Fotos: Remy Steiner

Kühe im Kloster. Der Stempel sticht sofort ins Auge! «0-Kilometer-Menü» steht in in der «Mühle» gleich neben mehreren Gerichten auf der Speisekarte. Dafür greift das Restaurant auf dem Areal der Kartause Ittingen TG ausschliesslich auf Produkte zurück, die in der umliegenden Klosteranlage gewachsen sind – Emissionen wegen des Transports fallen so praktisch ganz weg. Wie wäre es etwa mit einer Roulade von der alten Ittinger Kuh gefüllt mit Zwiebelmousse? Dekoriert wird das Gericht mit Tannencreme und Knoblauch-Honig. Alles aus nächster Nähe. Die Kartause Ittingen ist Mitglied der Responsible Hotels of Switzerland. 

Ammoniak-Duft im Käsekeller. «Wir funktionieren fast wie ein kleines Dorf», sagt Pascal Gorissen, Küchenchef in der «Mühle». Und zeigt auf einem kleinen Spaziergang mit Freude, woher er seine Produkte hat: Mehr als 90 Prozent aller Milchprodukte – darunter Joghurt, Rahm und viele aussergewöhnliche Käse – kommen aus der eigenen Molkerei. Im Lagerkeller, wo der Ammoniakgeruch in der Nase kitzelt, fällt sofort der dunkelbraune Thurgauer Rebkäse auf, der regelmässig mit Weinhefe eingerieben wird. Und diese drei ganz alten Laibe? «Das ist unser zweijähriger Käse fürs Pesto. Er erinnert ein wenig an Parmesan und ist garantiert laktosefrei», so Käser David Jenni. 

17.04.2024, Kartause Ittingen mit Chef Pascal Gorissen (photo by Remy Steiner for Gault Millau)

Im Sommer werden Blüten und Kräuter aus dem Garten getrocknet, damit man im Winter damit Tees, Sirupe und Gelees machen kann.

17.04.2024, Kartause Ittingen mit Chef Pascal Gorissen, Gericht; Roulade von der alten Ittinger Kuh mit Zwiebelmousse, Zwiebel-Chutney, Tannencrème und Knoblauch-Honig (photo by Remy Steiner for Gault Millau)

Zero-Kilometer-Gericht: Roulade von der alten Ittinger Kuh mit Zwiebelmousse, Chutney, Tannencreme und Knoblauch-Honig.

17.04.2024, Kartause Ittingen mit Chef Pascal Gorissen (photo by Remy Steiner for Gault Millau)

Vom Garten auf den Teller: Küchenchef Pascal Gorissen dekoriert seine Gerichte gern mit Fenchelkraut. 

Blüten, Forellen und eigenes Geschirr. Die kleine Tour führt in den Kräutergarten, wo in einem alten Steinhaus grosse Kisten mit getrockneten Ringelblumen, Goldmelisse und Rosenblüten lagern. Sie kommen ins Glace, in den hauseigenen Eistee oder in Sirups und Gelees. Und gleich daneben plätschert der Teich. Hier werden jährlich gegen tausend Forellen gezüchtet, die grösstenteils geräuchert werden. Nicht zuletzt gibt es in den Klostermauern eine Töpferei, die sogar Teller fürs Speiselokal herstellt. 

17.04.2024, Kartause Ittingen mit Chef Pascal Gorissen (photo by Remy Steiner for Gault Millau)

Zusammenarbeit auf engstem Raum: Pascal Gorissen und Käser David Jenni (r.).

100 Hühner gerupft und ausgenommen. Eines der Herzstücke bei Gorissens Führung ist die Metzgerei gleich vis-à-vis des Restaurants, heute still und sauber. Doch noch vor Wochenfrist, erzählt der Küchenchef mit Stolz, hat er in den gekachelten Räumen zusammen mit den vier Lehrlingen des Betriebs rund hundert Hühner gerupft, ausgenommen, verarbeitet und schockgefroren. Auch Schweine, Kälber und Kühe, die zuvor die Milch lieferten, werden ganz angeliefert und vor Ort portioniert oder verwurstet. «Beliebt ist bei uns der Ittinger 0-Kilometer-Pulled Beef Burger! Mit hausgemachtem Brioche.» 

17.04.2024, Kartause Ittingen mit Chef Pascal Gorissen (photo by Remy Steiner for Gault Millau)

Wie ein kleines Dorf: Blick vom Forellenteich auf die Kartause Ittingen.

17.04.2024, Kartause Ittingen mit Chef Pascal Gorissen (photo by Remy Steiner for Gault Millau)

In den Gewächshäusern wachsen die Setzlinge für den nächsten Sommer.

Kochwein von der Hausmarke. Gleich über dem Restaurant ist die Bäckerei verortet. Der Ofen wird täglich mit Holz eingeheizt und darin hauseigenes Brot gebacken. Sogar das Getreide hierfür stammt aus der Kartause: «Wir verarbeiten jährlich fünf Tonnen Mehl», sagt Pascal Gorissen. Und weil auch Weinreben zum Klosterbesitz gehören, kann der Chef über mehr als 30 Mitarbeiter sogar auf einen 0-Kilometer-Kochwein zurückgreifen! Er wird eigens für die Mühlen-Küche gekeltert: «Beim Weisswein war es uns wichtig, dass die Säure nicht allzu deutlich hervortritt. Beim Rotwein aus Pinot Noir und Maréchal Foch achteten wir auf die dunkle Farbe, was man unseren Saucen auch ansieht.» 

17.04.2024, Kartause Ittingen mit Chef Pascal Gorissen (photo by Remy Steiner for Gault Millau)

Die Forellen, die in der Kartause Ittingen gezüchtet werden, kommen meist in den Räucherofen.

17.04.2024, Kartause Ittingen mit Chef Pascal Gorissen (photo by Remy Steiner for Gault Millau)

Der riesige Holzofen in der Bäckerei wird jeden Morgen neu eingeheizt.

17.04.2024, Kartause Ittingen mit Chef Pascal Gorissen (photo by Remy Steiner for Gault Millau)

Die klostereigenen Kühe liefern erst Milch, später Fleisch für das Restaurant.

Früher im Klostermenü: Fischotter. «Nose to tail» und «Farm to table» sind in einer Klosteranlage, die auf eine rund 900-jährige Geschichte zurückblickt und heute von einer Stiftung geführt wird, fast schon selbstverständlich. Schon die Kartäuser, die hier beteten und arbeiteten, waren Selbstversorger. Und weitestgehend Vegetarier: Sie assen nur Fisch, und gelegentlich Fischotter. «Den habe ich allerdings auch noch nie probiert», sagt Küchenchef Gorissen lachend. Wie steht es eigentlich mit Bio? Produkte mit Label kommen dann zum Zug, wenn es um die 5- oder 10-Kilometer-Menüs geht. Auch diese Zubereitungen aus der nächsten Region sind ein attraktiver Teil des «Mühle»-Angebots: «Wir sind stets bemüht, nach bester Qualität zu suchen. Und da ist es fast logisch, dass wir oft bei zertifizierten Produzenten landen.» Tatsächlich naheliegend! 

>> www.kartause.ch

>> Das Label «Bio Cuisine» zeigt den Gästen, wie viel Nachhaltigkeit sie auf dem Teller erwartet. «Bio Cuisine» ist dreistufig aufgebaut und zeichnet den Anteil an Bio- sowie Knospe-Produkten im Betrieb aus. Basis ist der Einkaufswert der Lebensmittel und Getränke. GaultMillau Schweiz unterstützt diese «Bio-Cuisine»-Initiative. www.bio-cuisine.ch