Text: Urs Heller 

Guy Ravet will nicht. Eigentlich war alles ganz anders geplant: Alle drei Ravet-Kids haben wie ihre Mutter Ruth mit Erfolg die weltberühmte «Ecole Hotelière de Lausanne» besucht und anschliessend die Chefposten in der idyllischen «Ermitage» in Vufflens-le-Château VD übernommen: Guy Ravet ist als Koch genauso begabt wie sein Vater. Seine Schwester Nathalie ist eine hervorragende Sommelière, Mitglied auch der GaultMillau-Weinjury. Die Bilanz der Familie ist beeindruckend: 33 Jahre in Vufflens, 29 Jahre ununterbrochen mit 19 Punkten ausgezeichnet, und dies alles ohne Mäzene, Sponsoren und Investoren. Das ist in dieser Liga eher die Ausnahme, denn die Regel. Eine Familien-Saga vorerst ohne Happy-End: Sohn Guy will die «Ermitage» nicht übernehmen, löst sich aus dem Familienverbund und plant die Fortsetzung seiner Karriere ausser Haus. Bitter für Bernard Ravet, aber der Patron reagiert souverän: «Guy hat uns überrascht mit seinem Entscheid. Aber wir verstehen ihn.»

Vufflens-le-Château, 28 novembre 2021. Déjeuner à quatre mains chez Guy Ravet, rejoint par le chef Franck Reynaud. ©François Wavre | Lundi13

Das Ende einer Familien-Saga: Die Ermitage in Vufflens-le-Château VD steht zum Verkauf.

60 Jahre am Herd! Bernard Ravet wird demnächst 75jährig, fühlt sich fit wie eh und je. Aber Weitermachen ohne Guy war für ihn trotzdem keine Option. «Ich stehe jetzt seit 60 Jahren am Herd. Aufhören ist keine schlechte Option, meine Frau Ruth und ich möchten das Leben noch ein wenig geniessen. Natürlich werden wir die Kinder bei ihren neuen Projekten unterstützen, wenn sie es wünschen.» Ravet sarkastisch: «Ich möchte ja auch nicht der Molière der Küche sein, der auf der Bühne erschöpft von der Zeit stirbt.»

 

Auf dem Markt: Top-Liegenschaft. Top-Koch. Nächste Woche kommt der Makler: Die «Ermitage des Ravet», ein wunderschönes Anwesen hoch über Morges und dem Lac Léman, steht zum Verkauf. Die zwei Optionen: Ein repräsentativer Landsitz für einen wohlhabenden Käufer. Oder ein Restaurant mit Kleinhotel für einen neuen Besitzer, der bereit ist zu investieren. Grundstücke dieser Art sind am «Arc lémanique» heiss begehrt; «Goldküste» am Genfersee. Auf dem Markt ist auch Guy Ravet, Präsident der «Grandes Tables de Suisse» und ein hervorragender Koch. Guy: «Ich möchte weiterhin in der Küche stehen, aber auch noch zusätzliche Aufgaben übernehmen und anwenden, was ich an der Hotelfachschule gelernt habe.» Konkrete Pläne hat der Juniorchef, der auch Markenbotschafter von Mercedes-Benz ist, noch nicht. Aber natürlich einen guten Marktwert.
 

«Le Vin d’adieu». Die Ravets waren auch Winzer. Zusammen mit ihrem Oenologen Rodrigo Bento (Cave de la Côte) und unter der Regie von Tochter Nathalie haben sie eine attraktive Kollektion zusammengestellt. Star im Angebot ist der «BR75»: 75 Prozent Merlot, dazu Divico und Gamaret, 24 Monate im Eichenfass. Der «BR75» sollte eigentlich der Wein zum 75. Geburtstag des Patrons sein. Jetzt wird es der Wein zum Abschied. Bernard: «Mit unserer Weinkollektion machen wir weiter. Ebenso mit unserer Brasserie «Esprit Ravet» im Bernerhof Gstaad. Guy und ich sind stolz auf dieses Restaurant und sind gerne in Gstaad.»

 

>> www.ravet.ch

>> Die «Ermitage des Ravet» öffnet nach den Betriebsferien am 2. März wieder. Letzter Service am Abend des 30. Juli.
 

Fotos: Thomas Buchwalder, Marcus Gyger, Sedrik Nemeth, Valeriano Di Domenico, Digitale Massarbeit, Francois Wavre, HO