Text: Anita Lehmeier I Fotos: David Birri
Summertime & Easy Living. Grindelwald ist still und leise zum Gourmet-Dorf aufgestiegen. Fünf Köche punkten im GaultMillau. Sie verstehen sich prima und machen einmal im Jahr gemeinsame Sache: «Taste of Grindelwald», eine Gourmet-Party, die Foodies an den Fuss des Eigers lockt und begeistert. «The Big Five» hatten das Glück der Tüchtigen: Kaiserwetter. Die Gäste konnten auch raus auf die Terrasse, an den Very Big Green Egg und an den riesigen Holzkohle-Grill. Die elegant-gemütliche «Bergwelt» gibt dem Event den perfekten Rahmen, mit einmaligem Ausblick auf Eiger, Mönch und Jungfrau. Birgit Fritz-Egger vom Verein «Taste of Switzerland»: «Die Gäste sollen strahlen wie die Sonne, das Essen soll allen ein breites Smile ins Gesicht zaubern.» Foto oben: The Big Five of Grindelwald: (v. l.) Adrian Bolsmann («Schweizerhof»), Dávid Imre Rózsa («Belvedere»), Aurélien Mettler («Fiescherblick»), Urs Gschwend («Bergwelt»), Paul Cabayé («Glacier»).
Küchen-Team «Bergwelt»: Joao, Pau und Louis im Finish mit der Pulled Peking Duck im Bun.
Die Streetfood-Fraktion. Auch «Bergwelt»-Chef Urs Gschwend kochte unter freiem Himmel: «Wir sind hier draussen auf der Terrasse die Streetfood-Sektion, die Währschaften. Drinnen sind die Jungen mit ihren Pinzetten-Kreationen.» Am offenen Feuer legte Senior-Gast-Koch Mathias Droz von «Food Art for U» Alpkäse- und Trüffel-Würste auf, die Metzger-Legende Reto Lötscher live fertigte, mit einem 300 Jahre alten Fleischwolf. An der Eröffnungs-Party fiel der freundschaftliche Umgang der Lokalmatadore miteinander auf, die Chefs besuchten sich an den Stationen, probierten, diskutieren und trafen sich am späteren Abend auf ein Glas oder zwei beim Big Egg. Der familiäre Groove ist eine Besonderheit des Top-Taste-Festivals, ebenso der Mix aus Einheimischen und Gästen aus aller Welt.
Der Heimat huldigen. Für die zweite Ausgabe des Gourmet-Festivals haben sich die fünf Chefs darauf geeinigt, Produkte und Spezialitäten aus ihrem jeweiligen Heimatkanton anzubieten. Für den Thurgauer Gschwend eine klare Sache: Fisch, Vogel, Erdbeeren. Als Vorspeise kreierte der «Bergwelt»-Routinier Urs Gschwend (15 Punkte) ein Shrimp-Ceviche an einer Gazpacho aus Rhabarber und Holunderblüten. Beim Hauptgang stand die Ente im Zentrum. Inspiriert von seiner China-Reise im letzten Oktober servierte Gschwend eine Pulled Peking Duck mit Gurken-Kimchi in einem luftigen Bun. Ergänzt war der raffinierte Fingerfood mit einem Tässchen Enten-Essenz mit Stich vom Entenei drin. Adrian Bolsmann vom «Schweizerhof» (14 Punkte) widmete seine Kreationen dem Kanton Wallis, hier hatte der gebürtige Südafrikaner einst sein erstes Schweizer Engagement. Auf eine Waffel aus Kartoffelmehl setzte er schwarze Berg-Linsen und eine süss-saure Sauce aus Safran und Eigermilch-Joghurt. Vorbereitet hatte Bolsmann auch 250 Portionen Gitzi-Ravioli auf Selleriepurée, das Fleisch war vorab zwölf Stunden niedergart und dann gezupft worden. Das Dessert von Patissière Julia Gujer? Walliser Aprikose, what else?
