Interview: Kathia Baltisberger Fotos: Olivia Pulver

Die Chefs haben Glück gehabt. Das Ende des Lockdowns erfolgte noch im Frühling. Auf welches Frühlingsprodukt haben Sie sich am meisten gefreut? 
Eigentlich auf nichts Spezielles, weil ich einfach zu Hause mit den tollen Frühlingsprodukten gekocht habe. Ich war sogar im Wald und habe Bärlauch gesammelt, das habe ich privat noch nie gemacht. Jetzt im Sommer freue ich mich auf Aprikosen und Kirschen. Die kann man nicht nur im Dessert brauchen, eine fruchtige Komponente passt auch gut zu Fisch- und Fleischgerichten.

 

Regionale Produkte liegen voll im Trend. Aber sind die automatisch auch gut?
Es ist eine schöne Entwicklung, dass die Konsumenten vermehrt auf regionale Produkte schauen. Gerade im Moment ist das wichtiger denn je. Aber die regionalsten Erdbeeren nützen mir nichts, wenn sie nicht reif sind, das Fleisch nicht genug gereift wurde oder der Fisch nicht mehr frisch ist. Und Regionalität ist auch eine Definitionsfrage: Sind Walliser Aprikosen in Zürich regional? Für mich schon, denn die Schweiz ist ja ziemlich klein, die Transportwege sind kurz. 

Globus Chef Eric Glauser

Für das Gericht nimmt Glauser vom Grillieren übrig gebliebene Süsskartoffeln.

Globus Chef Eric Glauser

Das einfache Reste-Essen wird mit ein bisschen Feinschliff zu einem Gericht für die Globus-Karte.

In den vergangenen Wochen waren viele Produkte z.B. aus dem Meer gar nicht erhältlich. Man musste etwas mehr auf regionale Produkte fokussieren. Eine positive Entwicklung? 
Ich hoffe, sie hält an. Mich begeistern Schweizer Produzenten wie Swiss Shrimp, Swiss Lachs und Fische aus Rubigen oder Raron. Auch ein Meerfisch ist etwas Tolles, aber solche Produkte sollten wir nicht für selbstverständlich erachten, sondern respektvoll damit umgehen. «Nose to tail» ist eine ebenso wichtige Entwicklung, die auch bei der Globus-Kundschaft gut ankommt. Wir verkaufen immer mehr Second Cuts. 

 

Corona hat alle Köche gezwungen, zu Hause zu kochen. Wie war das bei Ihnen? 
Wenn ich normal arbeite, habe ich oft nicht so Lust, zu Hause auch noch in der Küche zu stehen. Aber in den letzten Wochen hatte ich viel Zeit zum Kochen und Backen. Ich habe mich in der Küche kreativ ausgelebt, Ideen umgesetzt und neue Rezepte kreiert. Aber neulich habe ich mir tatsächlich auch eine Pizza bestellt. 

Globus Chef Eric Glauser

Ein bisschen Limettenzeste gibt dem Gericht die nötige Frische.

Globus Chef Eric Glauser

«Tour de Frigo»: Süsskartoffeln mit Gemüse, Swiss Alpine Lachs und Frühlingszwiebeln.

Hat sich ein Gericht zu Ihrem Lieblings-Quarantäne-Gericht entwickelt? 
Nach einem Grillabend wusste ich nicht, was kochen. Als ich im Kühlschrank noch grillierte Süsskartoffeln vom Vortag, Sauerrahm und geräucherten Fisch gefunden habe, ist daraus spontan ein Gericht entstanden, das in seiner Einfachheit und im Geschmack überzeugt. Davon war ich so begeistert, dass es seinen Platz auf der Speisekarte im Globus-Restaurant im 5. Stock gefunden hat. Ich nenne das Gericht «Tour de Frigo», weil es eigentlich nur aus Resten besteht.

 

Viele sind ja jetzt zu tollen Hobbyköchen mutiert. Hast du noch einen Tipp aus der Profiküche, der auch zu Hause einen Mehrwert bietet? 
Kaufen Sie immer die beste Qualität und achten Sie auf die Saison. Gehen Sie respektvoll mit den Produkten um und organisieren Sie sich: grosse Mengen kochen und dann mehrere Tage in abgewandelter Form davon essen oder einfrieren. Und seien Sie kreativ: Kochen Sie mit dem, was da ist, denn so entstehen meistens die besten Gerichte. Das spart Zeit, Geld und provoziert keinen Food Waste. 
 

 

>> Eric Glauser ist Küchenchef im Globus an der Zürcher Bahnhofstrasse.