Text: David Schnapp Fotos: Nico Schaerer

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Die Magie von Crissier. Was macht ein herausragendes Restaurant aus? Eine schöne Antwort: Es hat eine Magie, der man sich nicht entziehen kann. Das Restaurant «Hôtel de Ville» in Crissier ist so ein ein magischer Ort. Es ist und war Schauplatz grandioser kulinarischer Leistungen ebenso wie grosser Tragödien. Wenn man einen Blick in das schwergewichtige Gästebuch wirft, das neben dem Eingang aufliegt, taucht das Wort «magique» auf den Seiten immer wieder auf. Den Gästen hat das Menü, das zum Schweizer Rekordpreis von 390 Franken serviert wird, nicht bloss geschmeckt, es hat sie geradezu berührt.

 

GaultMillaus «Koch des Jahres»! Seit knapp zwei Jahren hat das Haus einen neuen Küchenchef, sein Name steht auf der schmucken Metallplatte, die an der Fassade des ehemaligen Rathauses in den strahlenden Mittagshimmel ragt: Franck Giovannini steht da, seit zwanzig Jahren Mitglied der «Equipe de cuisine» und seit dem plötzlichen Tod seines guten Freundes und Vorgesetzten Benoît Violier deren Chef. Er ist seit Anfang 2016 dafür verantwortlich, dass die kulinarische Spitzenposition gehalten wird. Für Giovannini war es selbstverständlich, dass er diese Aufgabe übernehmen würde. «Benoît und ich haben in der Küche fast alles zusammen gemacht, wir waren wie ein altes Ehepaar», sagt der 43-jährige Jurassier. «Natürlich gibt es Druck, aber daran haben wir uns hier nun wirklich gewöhnt», sagt er. Und ohne Druck sei es auch kaum möglich, täglich Höchstleistungen zu erbringen. Franck hält dem Druck stand. Der GaultMillau bewertet ihn mit der Höchstnote 19 und zeichnet ihn als «Koch des Jahres» noch ganz besonders aus.

Die grösste Küchenbrigade eines Schweizer Restaurants – mit Franck Giovannini an der Spitze.

Der natürliche Thronfolger. «La Patronne» Brigitte Violier und Franck Giovannini beschäftigen 58 Mitarbeiter: 24 Köche, 6 Bäcker (ausserhalb des Restaurants), 24 Servicekräfte, 2 Sekretariatsmitarbeiter und 2 Leute in der Wäscherei. Einmalig ist, dass vier verschiedene, miteinander nicht verwandten Küchenchefs das Restaurant auf Höchstniveau geführt haben: Frédy Girardet (1936), Philipp Rochat (1953–2015), Benoît Violier (1971–2016) und nun Franck Giovannini (1974), der Koch des Jahres 2018. Giovannini aus Tramelan im Berner Jura, ist eine Art natürlicher Thronfolger als Küchenchef. Der Vater zweier Kinder im Alter von 12 und 14 Jahren kam 2007 beim renommierten Kochwettbewerb «Bocuse d’Or» ganz nach vorne und gewann Bronze. Er hat in Kanada und Amerika gekocht, aber den grössten Teil seines Karrierewegs in Crissier zurückgelegt.

 

Giovanninis Gemüseküche. Chef Franck legt fünfmal jährlich wechselnde Menüs auf, überrascht seine Stammgäste immer wieder: «Eine meiner Leidenschaften ist die Arbeit mit Gemüse, ausserdem möchte ich leichter und gesünder kochen, weniger Butter verwenden», macht der Küchenchef die Ansage für die Zukunft. Französische Küche mit wenig Butter klingt erstmal wie Spiegelei ohne Eigelb, aber Giovannini meint es ernst: «Man kann manche Saucen auch mit Gemüsepüree binden und Geschmack durch Reduktion erzeugen», sagt er. Er wolle, dass seine Gäste sich nach dem Essen wohlfühlen.

 

>> Restaurant de l’Hôtel de Ville
1023 Crissier
19 Punkte
+41 21 634 05 05
www.restaurantcrissier.com
Geschlossen: Sonntag, Montag