Fotos: Fabienne Bühler
Einlegen, Trocknen & Fermentieren. Die Stimmung ist schon zu Beginn bei Kaffee und Gipfeli bestens. Die zehn Hobbyköchinnen und -köche, die an diesem Tag bei Andreas Caminada am Kochkurs in Fürstenau GR dabei sind, haben ihre Teilnahme gewonnen. Bio Cuisine hat’s ermöglicht – und darum soll es auch ums möglichst «grüne Kochen» gehen. Im Falle des Starchefs heisst das, dass er die muntere Truppe erst einmal in den Keller der «Casa Caminada» führt und dort zeigt, wie man im Schloss, im vegetarischen «Oz» und in der «Casa» selbst dank eingelegtem, getrocknetem und fermentiertem Gemüse durch den Winter kommt.

Je nach Jahreszeit blumiger oder blasser: Caminadas Gartensalat mit Safran-Sud.

Im Garten gibt es mit Andreas noch einiges zu ernten, etwa reife Kakis.
Wasabi der Alpen. Im hübsch ausgeleuchteten Gewölbekeller findet man zig Konserven: Spargeln, Radieschen, Bohnen. Auf dem Tisch liegen kiloweise gedörrte Birnen aus der Region. Und am Boden stehen mehrere Kisten mit Quitten und Topinambur, die jetzt im November erst geerntet wurden und noch verarbeitet werden müssen. «Und das hier sind die Früchte der Kapuzinerkresse», sagt Caminada auf ein Glas deutend. «Sie sind ganz leicht scharf – unser alpiner Wasabi.» Schon etwas gelernt, denkt man sich, das war Trick 1.
Der Garten schläft noch nicht. Man sollte jetzt bloss nicht denken, dass in der «kleinsten Stadt der Welt» (Fürstenau erhielt im 16. Jahrhundert das Stadtrecht) die Erntesaison schon komplett vorbei ist: Starchef Caminada führt die Kursteilnehmer in den Garten, dort hängen leuchtend orange Kakis. In den Gewächstunnels wachsen der letzte Malabarspinat («mein absoluter Favorit») und verschiedene Salatköpfe. Auch Federkohl oder Radiesli sind zu sehen, die längst ausgetrieben haben. Trick 2: «Wir lassen Gemüse auch mal einfach wuchern», so Caminada. «Plötzlich merkt man, dass eben auch Radiesli-Blüten oder die Früchte geniessbar sind.»

Viel kulinarisches Fachwissen: Claudio Gregori von «Bio Grischun».

Lassen sich roh essen und schmecken nach Wasabi: Früchte der Kapuzinerkresse.

Die Teilnehmer lernten auch, wie man aus Kopfsalat in drei, vier Tagen Kimchi macht.
Demeter-Imker Gion. Claudio Gregori, der Präsident von Bio Grischun, stellt klar, dass der Garten des Starchefs und Selbstversorgers zwar nicht bio-zertifiziert sei, dass er die Nähe zum Produkt («das ist mindestens so wichtig») aber so lebe, wie es der Idee von Bio Suisse entspricht. «Es ist nicht immer leicht, in der Gastronomie ein Verständnis hierfür zu finden.» Gutes Beispiel dafür: Der Demeter-Imker Gion Grischott, der in unmittelbarer Nähe fürs Schloss den köstlichen Frühlings-Honig erntet.
Soufflés in der Form tiefkühlen. Trotz all der Eindrücke, welche die Teilnehmer nun schon gesammelt haben, ist der Morgen noch lange nicht am Ende. Nun folgt der eigentliche Kochkurs in den Räumlichkeiten, die den Leserinnen und Lesern des GaultMillau-Channels als Atelier Caminada bekannt sein dürften: In der Küche des «Oz» will der Starchefs weitere Tricks zeigen, die auch zu Hause funktionieren. Und er beginnt ausgerechnet beim Dessert. Trick 3: «Ein Soufflé kann man vorbereiten und tiefkühlen, lange bevor die Gäste an der Tür klingeln.» Die Masse kommt in die gebutterten und gezuckerten Formen, dann wie gesagt in den Tiefkühler – auch mal für mehrere Tage. Erst eine Viertelstunde vor dem Servieren müssen die Gefässe bei 220 Grad in den Ofen geschoben werden. «Bei Caminada kann man sogar etwas lernen», kommentiert Claudio Gregori keck.

