Fotos: Remy Steiner
Kopf voller Ideen. Marcel Koolen sagt, er habe schon immer den Kopf voller Ideen gehabt und deutet um seine jetzt wasserstoffblond gefärbten Haare einen Sturm an. «Wegen meiner Kreativität haben mich meine Eltern früh in eine Kunstschule geschickt, wo ich mich zweimal in der Woche, nach der regulären Schule, mit Themen von Theater bis Töpferei beschäftigen konnte. Als Teenager wurden es dann Musik, Rap und Graffiti und später, in der Ausbildung zum Koch, musste sich der 35-jährige Niederländer erst daran gewöhnen, dass Disziplin und Struktur mindestens so gefragt waren wie Kreativität.
Skizzen zum Gericht. Im Jahr 2023 wurde Marcel Koolen Küchenchef im «7132 Silver» in Vals – als Nachfolger von Mitja Birlo und Sven Wassmer keine ganz leichte Aufgabe für einen jungen Koch. Es hat eine Weile gedauert, aber mittlerweile hat Koolen seinen Weg gefunden, das Sommermenü 2025 ist ein starker und sehr persönlicher Ausdruck der kulinarischen Möglichkeiten des Kreativkopfs. Was neben den oft eigenwilligen, aber durchaus harmonisch schmeckenden Gerichten auffällt, sind die kleinen Karten mit Skizzen der Speisen, die dazu gereicht werden.
Neue Gerichte beginnen so: Marcel Koolen am Zeichentisch.
Sommermenü 2025: Papada vom Iberico-Schwein an Kohlsauce mit Kimchi und marinierten Austern.
Farbstifte in der Küche. Neben Pinzetten und Paletten gehört eine Schachtel Faber-Castell-Farbstiften zur Ausrüstung von Marcel Koolen. Seine Gerichte, erzählt er, beginnen meistens mit einem so genannten Mindmap: «Ich stelle mir damit Fragen, die ich mir im Laufe der Entwicklung selbst beantworte», erklärt er. Irgendwann steht eine Skizze, dann beginnt die Arbeit in der Küche. «Ich habe viele Ideen, aber nur etwa die Hälfte funktioniert wirklich», sagt Koolen mit grosser Offenheit. Der Weg bis zum fertigen Gericht sei ein frustrierender Prozess. «Im Kopf ist es immer einfacher als in der Realität», so der Koch.
Anspruchsvolle Küche. Aber der Weg über die Zeichnung hat sich bewährt: «Das mache ich, seit ich 18 Jahre alt bin. Zuerst wurde ich in der Patisserie eingesetzt und bei der Herstellung von Torten ist eine Skizze der beste Weg», sagt Koolen. Dass die anspruchsvolle und kreative Küche für die Marcel Koolen im «7132 Silver» heute steht – ganz wie die Herstellung von Torten früher – viel Planung, Vorbereitung und wenig Spontaneität zulässt, sei nicht immer einfach. «Mir liegt das intuitive Kochen, aber auf unserem Niveau geht das nicht mehr. Aber vielleicht kommt so etwas mal ins Menü – als Idee des Tages sozusagen.»
«Nur etwa die Hälfte der Ideen funktioniert»: Küchenchef Marcel Koolen.
«Sturm im Kopf.» Bis dahin arbeitet Marcel Koolen weiterhin voller Einfälle, aber gleichzeitig auch strategisch und planvoll. Mit jedem seiner Köche hat er beispielsweise ein Projekt am Laufen, «etwas, was wir gemeinsam entwickeln oder erreichen wollen», sagt Koolen dazu. Der Küchenchef selbst hat gelernt, den «kreativen Sturm im Kopf», besser zu ordnen. «Wenn ich mit etwas nicht weiterkomme, gehe ich mal zwei Stunden Kräuter zupfen, und wenn die Idee dann in der Nacht kommt, ist es auch okay», sagt er. Auf dem Laufband im Gym könne er Stress «wegrennen». Dass ich heute gesünder lebe und mehr Sport mache als noch vor einigen Jahren, hilft meiner Kreativität.
Made by Marcel: Hamachi mit Codium-Algen und Rettich.
Zeichnungen überall: Auch Marcel Koolens Arm ist Ausdruck von Kreativität.
Keine Langeweile. Dem Gast profitiert von diesem Wandel ganz direkt: Wenn Marcel Koolen aus der Schwanzflosse einer Königsmakrele, die auf Salz in der Nähe des Ventilators im Kühlhaus getrocknet wurde, jetzt einen Snack anrichtet, ist jedenfalls ziemlich einzigartig. «Ich fand es immer so schade, dass wir diese wunderschönen Hamachi-Schwanzflossen wegwerfen mussten», sagt Koolen. Jetzt balanciert eine Hippe aus Codium-Algen, gefüllt mit einem Tatar aus dem Bereich der Schwanzflosse des Fisches auf dem selbstgebauten Fisch-Ständer. Das Schlagwort «Nose to Tail» hat Marcel Koolen für dieses Gericht ziemlich wörtlich umgesetzt. Solche Dinge bastle er gern in seiner Freizeit, sagt er. «Der visuelle Aspekt des Essens ist für mich sehr wichtig. Wenn etwas auf den Tisch kommt, soll das die Aufmerksamkeit der Gäste wecken, damit sie sich nicht gelangweilt zurücklehnen», so Koolen.
Präzise und planvoll: Marcel Koolen bei der konzentrierten Arbeit in der Küche.
Der Geschmack entscheidet. Eine kreative Spitzenleistung ist auch die Kombination aus Iberico-Papada – ein spezieller Cut, der von der Backe bis zum Kinn des Schweins reicht. Koolen serviert eine Art «Surf ‘n’ Turf» davon: Zum grillierten Fleisch gibt es eine Sauce aus Kohl mit Kimchi-Saft und Liebstöckel-Öl, dazu kommen Stücke von Gillardeau-Austern, die mit langsam eingekochten Schalotten und Champagneressig mariniert wurden und wie ein Würzelement über die anderen Komponenten gegeben werden. Die Kombination von Fleisch und Meeresfrüchten möge er sehr gern, sagt der Küchenchef. «Und es darf auch mal etwas Schärfe oder Säure haben». Bei alledem sei aber der Geschmack entscheidend: «Das Wichtigste ist, dass ein Gericht gut schmeckt», fasst Marcel Koolen zusammen, worum es bei seinen vielen Ideen am Ende geht.