Fotos: Remy Steiner

«Jahrelang gepflegte Freundschaften.» Rund 150 Drei-Sterne-Restaurants existieren weltweit. Trotzdem haben Galadinners, bei denen man bei gleich drei so hoch dekorierten Chefs essen kann, ziemlichen Seltenheitswert. Im «Kempinski» St. Moritz bot sich jüngst die Gelegenheit, Heinz Beck, Richard Ekkebus und Norbert Niederkofler (grosses Bild oben, v.l.) zusammen zu erleben. Sie setzten den Schlusspunkt unter das diesjährige «Longevity Forum St. Moritz», das sich all den Facetten eines langen und zugleich gesunden Lebens widmet. Hosts des Abends waren Wellness-Expertin Christina Michael und St. Moritz’ Kochlegende Reto Mathis. War das nicht kompliziert und teuer, die drei Starchefs zu engagieren? «Jahrelang gepflegte Freundschaften und die Aussicht auf ein paar Tage im wunderschönen St. Moritz halfen natürlich», so Mathis. «Hätten wir das übliche Honorar zahlen müssen, hätte das wohl den Rahmen gesprengt.» 

20.09.2025, St. Moritz GR, Grand Hotel Des Bains Kempinski St. Moritz, Six-Hand Longevity Gala Dinner, Heinz Beck (photo by Remy Steiner for Gault Millau)

«Pasta kann auch gesund sein, wenn sie wirklich gut ist» sagt Drei-Sterne-Chef Heinz Beck.

20.09.2025, St. Moritz GR, Grand Hotel Des Bains Kempinski St. Moritz, Six-Hand Longevity Gala Dinner, Gericht; Marinated Yellowtail, Tomatoes, Lovage, Onion Chutney by Chef Heinz Beck - La Pergola, Rome (photo by Remy Steiner for Gault Millau)

Unter Granatapfel-Schnee: Marinierter Yellowtail-Tuna mit Tomaten, Liebstöckel & Zwiebelchutney.

Beck: «Vollkorn-Pasta ist besser als ihr Ruf.» Den Anfang machte Heinz Beck mit einem Carpaccio vom marinierten Yellowtail-Tuna, der dank aromatischer Tomaten eine raffinierte säuerliche Note bekam. Ebenfalls auf dem Teller, der optisch ein wenig an ein Camouflage-Muster erinnerte, war ein mundfüllendes, cremiges Zwiebelchutney, Liebstöckel-Öl und Granatapfel-Schnee. Leichte Küche also, die durchaus als gesund durchgeht. Kann denn auch Pasta gesund sein, Heinz Beck? «Nur, wenn sie wirklich gut ist», meinte der Küchenchef des Römer Restaurants La Pergola. Und er riet dazu, bei der Sauce auf hochwertige Zutaten zu achten. Und Vollkorn-Teigwaren zu verwenden, «die sind besser als ihr Ruf.» 

20.09.2025, St. Moritz GR, Grand Hotel Des Bains Kempinski St. Moritz, Six-Hand Longevity Gala Dinner, Gericht; Toothfish Kombu-Jime, Mentaiko, Champagne, Lacto-Fermented Nutt Butter, Togarashi, Menegi, Sudachi by Chef Richard Ekkebus - mandarin Oriental, Hong Kong (photo by Remy Steiner for Gault Millau)

Mosaik vom auf den Punkt gegarten Schwarzer Seehecht mit dehydrierten Algen & «Beurre blanc».

20.09.2025, St. Moritz GR, Grand Hotel Des Bains Kempinski St. Moritz, Six-Hand Longevity Gala Dinner, Richard Ekkebus (photo by Remy Steiner for Gault Millau)

Ein Trail-Runner, der dem Schweizer Käse nicht widerstehen kann: Drei-Sterne-Chef Richard Ekkebus.