Kochkurs im Atelier Caminada: Der Starchef weiss, wie man seine Zuhörer fesselt.
Mehr Aroma: Safran erwärmen! Als nächstes widmet sich der 19-Punkte-Chef einem Forellenfilet, das er mit gekonntem Schnitt von der Haut befreit. Man könne es nun braten, roh als Tatar servieren, mit Zucker und Salz einlegen. Eher unbekannt sei aber die Möglichkeit, das Filet in Flüssigkeit zu beizen, wie sie Caminada nun zeigt: Hierfür wird es für gut eine Stunde in ein Wasserbad mit Essig und Salz gegeben und dann mit viel rohem, kleingeschnittenen Gemüse hübsch in einem Schälchen drapiert. Trick 4: Für dieses Gemüsesalätchen macht der Chef einen Sud aus Zwiebeln, Honig, Zitronen- und Limettensaft, Ingwer und Koriander sowie etwas Wasser. Die Mischung kommt nur kurz in den Mixer, wird dann gesiebt. Und zu ein paar Safranfäden gegeben, die für mehr geschmackliche Intensität kurz in einer Pfanne erwärmt worden sind (Trick 5). «Das Ganze ist auch eine gute Basis für andere Salatsaucen.» Auf der hübsch dekorierten Vorspeise findet man so einige Blättchen, Kräuter und Blüten, die man vorher auch im Garten gesehen hat. «So ist dieser Salat auch immer ein Spiegel der Saison. Jetzt sind noch Blüten drauf, im Laufe der Monate wird das Gericht zunehmend blasser.»

Schmeckt doppelt so gut, wenn man die Zutaten kennt: Gartensalat.

Hauptgang für die Teilnehmer: Poulet mit Kürbis-Gnocchi, Pilzen und Selleriepüree.

Dessert in der «Casa»: Tarte Tatin mit Äpfeln und Vanilleglace.
Gewürz für Poulet & Spareribs. Genug gelernt? Mitnichten. Trick 6, den die Masterclass-Teilnehmer mit nach Hause nehmen können: ein Rub, der sich für Pouletschenkel ebenso eignet wie für Spare Ribs. Er besteht aus braunem Zucker, Salz, schwarzen Pfefferkörnern, Wacholder, Knoblauchgranulat und Chiliflocken. Das riecht nicht nur verführerisch – sondern macht sich auch auf dem fertig gegarten Fleisch sehr gut, das Caminada nun auf einem Holzbrett zum Probieren reicht. Und ja, das Soufflé im Ofen wäre beinahe vergessen gegangen: Es ist perfekt in die Höhe gegangen.
Gemüsesalat & Kürbisgnocchi. Nur gut, dass nach all diesen Probiererli, mit denen der Starchef seinen Masterclass-Teilnehmern gehörig Appetit gemacht hat, nun noch ein Mittagessen ansteht. Zuerst ein Gemüsesalat, der seinesgleichen sucht und nach der Besichtigung des Gartens besonders gut schmeckt. Dann Poulet, serviert mit Selleriepüree und herrlichen Kürbisgnocchi. Und schliesslich Tarte Tatin mit einer Nocke Vanilleglace. Ist es verwunderlich, dass die Stimmung bei den Kursteilnehmern am Tisch sogar noch besser ist als ein paar Stunden zuvor?
Das Label «Bio Cuisine» zeigt den Gästen, wie viel Nachhaltigkeit sie auf dem Teller erwartet. «Bio Cuisine» ist dreistufig aufgebaut und zeichnet den Anteil an Bio- sowie Knospe-Produkten im Betrieb aus. Basis ist der Einkaufswert der Lebensmittel und Getränke. GaultMillau Schweiz unterstützt diese «Bio-Cuisine»-Initiative. www.bio-cuisine.ch

