu Heinz Rufibach, der den «Zermatterhof» Richtung Spitze führt (16 Punkte). Spass haben auch diesen Winter nur die Gäste. Die Gastgeber müssen mit reduzierten Teams Spitzenleistungen erbringen, täglich melden sich Mitarbeiter in die Quarantäne ab, glücklicherweise meist mit leichtem Verlauf. 

«Flo» Neubauer: Heilbutt & Ali-Express. «Backstage»-Besitzer Heinz Julen mag weltmännisches Flair und ebensolche Küche. Das kriegt er: «Flo» Neubauer (grosses Bild oben) ist die Nummer 1 im Dorf, mit ziemlich eigenwilligem Konzept: Das Mitsprachrecht der Gäste bei der Menüauswahl ist gering. Jeden Gang gibt’s doppelt. Ein Besuch im «After Seven» ist abendfüllend (vier Stunden für «seven» Gänge). Aber: Was serviert wird, ist ausgeklügelt, mit riesigem Aufwand konzipiert, perfekt zubereitet. Beste «Combo»: Heilbutt aus der Bretagne. Variante 1: Heilbutt (zusammen mit Jakobsmuscheln) verpackt in einem höllisch  scharfen Dim Sum (Piment d’Espelette!). Variante 2: Heilbutt einfach und klar, sanft gegart, fantastische Beurre blanc mit Champagner. Schocker-Gerichte: Entenherz zur Taube (!), Frosch in zwei Varianten. Schmunzelgang: Eine doppelte Rindskraftbrühe wird am Tisch in einer japanischen Kaffeemaschine veredelt. «Flo» Neubauer hat das abenteuerliche Gerät bei «AliExpress» in China bestellt.

Restaurant, Ristorante Capri in Zermatt, VS

Power des Südens: Pulpo mit 'Nduja (pikante, italienische Wurst) & Mangold.

Restaurant, Ristorante Capri in Zermatt, VS

Eingespieltes Team: Salvatore Elefante (l.), Giuseppe Parisi.

Restaurant, Ristorante Capri in Zermatt, VS

Signature Dish: Tagliolini mit Gamberi rossi und Burrata.

Giuseppe Parisi: Seafood & Pasta! Das beste italienische Restaurant in der Schweiz? Das «Capri» im Swiss Deluxe Hotel «Mont Cervin Palace» steht zumindest auf der Shortlist. General Manager André Seiler hat es zum 16. Mal geschafft, dass die Jungs vom «Capri Palace» in Zermatt überwintern. Wer das «Menu Degustazione» bestellt, lernt den neuen Chef kennen: Giuseppe Parisi steht plötzlich am Tisch, mit Kupferpfanne, dreierlei Tomaten (San Marzano, Corbarino, Piennole del Vesuvio), Basilikum und mit prallen Käseravioli (Caciotta). Ein kleiner Zwischengang, ein typischer Gruss aus Capri, ein Statement: Die Ragazzi vom «Capri Palace» kochen unkompliziert, liebevoll, 100 Prozent italienisch. Am besten sind die Jungs, wenn sie Pasta und «frutti di mare» zusammenführen. Beispiel 1: Hausgemachte Tagliolini al limone, rohe und rote Gamberi, eine Schicht Burrata, Meerbohnen. Ein genialer Gang, weder auf Capri, noch in Zermatt wegzudenken von der Karte. Beispiel 2: Spaghettoni mit «Ricci di mare». Den Seeigel beschafft Bianchi auf den Färöern, die Qualität ist beeindruckend. Natürlich sind die dicken Spaghetti al dente gekocht – was Gäste etwa aus den USA etwas heraufordert. Beispiel 3: «Eliche», eine Pasta aus dem Süden, mit Cozze, fermentierter Zitrone und Pfefferbrot. Dem Zufall wird nichts überlassen: Salvatore Elefante, Chef im genialen Beachclub «Il Ricchio» ist angereist, um seinem Schützling Giuseppe den Start in Zermatt zu erleichtern.

Alpine Gourmet Prato Borni

Local hero! Heinz Rufibach punktet im «Zermatterhof» in zwei Restaurants.

Heinz Rufibach: Steinbutt mit Vongole & Bouillabaisse. Heinz Rufibach ist der Doyen der Zermatter Köche und hat im Swiss Deluxe Hotel «Zermatterhof» einen Doppeljob: Er sorgt für Schwung in der wunderschönen Brasserie Lusi («grosses pièces » von der silbernen Voiture!), und er punktet im Fine Dining-Restaurant Prato Borni. Dort surfen die Gäste gut gelaunt durch zwei verschiedene Angebote. Im «Menü Heimat» ist Einheimisches Trumpf: Stör und Oona-Kaviar aus Frutigen, gibt es Schweinisches («Swiss Grand Cru Porc») und fehlen natürlich seine berühmten Ziger-Gnocchi (mit «Alt Gsottus») nicht im Angebot. Im «Menü Fernweh» begeistert er mit einem echten Hammergang: Steinbutt, Vongole Scardovari, Bouillabaisse, Munder Safran, Fenchel-Rouille. Applaus für die Wachtel, vor allem für die Wachtelschenkel, die zu einem kraftvollen Ragout geschmort, unter der Brust versteck waren. Auffallend die Teamarbeit: Benedikt Höret ist ein erstklassiger Gastgeber. Sommerlier Peter Zimmermann löste die kniffligsten Pairing-Aufgaben souverän, die Pâtisserie punktete mit einem «Schneeball», und der imposante Käsewagen ist bei der munteren Griechin Eliana Perdikari in besten Händen.