Text: Urs Heller I Fotos: Marcus Gyger

Anfeuern morgens um acht Uhr. Silvio Germann und seine Mammertsberger Köche sind Frühaufsteher. Bereits um 08.00 wurde in einer liebevoll eingerichteten Alphütte ob Gstaad eingefeuert. Strom gibt es in der «Züneweid» auf 1600 Metern nicht, und der 18-Punktekoch verzichtete mutig auf alle Hilfsmittel (Holdomat & Co.). Highlight in der alten Küche: Fünf Perlhühner hingen über dem offenen Feuer am Haken, abwechslungsweise kopfüber und kopfunter, brutzelten vor sich hin. Vier Stunden später wurden die Vögel tranchiert: innen traumhaft saftig, mit Foie gras in der Farce, mit verblüffend knuspriger Haut. «Reine Nervensache», sagte Silvio, «üben konnten wir das nicht. Aber die Perlhühner, die wir zuerst im Fett konfiert haben, kriegten genügend Hitze und dank des Feuers einen wunderbaren Rauchgeschmack.»

v.l. Silvio Germann, Simeon Nikolov, Jonas Grundner, Stephanie Mittler

Die vier Helden vom «Mammertsberg»: v.l. Mitinhaber und Chef Silvio Germann, Simeon Nikolov, Jonas Grundner, Stephanie Mittler.

Die besten Gnocchi ever. Draussen vor der Hütte loderte ein zweites Feuer. In einer riesigen Pfanne über dem Grill wurden die kleinsten und besten Gnocchi ever mit Schnittlauch und Schalotten zubereitet. Das Geheimnis dieser Umami-Bombe: Nussbutterschaum, Nussbutteremulsion, Kastanie, ein klein wenig Soja. Die Gäste, unter ihnen viele Spitzenköche (Martin Dalsass, Benoît Carcenat, Franz Wiget, Ueli Kellenberger, Nicolas Darnauguilhem), waren hin und weg; viele von ihnen schnappten sich eine zweite Portion. Auch ganz ausgezeichnet: Eine Dorade mit Gurke aus dem Mammertsberger Garten. Aguachile wurde dazu eingegossen (Erbsen, Koriander, Zitrone).

Alpenkräuter sammeln Silvio Germann (m) und Giuseppe Lo Vasco

Silvio Germann im Morgennebel unterwegs auf der Alp: Blüemli und Kräuter sammeln fürs spektakuläre Menü.

Langustine, Kaviar, Lamm. Alp hin oder her, Silvio Germanns Truppe servierte das volle Programm: Vier Aperohäppchen (u.a. Tartelette mit Bergkäse aus Abländschen), zwei Amuse-bouches (Dorade, Gnocchi), und dann ein grandioses Menü mit den Perlhühnern vom Haken als Highlight. Vor dem zarten Vogel (aus dem Hause Fredy von Escher): Eine gebratene Langustine mit Pilzen und schwarzem Knoblauch, dazu ein Langustinen-Tatar mit Kaviari Kaviar und Krustentier-Nage. Nach dem Vogel: Sisteron-Lammrücken mit Brokkoli und Chimichurri-Sauce.

Perlhuhn, Sellerie-Trüffel

Perlhuhn, Sellerie aus der Salzkruste, Trüffel.

Sauerteigbrot, in einem Topf über dem Feuer gebraten.

Sauerteigbrot, in einem Topf über dem Feuer gebraten.

Pfirsich vom Feuer, Mandel-Amarettoschaum aus dem Stickstoffbehälter.

Pfirsich vom Feuer, Mandel-Amarettoschaum aus dem Stickstoffbehälter.

Fire & Ice zum Dessert. Dann hatte Pâtissière Steffi Mittler ihren grossen Auftritt: Pfirsich vom Grill, Mandel-Amarettoschaum, mangels Strom mit Stickstoff gefroren. Feuer & Eis gewissermassen, und danach noch vier liebevoll und präzis zubereitete Friandises, etwa ein exzellentes Zitronen-Tartelette. «Auf mein Team kann ich mich zu 100 Prozent verlassen», sagte Silvio Germann, «da kann man auch mal was riskieren.» Zwei im Team sind Stipendiaten von Andreas Caminadas «Fundaziun Uccelin»: Steffi Mittler und Simeon Nikolov.

Langustine, Kaviar

Nobles auf der Alp: Langustine (gebraten und zu Tatar geschnitten), Kaviari Kaviar.

Patrick Adank & seine Methusalem. Wer bei Brigitte und Thomas Frei («Bernerhof», Gstaad) kocht, bringt einen Winzer seines Vertrauens mit. Silvio Germann setzte auf Patrick Adank aus Fläsch GR. Der liess es, unterstützt von Sommelier Giuseppe Lo Vasco, krachen: Ein grandioser Schaumwein Brut NV zur Begrüssung, ein etwas abenteuerlicher «Vin de Soif» (Sauvignon Blanc, Naturwein), ein leichter, frischer 2021 Chardonnay aus der Magnum, schliesslich zwei «Granaten»: 2021 Pinot Noir aus der Doppelmagnum, 2020 Pinot Noir Spondis aus der Methusalem (sechs Liter). Adank: «Interessant, wie sich der Wein auf dieser Höhe verändern.» Zum Guten, sie waren erstklassig. Auch die Bündner Kult-Winzer Martha und Daniel Gantenbein applaudierten.

Nächstes «Opfer»: Benoît Carcenat. Diese herausfordernden Mittagessen auf der «Züneweid» sind Kult unter den Spitzenköchen. Gewissermassen zum Dessert wird jeweils verkündet, wer als nächster ran muss/darf. Benoît Carcenat («Valrose» Rougemont VD, GaultMillaus «Koch des Jahres 2023») nimmt die Herausforderung an. Er reiste mit seiner Frau Sabine an, inspizierte auf der Alp Hütte und Feuerstelle. An seiner Seite: Top-Sommelier Mathieu Quetglas, schwer verliebt und seit 14 Tagen frisch verheiratet: Ehefrau Pauline stammt aus Korsika, auf der Insel wurde gefeiert: «Drei Tage lang», lachte Mathieu, «die besten Chefs der Romandie flogen zu unserer Hochzeit ein.»

 

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