Text: Urs Heller

Rüebli, schräg und gut! Gregor Zimmermann, im «Bellevue Palace» der Mann für alle Fälle (Staatsbankette, Brasserie-Küche, Snacks an den vielen Bars) mag altes, vergessenes Gemüse und setzt es auch immer wieder prominent auf die Karte. «Krumme Dinger» nennt er etwa die geschmacksintensiven roten Rüebli, die sich bei Gemüsebauer Jürg Amacher im luzernischen Littau um Steine schlängeln und deshalb nicht todchic, eher «nicht-normiert» auf den Teller kommen. Zimmermann serviert Rüebli, Pfälzer, Zucchetti und Auberginen warm mariniert, mit einer Vinaigrette mit griechischem Joghurt und hauseigenem Honig. Kenner und Geniesser bezahlen dafür auch gerne einen ordentlichen Preis (24 CHF).

Bellevue Palace 2020: Krumme Dinger, nicht-normiertes Gemüse warm mariniert, Weizengras, Griechisches Joghurt mit Honig

Krumme Dinger, nicht-normiertes Gemüse warm mariniert, Weizengras, Griechisches Joghurt mit Honig

«Terrinette» und Duroc-Schweinchen. Auf der wunderschönen «Bellevue»-Terrasse tummeln sich noch immer Bundesräte, Parlamentarier und Einflüsterer, aber die Karte hat sich gründlich verändert. Weg vom «Fine Dining», hin zur feinen Brasserie-Küche, ohne weisse Tischtücher, aber doch mit Ambitionen. Auch bei «Melone mit Schinken»: Cavaillon-, Netz- und Galia-Melonen werden elegant geschnitten und gerollt, der Landrauchschinken stammt von einem Duroc-Schweinchen aus dem Emmental. Highlight in der Rubrik «Les Crus et les Marinades» auf der «Bellevue»-Karte: Die elegante Siedfleisch-Terrine («Terrinette de boeuf») mit Meerrettich und Gemüse.

 

«Third Cut» im Staatshotel. Natürlich fehlt das «Entrecôte Café de Paris» (aus dem Emmental) nicht auf der Karte; wir sind in einem «Palace». Aber Chef und Foodies haben an anderen Gerichten mehr Spass. Am «Short Rib» vom Schweizer Lamm, mit Barbecue. Und am «Araignée de veau minute». Erklärung please! Gregor Zimmermann: «Araignée ist ein Spider-Steak, ein besonders zartes Stück vom Kalb. Das kennt man kaum. Das Spider-Steak ist gewissermassen ein Third Cut. Andere Namen dafür sind Bürgermeisterstück und Fledermaus.» Eine ur-klassische, kräftige Sauce vièrge gibt es dazu. Alternativen: Eine «Bouillabaisse Marseillaise», Lagustinen vom Kap – und einen Loto-Risotto aus Ascona, mit Eisenkraut für Säure und Frische. Drüber: Jakobsmuscheln.

VJC, Bellevue Palace

Terrasse Bellevue-Palace

Der GaultMillau meint. Transformation geglückt! Das «Bellevue Palace» präsentiert sich jugendlich frisch, das Brasserie-Konzept kommt an. Der Guide beschreibt Chef Zimmermanns Konzept so: «Erstklassige Produzenten, raffinierte Zubereitung, Anrichten immer mit einem Augenwinkern.» Stammgäste und der smarte Direktor (Urs Bührer) sind happy. Der berühmte Besitzer (Michel Reybier) auch.

 

 

Bellevue Palace Bern

15 Punkte

Kochergasse 3/5

3011 Bern

www.bellevue-palace.ch

 

 

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Fotos: Marcus Gyger, Thomas Buchwalder, Stefano Candito