Mälzer vs. Hexer. Mayo oder nicht Mayo? Das war am Sonntagabend bei Kitchen Impossible die Frage. Für einen kurzen Moment wurde es sogar ungemütlich: Das Duell zwischen Stefan Wiesner (Mysterion Bramboden) und Tim Mälzer (grosses Bild oben) war geprägt von Harmonie und Respekt dem anderen gegenüber. Bis das Thema Kartoffelsalat aufkam. Das Gericht gehört zu Mälzers liebsten Speisen, damit könne er seine Herkunft und seine Kultur ausdrücken. Der Hexer ist soweit einverstanden – solange man den Kartoffelsalat nicht mit Mayo zubereitet und lauwarm serviert. Diese Randbemerkung stösst dem TV-Koch sauer auf. «Ok, wow! Das wars! Bist du bescheuert? Kartoffelsalat mit Mayonnaise ist norddeutsche Religion. Wenn ich gewusst hätte, dass du so einen hanebüchenen Blödsinn erzählst, hätte ich dir meine Freundschaft gar nicht erst angeboten und von vornherein nein gesagt.» Auch, dass die Speise gemäss dem Schweizer lauwarm serviert werden soll, versteht Mälzer nicht. «Das ist Kartoffelsuppe mit lauwarmem Dressing.»

Markus Stöckle, 2023

Ist südlich der Mayo-Grenze aufgewachsen: «Rosi»-Chef Markus Stöckle.

Gala Dineer im The Dolder Grand (Sapori Ticino) Mit Heiko Nieder, Cristian Moreschi, Mattias Roock, Marco Campanella, Marco Badalucci

Mattias Roock (Castello del Sole) ist mit der Version Mayo aufgewachsen. Heute bevorzugt er Bouillon für den Kartoffelsalat.

Davidoff 10' präsentiert von Sam Reuter, mit Heiko Nieder 2023

Heiko Nieder (The Dolder Grand) bereitet seinen Kartoffelsalat mit brauner Butter zu.

Überläufer Mattias Roock. Dass ein simples Gericht wie Kartoffelsalat zu einer kulinarischen Schaumschlägerei ausarten kann, überrascht die Köche hierzulande nicht. Mattias Roock, 18-Punktechef im Castello del Sole in Ascona, kennt beide Versionen gut. «Ich bin im Norden Deutschlands aufgewachsen, dort assen wir den Kartoffelsalat mit Mayonnaise», sagt er. «Inzwischen lebe ich aber im Süden der Schweiz und habe zur Variante mit Öl und Essig gewechselt.» Ein Überläufer sozusagen. 

Geheimtipp braune Butter. Heiko Nieder (The Dolder Grand, 19 Punkte) stammt ebenfalls aus dem hohen Norden. Und siehe da: Auch sein Kartoffelsalat-Rezept kommt ganz ohne Mayo aus. Doch der 19-Punktechef relativiert. «Ich halte natürlich die Flagge hoch für Kartoffelsalat mit Mayo, denn so bin ich aufgewachsen. Meine Mutter macht ihn heute noch mit Mayo und ich liebe das. Aber als Beilage zu Backhendl oder Wienerli, da mag ich die Version mit Bouillon lieber.» Die wichtigste Zutat in seiner Version neben Sonnenblumenkernöl, Geflügelfond und Senf: braune Butter. Und zwar kommt die erst ganz am Schluss ins Spiel. Die Kartoffeln müssen erst etwa eine Stunde in der Marinade ziehen. Nieder gibt dann etwas Butter in eine Pfanne und lässt sie leicht bräunen und mischt sie vorsichtig unter den Kartoffelsalat. «Die braune Butter ist für den Geschmack und passt einfach hervorragend zu Kartoffeln.»

Wer hats erfunden? Die Deutschen beanspruchen die «Erfindung» des Kartoffelsalats gerne für sich. Das erste bekannte Rezept stammt aus dem Jahr 1633, kommt allerdings von einem Botaniker aus England. Erste deutsche Rezepte sind ab 1800 überliefert – was nicht heissen soll, dass es das Gericht davor nicht gab. Klar ist aber, dass es eine geografische Grenze gibt, die den deutschsprachigen Raum unterteilt. «Die Mayo-Grenze liegt, so sagt man, ungefähr auf der Höhe des Rheinlands, also etwa bei Mainz», weiss Mattias Roock. Dass ein so einfaches Gericht wie der Kartoffelsalat im TV so hohe Wellen schlägt, wundert auch Kollege Nieder nicht. «Das ist halt so ein Nord-Süd-Gefälle. In der Kochlehre lernt man ja beide Versionen. Aber ich finde, man muss da jetzt auch nicht eine Religion draus machen.»

Der Diplomat Markus Stöckle. Einer, der unterhalb dieser Mayo-Grenze aufgewachsen ist und somit den Klassiker ohne Mayo machen müsste, ist Markus Stöckle. Der 17-Punktechef aus dem «Rosi» stammt aus dem Allgäu in Bayern. «Bei uns gabs den Kartoffelsalat immer lauwarm und mit brauner Butter. Meine Mutter war im Dorf bekannt für ihren Kartoffelsalat», erzählt Stöckle. Doch der Bayer ist sehr diplomatisch unterwegs. «Kartoffelsalat ist ja ein Exportgut für die ganze Welt. Am Schluss gibt es keine Regel, die besagt, was richtig ist und was falsch. Ich liebe auch Kartoffelsalat mit Mayonnaise.» Der innovative Chef, der schon viel in der Welt herumgekommen ist, traf das Gericht schon überall an. «In England schneidet man die Kartoffeln nicht in Scheiben, sondern halbiert sie. Auch ein japanischer Kartoffelsalat mit japanischer Mayo ist genial. Und ich finde, ein Kartoffelsalat darf sogar knusprig sein.» Am Ende komme es gar nicht so auf die Machart an. «Viel wichtiger ist, ob der Kartoffelsalat gut abgeschmeckt ist und die richtige Säure hat.»