Text: Isabel Notari | Fotos: Lucia Hunziker

Ueli Kellenberger, Milken waren in den 1980er-Jahren total chic. Dann sind sie von den Speisekarten verschwunden. Warum?

Das Problem war der Rinderwahnsinn (BSE), der dazu führte, dass die Verarbeitung von Innereien sogar verboten wurde. Nur eine kurze Zeit zwar, aber bei den Gästen – und auch Köchen – war das nachhaltig, und die Milken gerieten aus der Mode.

 

Sie waren weg vom Teller. Jetzt sind Milken aber wieder da!

Zum Glück! Es gibt absolut keinen Grund, diese Delikatesse zu verschmähen. Und der Gesundheit schaden sie auch nicht, ausser man hat Gicht. Aber dann sollte man Innereien ja generell meiden. Milken sind ein tolles Produkt. Wir haben sie immer wieder mal auf der Karte.

 

Was sind Milken genau?

Das ist eine Wachstumsdrüse bei Säugetieren. Geniessbar ist aber nur die Milke – auch Bries genannt – von jungen Tieren. Wird das Tier älter, verkümmert sie und wird ungeniessbar.

 

Wo kann man Milken kaufen?

Beim Metzger des Vertrauens, am besten auf Bestellung. Bei den Grossverteilern habe ich sie noch nie gesehen. Milken sollten ganz frisch verarbeitet werden, weil sie wie alle Innereien nicht lange haltbar sind.

 

Was heisst nicht lange? Eine Woche?

Eine Woche geht knapp. Aber eben: je frischer, desto besser.

 

Sie haben es gut. Ihr Bruder betreibt im selben Haus, in dem sich Ihr Restaurant Rössli befindet, eine Metzgerei.

Ja, nicht wahr, das ist praktisch! (lacht)

Hotel und Restaurant Rössli Bad Ragaz, Gastgeber Doris und Ueli Kellenberger, 18.06.2020. Foto Lucia Hunziker Restaurant Roessli und Metzgerei Kellenberger in Bad Ragaz © Lucia Hunziker

Das Hotel und Restaurant Rössli von Ueli Kellenberger in Bad Ragaz.

Edi Kellenbergers Metzgerei Kellenberger Freihofweg 1 7310 Bad Ragaz, in direkter Nachbarschaft vom Hotel und Restaurant Rössli Bad Ragaz, Gastgeber Doris und Ueli Kellenberger, 18.06.2020. Foto Lucia Hunziker Restaurant Roessli und Metzgerei Kellenberger in Bad Ragaz © Lucia Hunziker

Gleich nebenan: Die Metzgerei Kellenberger, geführt von Uelis Bruder Edi.

Welche Milke ist die beste?

Die Herzmilke vom Kalb. Das ist, wie der Name sagt, das Herz der Milke, das Kernstück, der schönste Teil der ganzen Milke. Am besten bestellt man beim Metzger gleich die Herzmilke, dann kriegt man dieses Stück ohne die «Ärmchen» drumherum, die man vor allem für eine Pastete oder ein Ragout gebrauchen kann. Will man die Milke aber braten und tranchieren, gibts nichts Besseres als die Herzmilke.

 

Wie bereitet man Milken zu?

Die Milke muss erst mal gewässert werden. Etwa eine halbe Stunde lang. Dann pochiere ich sie, lasse sie etwa zehn Minuten lang ziehen und im Fond auch abkühlen. Das macht sie übrigens auch haltbarer. Nach dem Pochieren – es gibt Köche, die das davor machen – müssen die Milken von Sehnen und Häutchen befreit werden. Das ist etwas aufwendig.

 

Sind Milken eher eine Vorspeise oder ein Hauptgang?

In der klassischen französischen Küche sind Milken oft ein Hauptgang. Ich finde sie als Vorspeise ideal. Denn zu viel mag der Gast davon nicht essen. Was ich hingegen gerne mache, ist, die Milken im Hauptgang zu einem Kalbsfilet und Kalbsburger kombinieren. Was auch top ist: Milkentranchen melieren, durchs Ei ziehen und in Panko panieren – das ergibt eine super Kruste, und man kann es dann wie ein Schnitzel servieren.

 

Was kann man mit Milken nicht machen?

Roh essen! Das funktioniert nicht.

 

>> Ueli Kellenberger, 53, kocht im «Rössli» in Bad Ragaz SG für 16 GaultMillau-Punkte. Kalbs-, aber auch Lammmilken hat er immer wieder auf der Karte.