Im Herbst steht im «Magdalena» eine Zäsur an. Sie müssen Ihren Pâtissier Jonathan Pichler ersetzen. Ist die Nachfolge schon geregelt?

Wir haben mit Florence Riva eine junge, sehr talentierte Pâtissière engagiert. Sie hat ihre Lehre im «Trois Rois» in Basel absolviert und war danach unter anderem zwei Jahre für die Desserts bei Pascal Steffen im «Roots» verantwortlich. Florence legt im September los und arbeitet auf ihrem Posten mit Mario Siegrist zusammen, der an Jonathans Seite einen super Job gemacht hat. Um die beiden zu unterstützen, werde auch ich mich wieder mehr einbringen im Pâtisserie-Bereich. Das ist eine Disziplin, die mir Freude bereitet. Und jetzt kommt ja dann die Zwetschgensaison – ein Highlight für mich.

Viele Restaurants haben Mühe, gut ausgebildete Leute zu finden. Bei Ihnen stehen sie Schlange. Was ist Ihr Geheimnis?

Als vegetarisches Restaurant sind wir ein Exot in der 18-Punkte-Liga. Wer sich auf diesem Gebiet weiterentwickeln und etwas über Gemüse lernen möchte, klopft zuerst bei uns an. Auch Praktikantinnen und Praktikanten interessieren sich für eine Stage im «Magdalena». Wir haben Bewerbungen aus ganz Europa.

Dominik Hartmann, 2025

18 Punkte, zwei Sterne: Dominik Hartmann, hier an der GaultMillau Garden Party, zählt zu den gefragtesten Chefs in der Schweiz.

Dominik Hartmann, 2025

Tomate trifft Zederkerne, Himbeeren und Stangensellerie: Die erfrischende «Magdalena»-Kreation an der Garden Party.

Denken Sie auch schon ans Herbstmenü?

So langsam werden die Überlegungen konkreter, ja. Auf die Kürbisse freue ich mich besonders. Da bieten sich Spielereien mit Sanddorn und gerösteten Kürbiskernen oder Kürbiskernöl an. Noch setzen wir aber auf die Stars des Sommers. Solange zum Beispiel die Tomaten so gut sind, wollen wir sie auch servieren!

An der GaultMillau Garden Party gab es an ihrem Stand Tomaten mit gerösteten Zedernkernen, Stangensellerie-Perlen und Himbeeren.

Ich finde, dass diese drei Produkte wunderbar zu Tomaten passen. Etwas Nussiges, etwas Würzig-Frisches und etwas Säuerlich-Fruchtiges. Vielleicht gibt es diesen Sommer bei uns im «Magdalena» auch noch ein ganz puristisches Tomatengericht: verschiedene Sorten und Zubereitungsarten, dazu eine Tomatenessenz.

Gericht: confierte Nostranogurke mit Galgant, Lauch und Kalamansi.

Am liebsten mit komplexen Zitrusfrüchten: Nostranogurke mit Galgant, Lauch und Kalamansi, eine grossartige «Magdalena»-Kreation.

Kartoffel mit Wow-Effekt: Als Begleitung gibt es Kabissalat, Röstzwiebeln, Schnittlauch und Parmesan-Beurre-Blanc.

Kartoffel mit Wow-Effekt: Als Begleitung gibt es Kabissalat, Röstzwiebeln, Schnittlauch und Parmesan-Beurre-Blanc.

Welche sommerlichen Lieblinge haben Sie noch neben der Tomate?

Gurken mag ich sehr. Besonders in Kombination mit komplexeren Zitrusfrüchten wie Kalamansi, aber auch mit Sesam. Letztere Kombination ist ja in Asien sehr populär. Fenchel passt ebenfalls gut in den Sommer. Mit unserem Fenchel-Gericht therapieren wir erfolgreich Fenchel-Traumata aus der Kindheit. Es besteht aus geschmortem, glaciertem Fenchel, einer mit Seidentofu und Butter aufmontierten Haselnusscreme, Fenchelvinaigrette, gepickeltem Fenchel, einer Beurre Blanc mit Yuzu-Kosho sowie einem Fenchelsamen-Haselnuss-Crumble. So tritt der penetrante, anisartige Geschmack in den Hintergrund.

Auch Broccoli steht auf dem aktuellen Menü.

Ich habe mich zum ersten Mal an dieses Gemüse gewagt. Wir confieren den Broccoli zunächst 24 Stunden lang bei 85 Grad in Öl. Dann portionieren wir ihn und überziehen ihn mit einem Lack auf Basis von fermentiertem Knoblauch und einreduziertem, schön säuerlichem Apfelsaft. Dazu reichen wir einen Broccolisalat, grillierten Baby-Broccoli, fein geschnittene rohe Broccoliblätter mit Kräutern, eine Creme aus schwarzem Knoblauch und einen Jus mit eingelegten Preiselbeeren.

Butterberg zum Magdi-Brot.

Der «Butterberg» ist für Dominik Hartmann ein Teil der «Magdalena»-DNA.

Jonathan Pichler

Pâtissier und Souschef Jonathan Pichler verlässt das «Magdalena» im Herbst.

Magdalena

Blick ins «Magdalena», die Bühne für die beste vegetarische Küche im Land.

Daniel Humms Entscheid, im «Eleven Madison Park» wieder Fleisch zu servieren, hat hohe Wellen geschlagen. Manche werfen ihm Heuchlerei vor.

Dieser Vorwurf ist fehl am Platz. Er ist ja nicht komplett umgeschwenkt, sondern bietet nur bei einigen Gängen eine Option mit Fleisch, Fisch oder Meeresfrüchten an. Wer möchte, kann weiter komplett vegan essen. Humm ist in diesem Bereich noch immer ein Vorreiter. Aber ich gebe zu: Sein Entscheid hat mich überrascht. Damit habe ich wirklich nicht gerechnet.

Was halten Sie von seiner Begründung, er wolle niemanden ausschliessen? Auch Gäste, die unbedingt Fleisch wollen, nicht...

Die Begründung finde ich merkwürdig. Wenn man kein Fleisch anbietet, schliesst man doch niemanden aus. Ich sage ja auch nicht, ein italienisches Lokal schliesse mich aus, wenn ich lieber japanisch esse. Wenn er gesagt hätte, dass es aus wirtschaftlichen Gründen einfach nicht mehr weitergehe wie bisher, hätte ich das besser nachvollziehen können. 

Wäre es für Sie denkbar, aus dem «Magdalena» ein veganes Restaurant zu machen?

Für den Moment ganz sicher nicht. Dafür liebe ich die Produkte, auf die wir dann verzichten müssten, viel zu sehr. Butter und Käse aus der Region sind Teil unserer kulinarischen DNA. Sie zeigen, wo sich unser Restaurant befindet, in welcher Tradition unsere Küche steht, auch wenn sie natürlich sehr modern ist.

Fotos: Digitale Massarbeit, David Biedert, Olivia Pulver

>> Dominik Hartmann (33) ist Küchenchef und Mitinhaber des 18-Punkte-Restaurants «Magdalena» in Rickenbach SZ. Schon kurz nach dessen Eröffnung im Corona-Jahr 2020 strich er Fleisch und Fisch aus dem Menü. 2021 verlieh der Guide Michelin dem «Magdalena» als erstem vegatarischem Restaurant zwei Sterne.