Markus Arnold, Sie nutzen dieses Jahr für Reisen und stehen weniger in der Küche. Wie kam es dazu?
Das war eine recht spontane Entscheidung. Die Steinhalle läuft ausgezeichnet, und nach mehr als sechs Jahren im Betrieb habe ich nach Möglichkeiten gesucht, mir mehr Freiraum für kreative Arbeit und die Weiterentwicklung meiner Gastronomieunternehmen zu schaffen. Ich bin sehr kreativ, und wenn es mir langweilig ist, dann sprudeln die Ideen. Es ist wichtig, seine Arbeit kritisch zu hinterfragen, selbst wenn alles reibungslos läuft.


Was haben Sie daraus geschlossen?
Mir ging es darum, eine Pause zu machen, reisen zu können und mehr Zeit für die Familie zu haben. Irgendwie hat es sich auch gerade gut ergeben, dass wir die Steinhalle für vier Monate nur mittags öffnen konnten und das wechselnde Abendmenü bis Ende April nicht anbieten. Aber es ist aufwendig, einen solchen schnell fahrenden Zug anzuhalten oder auch nur zu verlangsamen. 

Markus Arnold Brooklyn Bridge

Auf dem Weg nach Manhattan: Markus Arnold an der Brooklyn Bridge.

Bagel Black Seed Bagels

Typisch New York: Frühstück von Black Seed Bagels.

Cronut Markus Arnold

Must eat: einer der legendären Cronuts von Dominique Ansel.

Auf welche Schwierigkeiten sind Sie gestossen?
Es ist kompliziert, ein gut funktionierendes Restaurant teilweise zu schliessen, und das richtig zu kommunizieren. Aber die Gäste haben erstaunlich grosses Verständnis, und ich bekomme viel positives Feedback für diesen Schritt. Jetzt bin ich etwa alle zwei Wochen beim Mittagservice dabei. Glücklicherweise braucht es mich aber gar nicht, weil die Mitarbeiter so gut eingespielt sind, dass sie sich verhalten, als wäre es ihr eigener Betrieb. 

Können Sie es sich leisten, sich so zurückzunehmen? 
Wir haben sechs Jahre hart gearbeitet und haben genügend unternehmerisches Know-How aufgebaut, damit das funktioniert. Wichtig war auch, dass wir Mitarbeiter, mit denen wir langfristig planen, in anderen Projekten einsetzten und ihnen gleichzeitig etwas Erholungszeit ermöglichen können. Und schliesslich unterstützt mich meine Frau Monika, sonst würde es sowieso nicht funktionieren.

Street Art New York

Hauptstadt der Foodies: Street Art in New York.

Und was ist der langfristige Plan?
Im Mai machen wir im bekannten Stil wieder auf und starten mit einem koreanischen Menü. Die Gäste reservieren erstaunlicherweise jetzt schon. Ich bin überrascht, dass sich so früh bereits ein starker Mai abzeichnet.


Sie kommen gerade von einem Food-Trip nach New York zurück. Welche Megatrends sind Ihnen aufgefallen?
Japanische und koreanische Konzepte fliegen, das ist auffällig. Und vegane Alternativen im Menü sind mittlerweile ziemlich selbstverständlich in jedem Restaurant erhältlich. Wir versuchen, dies in der «Steinhalle» auch zu etablieren. Interessant fand ich, dass der bekannte TV-Koch David Chang seine lockeren Konzepte überall ausrollt. Guter, schnell servierter Comfort Food funktioniert sehr gut, während sein Fine-Dining-Restaurant Momofuku Ko aus betriebswirtschaftlichen Gründen geschlossen wurde.

Momofuku Bang Bar

Koreanischer Comfort Food: Auswahl aus der Momofuku Bang Bar von David Chang.

Markus Arnold EMP

«Inspirierendes Essen»: Markus Arnold mit Küchenchef Dimitri Magi im «Eleven Madison Park».

Welches koreanische Restaurant hat Ihnen besonders gefallen?
Im «Atoboy» habe ich gut gegessen, und geschmacklich sehr überzeugt war ich vom «Yua», wo in lockerer Stimmung sehr gutes Essen serviert wird. 


Sie haben auch das «Eleven Madison Park» Ihres Schweizer Kollegen Daniel Humm besucht. Welche Eindrücke haben Sie mitgenommen?
Mein Gesamteindruck war sehr gut. Die ersten drei Gänge haben mich geradezu euphorisiert. Beim Hauptgang aus geschmortem Weisskohl schien es mir, dass der Geschmack etwas unter dem grossen Aufwand der bilderbuchmässigen Präsentation gelitten hat. Insgesamt war es aber ein inspirierendes Essen in toller Atmosphäre. 


Ihr Fazit nach eine Woche New York, ist es immer noch die Hauptstadt der Foodies?
New York bleibt ein cooler Ort zum Essen, man hat gigantische Möglichkeiten als Foodie und ich wünsche mir, dass bei uns in Bern auch noch mehr gehen würde. Die Amerikaner sind einfach Macher ohne Angst vor dem Scheitern. Diese Mentalität fehlt uns manchmal. Mir hilft ein solcher Trip, andere Dinge zu sehen und über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen. Das Schlimmste ist, wenn man als Koch betriebsblind wird und anfängt, sich selbst zu kopieren.

Dessert Jua

Koreanisches Fine Dining: Dessert im «Jua» in Manhattan.

Küche Jua

Offene Küche und hochwertige Zutaten: Koch im Restaurant Jua. 

Dessert Jua

Für Markus Arnold ein «Meisterwerk»: Süsskartoffel-Donut und Vanille-Eis.

Man spricht heute gerne von «Kreativpausen»; «Inspiration» ist ein oft benutztes Schlagwort. Hand aufs Herz: Ist Inspiration nicht etwas «für Amateure», wie es der US-Künstler Chuck Close einmal formuliert hat?
Ich finde, dass man als Koch viel Essen gehen sollten, um Anhaltspunkte zu sammeln und seine eigene Arbeit kritisch betrachten und verbessern zu können. Wer nicht in seine Passion investiert, kann kein guter Koch werden, das war schon als junger Koch meine Überzeugung. Ich hatte nie viel Geld auf dem Konto, weil ich es in Restaurantbesuche und Kochbücher investiert habe. Heute kann ich auf einen Speicher von Aromen und Erfahrungen zurückgreifen, die mir eine geschmackliche Sicherheit geben und mich weiterbringen.


>> Markus Arnold ist Chef und Besitzer der «Steinhalle» in Bern (17 GaultMillau-Punkte, ein Michelin-Stern) sowie Betreiber weiterer Konzepte wie «Mama Momos» oder der Rooftop Brasserie. 2024 reist er unter anderem nach New York, Japan und Korea und berichtet auf dem GaultMillau-Channel über seine Erfahrungen. 

Fotos: Markus Arnold/Handout