Text: Kathia Baltisberger Fotos: Olivia Pulver

Eine Büez. Es ist ja so eine Sache mit dieser Quitte. Roh kann man sie nicht essen. Schneidet man sie auf, wird sie sofort braun. Und dann ist da noch dieser Pelz, den man erst abschrubben muss. «Die Quitte ist etwas mühsam und eine wahnsinnige Büez. Aber geschmacklich einfach der Hammer!» Björn Inniger, 16-Punkte-Chef im Restaurant Alpenblick in Adelboden, ist in den letzten Zügen der Einmach-Saison. Das bickelharte Kernobst macht den Abschluss. Im Keller lagern bereits unzählige Gläser: Aprikosen, Zwetschgen, Beeren. Als Kompott, Konfitüre oder Senf. Es muss nicht mal zwingend süss sein. Sauer eingelegte Kartoffeln stehen neben dem Rettich. Die Bärlauchkapern liegen seit April im Glas. Die Steinpilze im Rapsöl und die Röhrlinge im Weissweinessig gehören zu den Neuzugängen. 

Bjoern Inniger Alpenblick Adelboden

Björn Inniger findet Quitten ein bisschen mühsam, aber unglaublich im Aroma.

Bjoern Inniger Alpenblick Adelboden

Die «Grübschi» der Quitten werden im Passiertuch mit eingekocht.

Den Winter aufpeppen. Björn Inniger hat die Leidenschaft fürs Einmachen schon während der Lehre entdeckt. «Zur gleichen Zeit haben meine Eltern hier im Alpenblick angefangen Gurken einzumachen, um sie zu verkaufen», erinnert sich Inniger. 2014 hat der Jeune Restaurateur das Restaurant übernommen und fährt die Einmach-Schiene ziemlich konsequent. «Der Winter ist unsere Hauptsaison und mit den eingemachten Sachen kann man auf natürliche Art etwas mehr Spannung in die Gerichte bringen», sagt Inniger. Sellerie, Randen und Co. findet er aber keineswegs langweilig. «Aber im Februar hat man das Kohlgemüse vielleicht etwas gesehen.» 

Fermentation. Die haltbar gemachten Produkte haben noch mehr Vorteile: Sie werden im perfekten Moment eingemacht und schmecken somit besser als importierte Ware. Günstiger ist das natürlich auch. Und: «Momentan ist das Thema ein richtiger Hype. Auch die ganze Fermentation, das ist eine sehr spannende Entwicklung», sagt Inniger. Auch für das Haltbarmachen mittels Bakterien und Enzymen interessiert sich Inniger. «Das Noma-Handbuch Fermentation» von René Redzepi war seine letzte Lektüre. «Einmachen braucht einfach ein bisschen Übung. Beim Fermentieren hingegen muss man schon wissen, was man tut. Die Prozesse dauern oft mehrere Wochen und brauchen viel Überwachung.»

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Die eingekochten Quitten werden durch den Fleischwolf gedreht. Daraus gibt es Püree und Senf.

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Auch mühsam: Die Quitten müssen erst von ihrem Pelz befreit werden.

Ein Rezept, vier Produkte. Auf dem Herd köcheln noch immer die Quitten. Inniger hat die Früchte mit Wasser und Zucker aufgekocht und über Nacht ziehen lassen. «Daraus mache ich nun vier verschiedene Produkte: Sirup, Gelee, Püree und Senf.» Gibt es eigentlich eine Frucht oder ein Gemüse, das man nicht einmachen kann? «Eigentlich nicht. Aber ich persönlich mache keine Spargeln ein. Die sind einfach während zwei Monaten aktuell und später kann ich sie nicht mehr in Gerichte einbauen.» Aprikosen kommen im Winter auch nicht so gut an. Zwetschgen und Beeren funktionieren besser. Damit für den Gast klar ist, dass die Beeren aus dem Keller und nicht aus Peru kommen, ist das auf der Karte auch so gekennzeichnet.

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Nicht nur gut, sondern auch hübsch: eingemachte Holunderkapern.

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Brioche mit geschmorter und gezupfter Gemsbrust und fermentierter Zwetschge.

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Die Parade-Einmach-Frucht: Zwetschgen.

Die Profi-Tipps. Einmachen ist keine Hexerei. Dennoch muss man ein paar Punkte beachten. «Das Wichtigste ist eigentlich, dass man ein perfektes Produkt hat. Gerade Früchte müssen sehr reif, aber nicht zu reif sein», sagt Inniger. Der grösste Fehler, den man machen kann: «Unsauber arbeiten. Dichtungen dürfen keine Risse haben.» Am besten man kocht sie zusammen mit den Gläsern aus, füllt die Masse heiss ab. Gut verschliessen und auf den Deckel stellen, so entflieht der restliche Sauerstoff und es bildet sich ein Vakuum. «Je weniger Zucker man verwendet, desto sauberer muss man arbeiten.» Beim Gemüse ist es ähnlich: Das Produkt roh ins sterilisierte Glas hobeln und mit dem kochendheissen Essigsud füllen. Den Sud kann man mit Senfkörner, Piment, Dill oder Estragon verfeinern.

Schwarze Nuss. Wem das zu viel Aufwand ist, der kehrt einfach beim 16-Punkte-Chef ein. Inniger kocht im Bistro Klassiker, in der «Stuba» Gourmet-Gerichte. Beim Amuse-bouche setzt er auf die gezupfte Gemsbrust etwas fermentierte Zwetschge. Zum Schweizer Lachs aus Lostallo serviert Inniger gepickeltes Gemüse (Rettich, Gurke, Radieschen). Auch der Zander ist speziell: Der kommt nämlich mit einem Zitronenschaum. Die eingelegten Zitrusfrüchte dafür kommen aus dem Garten einer portugiesischen Mitarbeiterin. Und im Hauptgang wird der Gemsrücken von einer Tarte aus schwarzer Nuss begleitet – dafür werden die noch grünen Baumnüsse geerntet, eingestochen, gewässert und in einem Sud aus Zucker, Essig und Gewürzen eingemacht. 

 

www.alpenblick-adelboden.ch