Fotos: David Künzler

Wurzeln im «Roots». Nadine Stadelmann hat im Fünfsterne-Hotel hoch über dem Vierwaldstätteresee einen heissen Job. Die «Honegg» will mehr sein als ein Instagram-Spot mit Traumaussicht, sie will auch kulinarisch glänzen. Die jüngste Küchenchefin der Schweiz soll es mit einer 13-köpfigen Brigade richten. Eine gute Ausbildung hilft: Nadine Stadelmann hat bei Gemüsekönig Pascal Steffen im «Roots» in Basel gearbeitet und «Wissen aufgesogen wie ein Schwamm». Auf dem Berg war sie zwei Jahre Souschefin, also ist sie im Team akzeptiert.  Das Management vertraut ihr: «Ich habe Carte blanche und bei der Menü-Zusammenstellung freie Hand.» Nadine legt eine beeindruckend grosse Karte auf und muss liefern: An Wochenenden gibt es im Restaurant und draussen auf der Terrasse zwei Seatings! Nadines Vorgänger Philipp Keller kocht jetzt im «Mirage» Stans.

Villa Honegg

Villa Honegg auf dem Bürgenstock: Boutiquehotel mit angenehmen Restaurant und fantastischer Terrasse.

0815 ist keine Option! Regional soll’s sein im kleinen, feinen Jugendstil-Hotel hoch über dem Vierwaldstättersee. Also kriegen wir zum Start geräucherte Lachsforelle aus Attinghausen UR, mit in der Schärfe gebändigtem Meerrettich und erfrischendem Gurkensud. Beim Kalbstatar gibt’s nicht die klassische 0815-Variante. Die Chefin flämmt, sucht die Röstaromen, setzt gepickelten Pommery-Senf ein. Ergebnis: überzeugend! Gilt auch für den Baby-Lattich mit Erbsen, geräucherter Ricotta und Zitronenvinaigrette. Und fürs Onsen-Ei mit weissen und grünen Spargeln. Nadines Trick gegen Langeweile im Glas: Geräucherte Butter in der Sauce Hollandaise!

Tartelette mit Pilz-Consommé

Verblüffend: Kalbszunge auf Brioche, mit einer fantastischen Pilz-Consommé.

Nadine Stadelmann

Unterwegs mit Pinzette und viel Talent: Küchenchefin Nadine Stadelmann.

Zander

Zander, fleissig zu einem Mosaik geformt, mit Frühlingszwiebel-Asche drüber.

Brennesseln & Kalbszunge. Die mutigsten Gänge des Abends? Eine wuchtige Brennnessel-Weissweinsuppe, aufgemixt im Pacojet, aufgepeppt mit Wodka und Espresso. Mittendrin im Teller eine hübsche Tartelette mit einem Morchel-Ragout und mit einem halben Wachtelei vom Berg. Einziger Haken: Das Törtchen löst sich schnell einmal auf in der Suppe, wird weich und pampig. Dann kommt Kalbszunge auf den Teller, sousvide gegart, diskret unter einem Kräutersalat mit eingelegten Johannisbeeren versteckt. Beeindruckend die Pilz-Consommé dazu: «Nach fünf Tagen köcheln war sie so, wie ich sie haben möchte», sagte die Chefin und serviert eine Brioche dazu.

Gitzi vom «Geisse-Toni». Den Zander formt sie fleissig zu einem Mosaik und streut Frühlingszwiebel-Asche drüber; saftiger wird der Fisch dadurch nicht. Ausgezeichnet die «Beilage»: Ein moderner, asiatisch angehauchter Frühlingskartoffel-Salat mit Zitronengras aus dem Garten der Villa. Für den Hauptgang hat die Chefin einen zuverlässigen Verbündeten unten im Tal: Toni Odermatt von der Geisseheimet Meierskählen bei Stans liefert seine Gitzi auf den Berg. Der Schlegel wird geschmort, gezupft und in eine panierte Praline verpackt, der Rücken wird pariert und gebraten. Der Kalbsjus dazu ist erstklassig. Auch der Käse, liebevoll präsentiert auf einem hübschen Wagen, kommt aus Stans: «Flade», «Röteli», Sbrinz und mehr. Alternativen: Ein Dessert mit Schlüsselblüemli, Birke, Eichelmehl und Tannenschössli! Aufmerksamer Service. Beim Angebot der offenen Weine gibt es noch Luft nach oben.

Aussicht vom bekannten Pool Villa Honegg

100% Instagram-tauglich: Der Villa Honegg-Pool mit Blick auf Berge und Vierwaldstättersee.

Lage, Lage, Lage. Die Villa Honegg (23 Zimmer, gehört nicht zum grossen Bürgenstock-Resort) ist fantastisch gelegen. Blick über den Vierwaldstättersee, Blick in die Berge. Insta-Fotos vom kleinen, aber magischen Pool gingen millionenfach um die Welt. Die Terrasse zieht auch Nicht-Hotelgäste an. Attraktivere Lunch am Mittag. Mehr Natur geht nicht: In der Abenddämmerung äsen Rehe auf den Wiesen vor dem Hotel.

www.villa-honegg.ch

Foto Pool: HO