«Rico’s cosi». Ein Statement. Kein Michelin-Stern mehr für «Rico’s» in Küsnacht ZH? Das war für den fröhlichen Tessiner, der seit 50 Jahren (!) mit Leidenschaft am Herd steht, ein schwerer Schlag. «Ich wollte im ersten Moment hinschmeissen», sagt Rico Zandonella, «aber inzwischen habe ich mich wieder erholt und gebe Vollgas.» «Rico’s heisst im neuen Jahr «Rico’s cosi», und das ist ein Statement. Cosi frei übersetzt? «So bin ich. So koche ich.» 22 Gerichte sind ab Januar gelistet. Der Gast stellt sich sein Menü selbst zusammen, «und wenn einer nur zwei Teller will, ist das auch okay», sagt der Patron, «die Zeit der grossen Menüs ist vorbei. Ich setze auf ein à-la-carte Angebot. Aber klar: Will ein Gast ein grosses Menü, so kriegt er eines.»

Hinreissend: Rico Zandonellas Gnocchetti, hier mit Maispoularde und weissem Alba-Trüfffel.

50 Jahre in der Küche, kein bisschen müde und mit einem neuen Konzept am Start: Rico Zandonella, Küsnacht ZH.
«Wir kommen wegen Ihnen». Zandonella hatte mit Michelin Ärger: Keinen Stern mehr, auch keine Mail oder ein Telefon, das eine Erklärung dazu liefert. Der Chef steckt die Demütigung weg, die Stammgäste helfen ihm dabei: «Wir kommen wegen Ihnen ins «Rico’s», nicht wegen der Sterne», sagen sie und halten Wort. Keine Umsatzeinbussen, gute Laune an allen Tischen. Zandonella ist «Goldküsten-Darling», und seine Gäste wissen: Da steht einer jeden Morgen bereits um acht Uhr mit kleinem Team in seiner kleinen Küche, arbeitet mit Top-Produkten, setzt geduldig seine Fonds und Saucen an und packt jene Prise Italiantità in den Teller, die man nicht missen möchte. Besondere Merkmale: Rico ist auch mittags und am Sonntag für seine Gäste da. Und: Er ist auch Unternehmer, bezahlt seine Rechnungen selbst.
Der geniale Hummersalat. Wie isst man in einem Null-Sterne-Restaurant? Ganz ausgezeichnet! Alle Gänge waren gut – und zwei zum Niederknien. Die Gnocchetti etwa, verblüffend leicht, luftig und klein («ich lasse sie einzeln ins Wasser fallen»), kriegten zwei Accessoires in den Teller, die süchtig machen: Einen verblüffend leichten Steinpilz-Schaum. Und Tartufi bianchi aus Alba, aus der ersten Qualitäts- und Preisliga. Der zweite Hammergang: Salat vom bretonischen Hummer mit Salsa Verde. Klasse-Krebs. Präzision bei Garpunkt und Temperatur (kühl). Selbst die Scheiben von der Charlotte-Kartoffeln, in der Bouillon zubereitet, waren auffallend gut. Der Hummer ist von einem Kefen-Fächer umzingelt. Liebevolle Pinzettenarbeit, 100 Prozent Instagram-tauglich.

Die Sterne sind weg, die Gäste bleiben: Keine Umsatzeinbussen, gute Laune an allen Tischen im «Rico's».
Ramen nach Appenzeller Art. Erstklassig auch die Essenz der Alpstein-Poularde: Hühnerbouillon, Onsen-Ei, elegante Tranchen vom zarten Vogel, Trüffel drüber. Viel Umami in einer kleinen Schale, eine Art Ramen nach Appenzeller Art. Der Fischgang war eine Hommage an seine Zeit im berühmten «Crocodile» in Strassburg: Seezungenröllchen, Lostallo-Lachs eingewickelt, Champagnerschaum mit überraschender Säure. Die Krönung: Eine stolze Ladung Kaviar Royal drüber. Tadellos auch die elegant aufgeschnitten Barbarie-Entenbrust. «À l’orange» wurde annonciert, der Einsatz von Orange und Grand Marnier konzentrierte sich auf die tiefe Sauce. Überraschung beim knusprigen Polenta-Bällchen: Steinpilz steckte drin. Die freundliche Gastgeberin Sophie Mazanec weiss, was dazu passt: «Ungulus», der Tessiner Spitzenwein von Viviana Pasta und Dario Pistarà aus dem «Castello di Cantone».
GaultMillau-Rating: 18 Punkte. Im «Rico’s» sieht man gerade rot. Rot ist in Küsnacht eh die Hausfarbe (by Carlo Rampazzi), feuerrot sind auch die zwei Weihnachtsbäume. «Chefsache», verrät uns Sophie Mazanec, «Rico dekoriert die Bäumchen immer selbst, in stundenlanger Arbeit.» Das GaultMillau-Rating: Weiterhin 18 Punkte. Schwächen oder gar Fehler waren beim Lunch in Küsnacht nicht auszumachen.
Fotos: Fabian Haefeli, Thomas Buchwalder

