Raucharoma vom Whisky-Gel. Versteckt unter Schokoladenflocken, in einem Mantel aus Kakao-Crumble, verbirgt sich luftige Schokoladenmousse. Und ein Kern aus Quittenglace. Aber woher kommt die leicht rauchige Note, die sich da in diesem aussergewöhnlichen Dessert plötzlich offenbart? Von einigen Tropfen Lagavulin-Whisky-Gel. Der Gang passt mit seiner Raffinesse perfekt ins Menü von Gilad Peled («Colonnade», Mandarin Oriental Luzern,17 Punkte). Da könnte man beinahe vergessen, dass der Starchef hierfür weitestgehend auf seinen langjährigen Kompagnon setzt: Patissier Clément Laurent. Absolute Perfektionisten sind sie beide! Grosses Bild oben: Clément Laurent und sein Signature-Dessert mit Zedrat-Zitrone.

Mandarin Oriental Luzern: Clément Laurent, Costa Rica Chocolate

Detailreich: Typische Kreation von Clément Laurent mit Schokolade und Lagavulin-Whisky.

Keine Zeit für Instagram. Gut fünf Minuten dauert es, bis Clément Laurent die einzelnen Komponenten des beschriebenen Desserts zusammengefügt hat. Mit der Pinzette gibt er zuletzt noch einige Sauerkleeblätter aufs Kunstwerk. Ein Insta-taugliches Dessert? Ist das vielleicht sein Ziel? «Ich selber habe wenig Zeit, um mich in den sozialen Medien zu präsentieren», sagt der 35-jährige Franzose. «Es freut mich aber, wenn Gäste Fotos meiner Kreationen teilen.» Unsauber angerichtete Süssspeisen, gibt er unumwunden zu, sind ihm ein Graus: «Ein Dessert muss Herzblut und Liebe drinhaben.» Und schliesslich esse man zuerst mit den Augen! 

Fokus aufs Leitaroma. Doch auch beim Geschmack überlasst der in Bordeaux zum Patissier ausgebildete Laurent natürlich nichts dem Zufall: «Ich lege den Fokus in der Regel auf ein bestimmtes Aroma», erklärt er sein Prinzip. «Die anderen Komponenten sollen dann für den gewissen Kick sorgen.» So ergänzt er frische Erdbeeren mit einem Madeleine (wiederum versteckt in einer Vanille-Tuille), einer zurückhaltenden Rooibos-Creme, einer Erdbeer-Reduktion und Mandeln.  

Mandarin Oriental Luzern: Clément Laurent, Hebrs Sorbet

Auch Kräuter verwendet er, «wenn es passt», sehr gern – hier als Sorbet.

Fourhander mit Gilad Peled & Matt Abé im Mandarin Oriental Luzern

Jede einzelne Erbbeere wird von Clément Laurent auf dem Dessert drappiert.

Mandarin Oriental Luzern: Clément Laurent, Strawberries

Versteckt in der kunstvollen Vanille-Tuille: Madeleine & Rooibos-Creme.

Süss soll es schon sein! Seine Kreationen, darauf legt er Wert, sollen nicht allzu barock und schwer daherkommen. «Natürlich braucht es meist ein wenig Zucker. Denn Süsse macht ein Dessert aus, sonst wäre es einfach nur ein weiterer Gang im Menü.» Der Zuckeranteil solle aber so klein wie möglich sein. Das gelingt ihm etwa, indem er vollreife Früchte verwendet. Auch ein Anteil Säure, etwa aus Zitrusfrüchten, gehört bei ihm dazu. Sehr gerne greift er zu frischen Kräutern. «Es muss passen – ich bin zum Beispiel entschieden dagegen, dass man Kaviar und Schokolade kombiniert!» 

Präzision beim Chef gelernt. Wie ist seine Beziehung zu Küchenchef Gilad Peled? «Wir haben zusammen in Bordeaux das «Le Pressoir d’Argent» für Gordon Ramsay aufgemacht, Gilad hat mich dann auch hierher nach Luzern geholt – wir sind uns wirklich nahe.» Sie hätten dieselben Ansichten, erklärt Clément Laurent weiter. «Dank ihm bin ich bei meiner Arbeit präziser geworden, meine Desserts damit eleganter.» Dass er vom Ruhm des israelischen Küchenchefs nicht allzu viel abbekommt, damit kann er leben. Ohne seinen Traumberuf, auf den er von Kindesbeinen an hingearbeitet hat, könnte er allerdings nicht sein. 

Mandarin Oriental Luzern: Gilad Peled, Clément Laurent

Sie sind aus dem gleichen Holz geschnitzt: Patissier Clément Laurent & Küchenchef Gilad Peled (v.l.).

Jetzt im Vaterschaftsurlaub! Zur zuvor beschrieben Präzision gehört, dass er jede Komponente seiner Desserts genauestens rezeptiert. Die so entstandenen Rezepte legt er in einem ziemlich biederen schwarzen Ordner ab, der auch von seinen sieben Mitarbeitern oft verwendet wird. Und dieses Verzeichnis dürfte wohl derzeit besonders oft gebraucht werden: Patissier Clément Laurent ist gerade im Vaterschaftsurlaub, wartet mit seiner Partnerin Lea Gripon auf den ersten Nachwuchs. «Ich werde danach vielleicht ein anderer Mensch sein!», sinniert er. 

Zuständig für alle Desserts im MO Luzern. Das ganze Gastronomie-Team des «Mandarin Oriental Palace» in Luzern wird auf jeden Fall froh sein, wenn er nach der «Papa-Zeit» an seinen Arbeitsplatz zurückkehrt. Denn schliesslich ist er nicht nur für die Desserts im «Colonnade» zuständig, sondern auch für die Pavlovas, Zitronentartes und ähnlichen Desserts in der Brasserie MOzern verantwortlich, denen man den typischen Clément-Laurent-Stil ebenso anmerkt. Und, nicht zu unterschätzen, für die Dessert im Omakase-Restaurant Minamo mit 14 Punkten: «Vor dieser Aufgabe hatte ich anfangs unglaublichen Respekt», gibt Clément Laurent zu. Bis er herausgefunden hatte, wie er seine Ansprüche und das japanisch inspirierte Konzept unter einen Hut bringen kann: Er macht seine raffinierten, eleganten Desserts, verwendet aber japanische Zutaten wie Yuzu, Mizo oder japanischen Whisky. Ist doch perfekt so! 

Fotos: Thomas Buchwalder und Adrian Bretscher.