Fotos: Olivia Pulver

Das Ziel ist klar definiert: «Wir wollen Gonten auf die Weltkarte setzen!» Das sagt Tim Weber, General Manager im Appenzeller Huus. Im 1500-Seelendorf passiert gerade viel: Neben dem «Huus Bären» (3-Sterne Superior) und dem «Huus Löwen» (4 Sterne Superior) entstehen das «Huus Quell», ein 5-Sternehotel der Extraklasse sowie vier weitere Bauten mit Wohnungen und Suiten. Noch wird gehämmert, verputzt und dekoriert. Doch das Team arbeitet auf Hochtouren, um im Oktober 2025 das neue «Huus Quell» sowie das Restaurant Quell zu eröffnen. Der Mann für das Foodkonzept? Carsten Kypke! Der gebürtige Deutsche ist seit letztem Herbst Executive Chef im «Appenzeller Huus». Das bedeutet, er ist für alle Restaurants zuständig, hat aber überall seine Souschefs, auf die er sich verlassen kann. «Aktuell bin ich vor allem Frühstückskoch», sagt Kypke und lacht. Grosses Bild oben: Carsten Kypke (links) und sein Souschef Philipp Schmidt.

Tavolata: Vitello Tonnato, Kalbsbackenragout mit Papardelle, Burrata mit Tomatensalsa und grünem Spragel, Appenzeller Rindstartar mit gebeiztem Eigelb, Nüsslisalat mit Speck und Ei - Appenzeller Huus - Gonten - Carsten Kypke, Executive Chef - Mai 2025 - Copyright Olivia Pulver

Viele kleine Teller: Im neuen Restaurant Quell ist ein Sharing-Konzept geplant.

Appenzeller Huus - Gonten - Carsten Kypke, Executive Chef - Mai 2025 - Copyright Olivia Pulver

Spargelzeit, auch im «Appenzeller Huus».

Drei Restaurants, drei Konzepte. Insgesamt wird es drei Restaurants und eine Bar geben. In der «Löwenstobe» wird es auch künftig eine währschafte Appenzeller Küche geben. Der «Bären» setzt weiterhin auf Fine Dining. Da stellt sich die Frage, was den Gästen im neusten, noch nicht eröffneten Restaurant serviert werden soll. «Wir wollen keine weitere Cordon-bleu-Beiz und wir brauchen auch kein japanisch-peruanisches Restaurant. Was wir brauchen, ist Abwechslung», sagt Weber. Deshalb hat man sich für ein Sharing-Konzept entschieden. «Wir haben eine grosse Karte mit vielen kleinen Gerichten geschrieben. Das wird sicherlich eine Herausforderung, aber so wird uns auch nie langweilig», sagt Kypke. Mit «gross» meint der Chef übrigens eine Karte mit rund hundert Gerichten.

Appenzeller Huus - Gonten - Carsten Kypke, Executive Chef - Mai 2025 - Copyright Olivia Pulver

Von Andermatt ins Appenzell: Carsten Kypke war zuletzt Executive Chef in «The Chedi».

Unkomplizierte Tavolata. Im Restaurant Quell soll es unkompliziert zu und her gehen. «Die Gäste sagen dem Service, wie gross ihr Hunger ist, und wir empfehlen eine entsprechende Anzahl Gerichte», so Kypke. Zur Wahl stehen Gerichte wie Vitello Tonnato, Kalbsbackenragout mit Pappardelle, Burrata mit Tomatensalsa und grünem Spargel. Alles wird auf kleinen Tellern, Schälchen oder in der Mini-Cocotte serviert. Auf der Karte stehen auch Schweizer Klassiker wie ein Appenzeller Rindstatar oder Gerichte mit asiatischem Touch wie Bao Buns und Schweinebauch, denn Kypke ist ein «Mann von Welt». Der gebürtige Berliner arbeitete schon in Dubai und der Karibik, war im Waldorf Astoria in Berlin und zuletzt in «The Chedi» in Andermatt angestellt. Genauso wie Tim Weber und viele andere aus dem neuen Appenzeller-Huus-Team. 

Fine Dining Restaurant - Appenzeller Huus - Gonten - Carsten Kypke, Executive Chef - Mai 2025 - Copyright Olivia Pulver

Die «Bärenstobe» ist und bleibt das Fine-Dining-Restaurant im «Appenzeller Huus».

Fine Dining: Rindsentrecôte mit grünem Spargel, Sellerie, Bündnerfleisch - Appenzeller Huus - Gonten - Carsten Kypke, Executive Chef - Mai 2025 - Copyright Olivia Pulver

Bärenstark: Rindsentrecôte mit grünem Spargel, Sellerie und Bündnerfleisch.