Ekkebus’ «Beurre Blanc» – ohne Butter. Für den Fischgang zeichnete Richard Ekkebus verantwortlich. In der Küche fiel der gebürtige Holländer wegen seiner beachtlichen Grösse auf. Zudem scheint er der Sportlichste unter den drei Drei-Sterne-Chefs zu sein: Als Trailläufer spult er mindestens 70 Kilometer wöchentlich ab und hatte am Morgen schon einige Höhenmeter hinter sich gebracht. «Trotzdem habe ich hier in der Schweiz an Gewicht zugelegt – wegen des wunderbaren Käses.» In seinem Restaurant «Amber» im Mandarin Oriental in Hongkong, muss man wissen, verzichtet er komplett auf Milchprodukte. Sein Beitrag zum Galadinner: ein Mosaik vom auf den Punkt gegarten schwarzen Seehecht, der mit dehydrierten Algenpulver «paniert» worden war. Angegossen wurde ein verführerische «Beurre blanc», die auf laktofermentierter Nussbutter und Champagner basierte und von den Gästen bis auf den letzten Tropfen weggelöffelt wurde. «Das sind jetzt wohl die ziemlich teuren Zutaten, die wir einkaufen mussten», kommentierte General Manager Konstantin Zeuke den gradlinigen, faszinierenden Gang von Ekkebus am Tisch. 

20.09.2025, St. Moritz GR, Grand Hotel Des Bains Kempinski St. Moritz, Six-Hand Longevity Gala Dinner, Norbert Niederkofler (photo by Remy Steiner for Gault Millau)

Pionier der kulinarischen Regionalität in den Alpen: Drei-Sterne-Chef Norbert Niederkofler.

20.09.2025, St. Moritz GR, Grand Hotel Des Bains Kempinski St. Moritz, Six-Hand Longevity Gala Dinner, gericht; Alpine Grey Cattle Tenderloin, Fermented Blueberry Compote, Koji-Mustard Sauce by Chef Norbert Niederkofler - Atelier Moessmer, Bruneck (photo by Remy Steiner for Gault Millau)

Südtiroler Grauvieh mit Koji-Senfsauce, fermentierten Blaubeeren & frisch gesammeltem Kräutersalat.

Niederkofler: Respekt statt Nachhaltigkeit. Alle seine Zutaten selber mitgebracht, hatte Norbert Niederkofler vom Atelier Moessmer im Südtirol. Der Visionär in Sachen Alpenküche kochte ebenfalls fast kohlehydratfrei und brillierte mit einem butterzarten Filet vom Grauvieh aus dem Südtirol, das mit fermentierten Blaubeeren vom Vorjahr und einer Gersten-Koji-Senfsauce verfeinert worden war. Und der Kräutersalat obendrauf? «Alles, was wir bei einem Spaziergang in der Südtiroler Natur noch gefunden haben», so Niederkofler. Fragte man ihn nach seinen Ansichten bezüglich gesunder Küche, holte er ziemlich aus: «Wir verwenden ja das Wort Nachhaltigkeit gar nicht, wir sprechen lieber von Respekt.» Der Respekt gegenüber der Natur, der Landschaft, den verwendeten Tieren, den Produzenten führe eigentlich fast von selbst zu einer Küche, die auch bekömmlich sei. So der Verfasser von «Cook The Mountain», das schon vor dem weltweiten Hype ums «Noma» eine radikal regionale Küche proklamierte. 

Mitternachts-Dinner in der Küche. Den Schlusspunkt setzte Hausküchenchef Jonas Starkowski mit einer farbenfrohen Kreation aus Kräutersorbet, Honig, Hibiskus-Gel und Grapefruitfilets. Danach kehrte langsam Ruhe in die Räumlichkeiten des «Billionaire» ein, das für diesen Abend feierlich eingedeckt worden war. Bloss in der Küche ging es da erst richtig los: «Jonas hat uns gestern ein paar ganz schöne Weine aus dem Keller geholt, jetzt möchten wir uns mit einem mitternächtlichen Essen bedanken», sagte Heinz Beck. Tatsächlich sassen nun sämtliche Küchenchefs mit ihren Teams bei (köstlichen) Spaghetti Amitriciana von Heinz Beck, süsssaures Poulet mit gebratenem Reis von Richard Ekkebus und später einem Kaiserschmarrn von Norbert Niederkofler an einem weiss gedeckten Tisch in der Küche. Es wird halt stets feierlich, wenn so viel Küchenkompetenz für einen Abend zusammenkommt.

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