Text: Urs Heller Fotos: Ellin Anderegg
«La vera Carbonara». Luzerner gehen gerne «zum Italiener». Der Gastgeber ist in diesen Ristoranti mindestens so wichtig wie der Koch. Dass die Pasta al dente gekocht ist, reicht nicht. Es braucht auch Wohlfühl-Atmosphäre und einen Patron, der seine Gäste und deren Macken kennt. Nicola Punzi im «La Perla» ist so ein «Padrone». Omnipräsent, immer gut gelaunt – und enorm erfolgreich. Philipp Tresch, der mit Abstand beste Italo-Chef der Stadt, ist leider weg. Aber seine Nachfolger machen einen ordentlichen Job. Der Signature Dish bleibt auf der Karte: «La vera Carbonara», ohne Rahm! - Grosses Bild oben: Giuseppe Gigliotti, Roberto Mazzitelli und Domenico Bruno vom Ristorante La Cucina.
Jetzt klingelt es auch in Luzern. Ein zweiter toller Gastgeber ist nach 27 Jahren leider abgetreten: Giorgio Montella im «Padrino». Der Zürcher Hansjürg Klingler, ein früherer Lindt&Sprüngli-Top-Manager, übernimmt. Die Luzerner sollten ihn nicht allzu ungnädig empfangen: Er hat mit Montellas unschönem Abgang nichts zu tun, und sein «Klingler’s» an der Zürcher Bahnhofstrasse ist ein wunderbares Ristorante (14 Punkte). In Luzern liegt die genau gleiche Karte auf, der Mailänder Chef Valerio Flori, bisher die Nummer 2 in Zürich, leitet seit dem «soft opening» im März die sechsköpfige Küchenbrigade, Carina Evers den Service.
Chef Valerio & Tagliatelle in Salsa di Spugnole. Der Start ist geglückt. Chef Valerio zeigt in Luzern schnell, was er draufhat. Typisch für die mediterrane Küche im «Klingler’s»: Unverschämt gute Tagliatelle in einem tiefen Teller, mit unverschämt guter Frühlingssauce: «Spugnole primaverili», also crèmige Morcheln! Den berühmtesten Gang aus der Zürcher «Zentrale» gibt es auch in Luzern: Carpaccio von Gambero rosso aus Mazara del Vallo, mit erstklassiger Burrata und Avocado. Wenige Stunden vor dem Shutdown ein typisches Oster-Dessert: «Colomba», mit luftiger Marsala-Zabaione.
Der Dottore mag Vongole. Und Kids. Auch das «Barbatti» hat in Luzern eine lange Geschichte. Rudi Bindella, der «Dottore» aus Zürich, hat übernommen und schreibt respektvoll das nächste Kapitel. Werke des verstorbenen Luzerner Künstlers Rolf Brem prägen das Lokal. Die «Spaghetti alle vongole» sind untadelig; das Lieblingsgericht des Besitzers. Wir mögen auch die Paccheri mit den ersten grünen Spargeln, den Risotto mit einer gehörigen Ladung vom schwarzen Trüffel aus Norcia und den «Misto di pesce» (Tuna, Wolfsbarsch, Lachs, Riesenvcrevetten». Dottore Bindella mag Kinder: Sie essen in all seinen Restaurants zu einer «Flatrate» von 15 Franken. Sehr sympathisch. Die Weinkarte ist breit und nach ohne Grenzen: Auch Ornellaia und Masseto werden entkorkt.
Die kalabresische Botschaft in Luzern. Ein HotSpot ist «La Cucina» im Hotel Astoria, fest in kalabresischer Hand: Chef Giuseppe Gigliotto kocht prima Pasta, Gastgeber Roberto Mazzitelli ist in Luzern eine Institution. Giuseppe hat vor allem seine Ravioli prima drauf, geht mir der Saison. Mal Ricotta & Spinat, dann Ricotta & Spargel, dazu immer reichlich Burro & Parmigiano. Meergetier geht auch: Paccheri ai Frutti di Mare, Spaghetti mit Vongole veraci, Branbzino und Gamberi vom Grill, mit Zitronenrisotto. Der beste Start in den Abend: «Pizza Tartuffo», eine weisse Pizza mit reichlich schwarzem Trüffel, zum Freundschaftspreis von 29 Franken. Ungewöhnlich der Gästemix: «Mittelalterliche» Gäste schlemmen, die Jugend feiert. Bis zum viermal pro Abend gehen im «Cucina» kurz die Lichter auf, für eine kleine Geburtagsparty mit Torten- und Kerzenshow. Besitzer Urs Karli hat mit dem «Cucina» keine Probleme und mit dem wunderschönen «Thai Garden» schon gar nicht. «Retro-Thai» ist angesagt, der Laden ist immer voll. Dafür steht im «Bam Bou» ein Chefwechsel an. Ralf Thomas zügelt ins «Reussbad» und löst Topchef Raphael Tuor ab, der vor den Toren der Stadt nochmals richtig Gas geben will. Tuors neue Adresse ab Sommer: die «Krone» in Blatten.
«Amore auf den ersten Biss». Das zumindest versprechen die unkomplizierten Gastgeber im «Grottino 1313», die jedem Besucher «Du» sagen und alles geben – nur keine Speisekarte. Der Chef stellt jeden Abend ein Menü zusammen (ab 68 Franken), spielt seine Pasta-Kompetenz aus und macht auch Vegetarier happy. Humor hat er auch: Zur Begrüssung gibt’s schon mal ein «Faustbrot» wie auf dem Bau – Brot und Schinken. Highlights im 100jährigen Haus: Der mit Kerzen beleuchtete Weinkeller. Und der Sonntagsbrunch (Smoothies, Tagessuppe, Rösti, Pasta), der eigentlich immer ausgebucht ist. Das «Grottino 1313» ist in der unkomplizierten Kategorie GaultMillauPOP gelistet.
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