Mit «Botanicum» in die 50Best. Ein weiteres Highlight im neuen «Appenzeller Huus» dürfte die Bar «Botanicum» werden. Hier haben sich General Manager Weber und Executive Chef Kypke noch höhere Ziele gesetzt. «Wir wollen, dass unsere Bar zu den Top 50 der Welt gehört!», sagt Weber. Wie er das schaffen will? Mit Elmir Medunjanin. Auch der junge Barkeeper arbeitete zuletzt im «The Chedi» und holte für das Luxushotel im Jahr 2021 die Auszeichnung «Best Hotelbar». In der Bar «Botanicum» stehen lokale Kräuter im Zentrum. Die «Living Wall» ist eine komplette Wand, an der die Pflänzchen gedeihen. 

Fine Dining: Felchenfilet, Kräutergazpacho, Saiblingkaviar - Appenzeller Huus - Gonten - Carsten Kypke, Executive Chef - Mai 2025 - Copyright Olivia Pulver

Ambitionen in der «Bärenstobe»: Gebeizte und abgeflämmte Felchenfilets auf einer Kräutergazpacho.

Viele Kräuter, keine Zitrone. Medunjanin will auch gänzlich auf eine der wichtigsten Zutaten für Cocktails verzichten: Zitronensaft. Stattdessen extrahiert er aus Quitten einen Saft, der dem der Zitrone sehr ähnlich ist. Für seine Cocktailkreationen braucht er eine Menge Gerätschaften wie Rotationsverdampfer, pH-Meter oder Zentrifuge. «Die Cocktails werden aufwendig hergestellt, kommen aber ganz simpel daher», sagt Kypke. Zu den Drinks gibt es auch verschiedene Snacks. «Wir versuchen die Überreste der Cocktail-Produktion in den Gerichten zu verwerten, um Food Waste zu vermeiden.» 

Botanicum: Randenblüte mit Kastanienrosenwasser, Eisweinbalsamico, Bronzefenchel - Appenzeller Huus - Gonten - Carsten Kypke, Executive Chef - Mai 2025 - Copyright Olivia Pulver

In der Bar «Botanicum» soll es raffinierte Snacks geben: Randenblüte mit Eisweinbalsamico und Bronzefenchel. 

Appenzeller Huus - Gonten - Carsten Kypke, Executive Chef - Mai 2025 - Copyright Olivia Pulver

Executive Chef Carsten Kypke verantwortet in Gonten drei Restaurants und hat klare Ambitionen.

Auch mal ein Hummer. In der «Bärenstobe» gilt das Motto «same same, but different». «Der Bären soll weiterhin unser Gourmetrestaurant bleiben», sagt Kypke. Aber es gibt ein Aber: «Wir wollen nicht nur die regionale Schiene fahren, sondern auch mal eine Taube oder einen Hummer servieren.» Und Kypke hat Ambitionen, will mehr GaultMillau-Punkte», so der Chef. Erreichen will er das zum Beispiel mit gebeizten und abgeflämmten Felchenfilets auf einer Kräutergazpacho, Saiblingskaviar und fermentiertem Gemüse. Oder einem Appenzeller Dry-Aged-Rindsentrecôte mit grünem Spargel, Sellerie und Bündnerfleisch. 

Appenzeller Huus - Gonten - Carsten Kypke, Executive Chef und General Manager Tim-Martin Weber - Mai 2025 - Copyright Olivia Pulver

Verstehen sich blendend und frotzeln sich auch gerne mal: Carsten Kypke und General Manager Tim Weber.

Stammgäste nicht vernachlässigen. In der «Löwenstobe» soll das Konzept weiterhin eine regionale Küche sein. Hier hats Platz für hausgemachte Chässpätzli, ein Cordon-bleu oder Appenzeller Knödel mit Pantli (Rohwurstspezialität). «Wir möchten traditionelle Gerichte anbieten, die wir einfach ein bisschen anders interpretieren.» Wichtig bei dem Mega-Projekt «Appenzeller Huus» (grösster Weinkeller der Schweiz, ganzheitliches Wellnesskonzept) ist, dass man die Einfachheit und die einheimischen Gäste nicht aus den Augen verliert. «Wir wollen, dass sich unsere Stammgäste aus der Region weiterhin wohlfühlen. Wir wollen auch den Preis für das Bier in der Taverne nicht erhöhen – ich will den Dorfbewohnern ihre Stange nicht wegnehmen», sagt Weber. «Gleichzeitig haben wir in allen Restaurants sehr hohe Ansprüche. Wer in der Löwenstobe einen gemischten Salat bestellt, der bekommt ihn eben in der Qualität eines 5-Sterne-Hauses.»