Text: David Schnapp Video: Thomas Buchwalder

Erst Literatur, dann Kochen. Lanshu Chen hat wie viele der ausschliesslich weiblichen Gastköchinnen am diesjährigen St. Moritz Gourmetfestival, das erstmals von Porsche gesponsert wird, eine bemerkenswerte Biografie. Chen ist Gast von Executive Chef Fabrizio Zanetti im Swiss Deluxe Hotel «Suvretta House». Ihren Weg in die Küche fand Chen nicht direkt. Erst nach einem Studium der Literatur und der Sprachen – unter anderem Französisch – beschloss die Taiwanesin, ihre Leidenschaft für das Kochen zum Beruf zu machen. Sie lernte in Paris an den Kochhochschulen Le Cordon Bleu und École Grégoire-Ferrandi oder bei Jean-François Piège, dem früheren Küchenchef von Alain Ducasse in den 3-Sterne-Restaurants «Plaza Athenée» oder «Louis XV».

St.Moritz Gourmet Safari Day1 2020: Lanchu Chen

Am St. Moritz Gourmetfestival 2020: Lanshu Chen mit «Suvretta»-Chef Fabrizio Zanetti.

Lektionen in der «French Laundry». Ihre Wanderjahre führten sie unter anderem in Thomas Kellers weltberühmte «French Laundry» im Napa Valley, wo sie wichtige Lektionen in Organisation und (Kosten-)Effizienz bekam, wie sie heute erzählt. 2008 eröffnete Chen in Taichung das Restaurant «Le Môut» (grosses Bild oben), das im Laufe der Jahre zur ersten Adresse für Haute Cuisine in Taiwan wurde. Unter anderem wurde Lanshu Chen 2014 zur besten Köchin Asiens gewählt.

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Jakobsmuschel, Jalapeno, Bittergurke. 2018 schloss sie ihr Restaurant dennoch. Der Hauptgrund sei der wachsende Druck gewesen, sich als Küchenchefin immer mehr selbst in den Mittelpunkt stellen zu müssen. «Ich bin lieber in der Küche mit meinem Team und kümmere mich um das Wohl der Gäste», sagt sie. In der Rolle als Selbstdarstellerin habe sie sich zunehmend unwohler gefühlt. So zurückhaltend die sympathische Spitzenköchin auftritt, so fein abgestimmt sind ihre Kompositionen. Das Tatar aus Jakobsmuscheln, das sie in der «Suvretta»-Grossküche zubereitet, wirkt durch die Süsse des Meeres, welche mit der Schärfe von Jalapenos und einer leichten bitter-säuerlichen Note von fermentierter wilder Bittergurke in Balance gehalten wird – ein fast schon poetisch-leises Gericht, das die Persönlichkeit Lanshu Chens wohl ziemlich gut widerspiegelt.

 

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