Wie ein Spaziergang über eine Alpwiese: Bergheu-Süppchen von Dávid Imre Rózsa («Belvedere»).
Urs Gschwend, Executive Chef «Bergwelt» und seine «rechte Hand» Marton Zuber, Chef im BG Grill.
Aromabombe: gegrilltes Secreto mit dreierlei Gurke von Aurélien Mettler («Fiescherblick»).
Fleisch oder Fisch? Beides! Aurélien Mettler vom «Fiescherblick» (15 Punkte) hatte sich ganz dem Fleisch verschrieben und dem Kanton Neuenburg, wo er in der Maison du Village in Saint-Aubin-Sauge tätig war. Er servierte ein Tatar vom Carne Crudo mit eingelegten Tomaten, Selleriemousse, frisch gepflücktem Klee mit einem Chip aus Tomatenhaus. Der herrliche Duft vom gegrillten Secreto an einer Pilzsauce und dreierlei Gurke lockte die Fleischfans unter den Gästen an die Station des 29-jährigen Chefs mit dem breiten Berner Dialekt. Auch Paul Cabayé vom «Glacier» (16 Punkte) hatte als gebürtiger Franzose ebenfalls die Wahl mit dem «Heimat»-Kanton und wählte die Waadt, «mon canton de coeur». Er hatte vor Grindelwald im legendären Hotel de Ville in Crissier bei Franck Giovannini eine Heimat und seinen Feinschliff gefunden. Cabayé hatte eine frühlingsfrische, knatschgrüne Kreation vorbereitet aus Kapuzinerkresse-Sorbet mit Kohlrabi, grünem Apfel und Dill-Öl. Als Hauptgang gabs Lachsforelle aus Cuibert VD mit Rogen und einer Combava-Beurre blanc. Die Blüten auf beiden Kreationen stammten von Nils Rodin; Cabayé schwärmt von ihm in höchsten Tönen.
Gastgeber Patrik Scherrer, Mitinhaber Swiss Design Hotels, mit Partnerin Christina Gnädinger (l.) und Tanja Münker, Direktorin «Bergwelt».
Testlauf fürs Vegi-Menü. Dávid Imre Rózsa war eben aus Budapest heimgekommen, wo er als Stargast-Chef an einem Foodfestival seine Landsleute mit Frutiger Zander und Oona-Kaviar verwöhnte. Fürs Top Taste-Festival hatte der «Belvedere»-Chef (15 Punkte, ein Michelin-Stern) zwei Vegi-Gerichte vorbereitet, quasi als Probelauf für das neue, fleischlose Menü im «1910 Gourmet by Hausers». Die Vorspeise aus Pilz-Salat mit kaltem Eiger-Kaffee und asiatischer Sauce kam ausgesprochen gut an, ebenso das Süppchen aus Grindelwaldner Bergheu aus zweitem Schnitt mit Zwiebeln und grünen Erbsen. Seine Produkte stammten allesamt aus der näheren Umgebung, seiner Wahlheimat dem Berner Oberland.
Der mächtige Käsewagen. Die Desserts wurden ebenfalls an den Stationen bei den Chefs ausgegeben oder auf einem hübschen Buffet in Self-Service zu haben. Ein mächtiger Käsewagen lockte die Gäste, als es um neun Uhr herum an den Stationen hiess: «Sold out». Kuonen Weine aus dem Wallis und Terravigna teilten sich die Verantwortung für das Pairing, Perrier-Jouët lieferte den Champagner – am nächsten Morgen standen 82 leere Flaschen, auch Magnums, auf dem Tresen. Als Neuheit wurde «The Wall»-Gin von Rugenbräu präsentiert, der exklusiv auf der Station Eigergletscher auf 3230 Höhenmetern hergestellt und in einer coolen schwarzen Flasche angeboten wird, der legendären Eigernordwand nachempfunden. Auf allen Tischen lag das «Safe the Date» auf fürs nächste «Top Taste of Grindelwald»: 29. bis 31. Mai 2026.