16 Punkte, ein Stern. Das bringt Gäste ins Haus. Robert Steuri enttäuscht sie nicht, sorgt dafür, dass sie ein zweites und drittes Mal im «Maihöfli» reservieren. Seine Trümpfe: Angenehme, geschickt umgebaute hohe Räume. Ein zauberhafter Garten. Freundliche Preise. Und vor allem eine verblüffende Küche: Enorm aufwändig. Betörend im Geschmack. Von der Theorie «drei Komponenten sind genug» hält der Chef wenig. Er will mehr. Das führt meistens zu Volltreffern. Und manchmal auch zu Dichtestress im Teller.
Das Schaulaufen zum Start. Der Amuse-bouches-Service ist im «Maihöfli» auch eine Art Schaulaufen. Alle drei Köche, übrigens alle seit der ersten Stunde dabei, präsentieren ihre Fingerfood-Snacks: Sushi-Rüebli mit Ponzu-Gel. Dampfbrötli mit Maisrüben-Minisalat & Jalapeños. Tartelette mit Ochsenherztomaten-Tatar, gerösteten Sonnenblumenkernen, Scamorza & Schnittlauchöl. Tomatenessenz («wir haben sie zehnfach reduziert») mit Kräutern und Kombualgenblatt. Blumenkohl in Varianten, mit einer verführerisch, leicht pikanten Tom-Yam-Sauce. Die Ansage ist klar: Da geht eine eingeschworene Truppe den arbeitsintensiven Weg, ist ein besonderes Gourmet-Erlebnis garantiert.
Varianten ohne Ende: Robert Steuris Rüebli-Gang. Der heimliche Liebling der Gäste.
Variante Meerfisch: Heilbutt aus Norwegen mit Kombu-Algen.
Variante Süsswasserfisch: Forelle, beschafft im nahen Langerlenhof.
Forellen Ragout & Kaviar. Die Forelle für den Einstieg ins Menü (fünf Gänge für 139 CHF) beschafft sich der Chef im «Langerlenhof» im nahen Schwarzenberg. «Forelle blau» kann bei Robert Steuri nicht das Thema sein. Mal verwertet er den Zuchtfisch zu einem Forellen-Ragout, diesmal kriegen wir ihn mit Rauchfischmousse, Auster und Bohnen. Die grünen Bohnen prägen auch die erfrischende Sauce. Ein kleines, aber feines Upgrade ist möglich und empfehlenswert: Zehn Gramm Kaviari Kristal Kaviar (für 32 CHF). Der nächste Gang ist vielleicht der beste: Eine wahre Rüebli-Orgie, monochrom im Auftritt. Im kleinen Teller: Rüebli fermentiert, Rüebli gepickelt, Rüebli-Sorbet, Rüebli-Mousse, Passionsfrucht, Kimchisalat, Sesam. Da ist alles drin: Süsse, Säure, Schärfe, Sanftes, Knackiges. Und Umami.
«Sag mir, wo der Wolfsbarsch steckt?» Das fragten wir uns in der nächsten Runde, denn da herrschte Dichtestress im Teller: Die fermentierte Loup de mer-Tranche lag unter verschiedenen Gels, unter einer Fenchel-Praline und auf einem feinen Kartoffelsalat. Nicht genug: Frittierte Calamaretti kamen obendrauf, und die waren richtig gut! Steuri bittet in der Ferienzeit zu einer kulinarischen Ferienreise, etwa nach Griechenland: Poulet mit griechischem Salat und Metaxa-Sauce. Am Güggel haben die Jungs hart gearbeitet: 24 Stunden lang mariniert, die Haut gelöst und mit einer Leber-Farce versehen. Am Schluss wird das Schenkelfleisch zwei Stunden lang bei 64 Grad gegart.
Hier fühlt man sich wohl: Restaurant Maihöfli. Im Sommer Service im Garten.
The Place to b. Steuri ist aus Grindelwald («Glacier») nach Luzern gekommen und hat inzwischen gute Beziehungen zu Innerschweizer Produzenten aufgebaut. Markus Heinzer aus Muotathal beispielsweise ist sein Vertrauensmann fürs Fleisch. Steuri: «Ich kriege von ihm die besten Lämmer, die ich je verarbeitet habe und auch erstklassiges Schwein. Wir bleiben uns treu, verwerten bei der Sau alles: Haxe, Ohr, Herz, Leber, Bauch, Schwänzli und Schnörli.» Im Sommermenü ist Muotathaler Kalb Trumpf. Wir kriegen eine Tranche Kalbshaxe, drei Tage lang geschmort, mit mexikanischem Touch: Barbecue-Glasur, TexMex-Elemente, Mais, Peperoni, Jalapeño. Zwei weitere Elemente verrät der Chef nur Gästen, die für ihre Unerschrockenheit bekannt sind: Kalbszunge und Herz stecken im Salat. Die kleine Brigade kann auch Nachspeisen: Ein hübsches Zitronen-Dessert etwa, mit Pistazie, Basilikum und Maggia-Pfeffer für die Power. Sommelier Heng Gui ist immer für eine Überraschung gut. Er entkorkte zum Kalb einen Merlot aus Eich LU! – Das «Maihöfli» ist auch eine erstklassige Vegan-Destination: Kohlrabi, Rüebli, Aubergine, Artischocken und Peperoni werden zu einem attraktiven Mehrgänger verarbeitet. GaultMillau-Rating: 16 Punkte.
Fotos: David Künzler, Olivia Pulver, Thomas Buchwalder, HO
Die GaultMillau-Tester stellen im Auftrag der UBS jede Woche einen «Place to b.» vor: Adressen für den gepflegten Businesslunch, für den Brunch am Wochenende, für ein Essen mit Freunden, für Trendsetter & Entdecker, für Verliebte. Bereits erschienene «Tipps der Woche» finden Sie hier.