Fotos: Salvatore Vinci

Souvenir aus den Ferien. Wie schmeckt Fisch am besten? Möglichst frisch? Die Antwort, die derzeit im «Hönggerhof» in Zürich hierauf gegeben wird, ist verblüffend: Das beste Resultat erzielt man, wenn man den Fisch in einen Reifeschrank hängt und mehrere Tage einfach abwartet! «Ich habe diese Methode vor drei Jahren während der Sommerferien in meiner Heimat Sizilien kennengelernt», sagt Gastgeber Pietro Prestito, «und unserem Küchenchef Andrea Mocci davon erzählt.» Der Mann am Herd des 15-Punkte-Restaurants stiess einige Monate später auf Sardinien, seiner Heimat, ebenfalls auf dieselbe Technik. Und verschlang danach alles, was er übers Dry Aging von Fisch erfahren konnte. Unter anderem habe er drei Bücher von Josh Niland gelesen – besagter Australier gilt als Koryphäe, was die aussergewöhnliche Technik angeht. Seit einigen Wochen nun wird im «Hönggerhof» solch trocken gereifter Fisch angeboten. Grosses Bild oben: Pietro Prestito & Andrea Mocci (v.l.).

Dry Aged Fish im Hönggerhof Fotografiert am 30.10.2025 Küchenchef Andrea Mocci beim Zubereiten des Fisches bevor es in den 'Dry Kasten' geht.

Vor der Reifung des Fischs werden die Schuppen mit einem Messer entfernt.

Dry Aged Fish im Hönggerhof Fotografiert am 30.10.2025 Dry Kasten

Es können ganze Fische, aber auch grosse Tuna-Stücke gereift werden.

Dry Aged Fish im Hönggerhof Fotografiert am 30.10.2025 Gericht mit Petersfisch am Knochen

Fast wie Kalbfleisch: St. Pierre mit Granatapfel-Beurre-blanc.

Morgens am Markt, nachmittags geliefert. Damit das Dry Aging funktioniert, muss einiges beachtet werden: So darf der Fisch, sobald er aus dem Meer gezogen wird, keinesfalls mit Süsswasser in Kontakt kommen, weil ihn das kontaminieren würde. Er darf also weder gewaschen noch direkt auf Eis gelegt werden. Wichtig ist zudem, dass die Ware höchstens 24 Stunden später in Zürich ankommt: «Jeweils am Mittwochmorgen um 7 Uhr bekomme ich Fotos von den Märkten in Frankreich, Portugal oder Italien, was im Angebot ist», erzählt Mocci begeistert. «Eine halbe Stunde habe ich Zeit, um zu reagieren. Nachmittags werden die Fische schon geliefert.» Für die entsprechende Logistik sorgt, man ahnt es vielleicht, Bianchi Comestibles. 

Dry Aged Fish im Hönggerhof Fotografiert am 30.10.2025 Dry aged Fisch Tuna Sashimi Gericht (mit Olivenöl und Balsamico)

Intensiv: Tuna-Tataki mit Oliven-, Basilikumöl, Sojasauce und Piment. 

Unter 2 Grad, 80 Prozent Luftfeuchtigkeit. Auch die folgenden Schritte der Haltbarmachung sind wichtig: Die ganzen Fische müssen von Innereien und von sämtlichem Blut befreit werden. Wer Mocci zusieht, merkt, dass er da schon ziemlich viel Übung hat. Auch die Schuppen müssen weg. Das geschieht nicht durch Schaben mit dem Messerrücken, sondern mit genau gesetzten Schnitten, so dass nur eine letzte dünne Membran auf den Fischfilets bleibt. Der so präparierte Fisch, in unserem Falle Adlerfisch mit noch tiefroten Kiemen, kommt spätestens nach einer Stunde Bearbeitung in den Reifeschrank, in dem eine kontrollierte Temperatur von maximal zwei Grad Celsius herrscht. Die darin zirkulierende Luft hat eine kontrollierte Feuchtigkeit von circa 80 Prozent. Ganze Fische bleiben bis zu 20 Tage im Schrank; ein Stück Tuna (hier muss nicht der ganze Fisch verwendet werden) reift gegen 10 Tage. «Ein grosser Vorteil dieser aufwändigen Technik ist es», so Gastgeber Pietro Prestito, «dass sich das Fenster vergrössert, in dem der Fisch den höchsten Genuss bietet. Bei der Planung ist man so flexibler.» 

Dry Aged Fish im Hönggerhof Fotografiert am 30.10.2025 Küchenchef Andrea Mocci beim zubereiten vom Sashimi (tuna)

Andrea Mocci bereitet mit Detailliebe sein italienisch-japanisches Gericht zu.

Intensives Aroma, Umami-Noten. Zwei Fragen rücken für alle, die zum ersten Mal von Fisch-Dry-Aging hören, unweigerlich in den Fokus: Welche Gerichte bereitet man am Ende mit dem Fisch zu? Und wie gut schmecken sie? Eine erste Ahnung hiervon erhält man, wenn Andrea Mocci sein italienisch angehauchtes Sashimi serviert. Tuna wird roh tranchiert und mit Olivenöl, Sojasauce, Basilikumöl, Schnittlauch und Piment serviert. Das neun Tage lang gereifte Fischfleisch ist kräftig im Geschmack; auch wenn es sich «nur» ums Bauchstück namens «Akami» handelt, ist das Aroma fast so intensiv wie bei einem fettigeren «Chutoro» oder «Otoro». «Einer unserer Gäste meinte auch schon», so Prestito mit Stolz, «es sei besseres Sashimi, als er es je in Japan hatte.» Ebenso verblüffend: dünn tranchierter, weisser King Fish, der acht Tage lang gereift hat. Er wird mit Fingerlime-Ponzu aufgetischt. Hier fällt die etwas dichtere Konsistenz auf. Und ein angenehmes, fast nussiges Fischaroma, das perfekt mit der frischen Sauce harmoniert. 

Dry Aged Fish im Hönggerhof Fotografiert am 30.10.2025 Aussenaufnahmen

Der «Hönggerhof» zwischen Weinreben und der Limmat.

Dry Aged Fish im Hönggerhof Fotografiert am 30.10.2025 Sashimi (Kingfish)

Merklich dichtere Konsistenz: Kingfish mit Fingerlimeponzu.

Beinahe wie Kalbfleisch. Am verblüffendsten ist zu guter Letzt der gebratene St. Pierre, den Küchenchef Andrea Mocci mit Granatapfel-Beurre-Blanc und Bimi-Broccoli serviert. Der Fisch hat eine fast fleischige, kompakte Konsistenz und ist geschmacklich fast so neutral wie Kalbfleisch. Eine geniale Leinwand für einen Küchenchef! «Vielleicht haben wir ja Fisch bisher immer falsch zubereitet?», formuliert es Pietro Prestito mutig. Und die Jahrhunderte alte Geschichte des Kochens hat es ja schon oft gezeigt: Es lohnt sich immer wieder, die üblichen Pfade auch mal zu verlassen. 

 

Anne-Sophie Pic & Eric Vildgaard. Der «Hönggerhof» liegt mit seinen trocken gereiften Fischen im Trend. Kopenhagens wilder Dreisterne-Koch Eric Vildgaard serviert seinen dry-aged Turbot mit Kaviar und Vin jaune. Ikone Anne-Sophie Pic stellt in ihrem Restaurant in Lausanne selbst Felchen aus dem Lac Leman in den Reifeschrank, serviert sie dann mit Kohlrabi, Tintenfisch-Streifen und Tannensprossen.

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