Text: Anita Lehmeier | Fotos: Nik Hunger
QUALITÄT, GANZ NAH. Auf dem Gipfel des Bürgenstocks thront das Luxus-Resort mit seinen sieben Restaurants. Einige der Delikatessen, die hier den Gästen aus aller Welt serviert werden, stammen nur einen Steinwurf entfernt von hiäsigä Höfen. Culinary Director Mike Wehrle pflegt mit den Produzenten enge Kontakte, mit vielen schon seit der Eröffnung vor genau drei Jahren. Zusammen mit Dominik Stalder, seinem Assistent F&B Director, besuchte er vorab die Bauernbetriebe rund um den Bürgenberg, und pickte die besten heraus. «Regionalität ist durchaus ein Kriterium beim Einkauf, viel wichtiger aber ist Qualität. Und die haben wir in hohem Mass in der nächsten Umgebung gefunden.» Der Antrittsbesuch sei wichtig und richtig gewesen. So bekam das noble Resort für die Produzenten ein Gesicht. «Ich habe allen erklärt, dass sie nicht ein Luxus-Hotel beliefern, sondern mich. Das hat funktioniert!» Wenn Mike Wehrle bei den Produzenten auftaucht, wird er nicht nur als guter Geschäftspartner begrüsst, sondern so herzlich wie ein Freund.
5-STERNE-KÄSE VOM SBRINZ-MEISTER. Die härteste Nuss zu knacken war sicher der Käser Josef Bircher, de Bodä Sepp, wie ihn hier alle nennen und kennen. Die Familie käst hier im Obbürger Flecken namens Boden seit Generationen, Josef belieferte den Bürgenstock schon vor dem Umbau. «Es brauchte vier Runden Kafi Träsch, ihn als Lieferanten und Produzent zu gewinnen», erinnert sich Wehrle. Seit dem Handschlag, dem hochprozentigen, produziert Bircher fürs Resort den «Fünf-Sterne-Käse». Ein Käse von massivem Umfang, auf dem das Wappen des Resorts prangt und seitlich ein Band von Sternen. Berühmt ist der Bircher Sepp jedoch für seinen Sbrinz AOP. Dutzende der pneugrossen und 40 Kilo schweren Laibe schwimmen bei unserem Besuch in der Salzlake. Wehrle kauft bei Bircher Sbrinz SOP jeden Alters fürs ganze Haus, für den Caesar’s Salad, fürs Frühstück, für Käseplatten, aber auch ganze Laibe für Buffets. Bircher liefert den Hauptanteil seiner Produktion an die Brachenorganisation nach Luzern ins St. Karli-Quartier, wo sie im Reifekeller ruhen, dieser Kathedrale des Genusses. Bircher verarbeitet die Milch von sechs Bauernhöfen in der Umgebung, 60 Tonnen gehen jährlich durch seine Hände.
DER RINDER-FLÜSTERER. Ein unverzichtbarer Lieferant für Fleisch ist Stefan Mathis aus Ennetbürgen. Holzen Fleisch, benannt nach dem Hof, ist in der Spitzengastronomie schweizweit enorm begehrt. Beliefert werden nur Chefs, die zu einer Hofbesichtigung bereit sind. Mathis züchtet und verarbeitet hier am Südhang des Bürgenstock Angus-Rinder, Damhirsche und Wollschweine. Die Tiere haben von Holzen aus eine Aussicht auf die Innerschweiz, die mit dem Resort mithalten kann – auch wenn sie das Gras zu ihren Füssen mehr interessiert. Die Angus-Herde (mit Mutterkuhhaltung) ist bei unserem Besuch eben zurück aus der Sommerfrische auf 2000 Metern auf der Bannalp. Die Tiere sind sichtbar in Topform. Mathis und Wehrle spazieren über die steile Wiese, streicheln die zutraulichen Rinder und fachsimpeln. «Mit Holzen-Entrecôtes habe ich mich im Bürgenstock dem GaultMillau vorgestellt, mit Erfolg», erinnert sich der Chef lachend. Seither führt er das Rib Eye fest auf der Karte des Oak Grill. Zweimal wöchentlich fährt ein Kühlwagen von Holzen zum Resort hoch. Notfalls steigt Stefan Mathis’ Vater Hans auch sonntagabends in den Lastwagen und liefert das von Wehrle Gewünschte in die Hotelküchen. Fleisch von 1a-Qualität, von Tieren, denen man das gute Leben auf privilegiertem Weidegrund anmerkt. Bei jedem Biss.
MONTI, DER TRÜFFELFINDER. Ein Rookie auf der Bürgenstock-Lieferantenliste ist Monti, ein zweijähriger Lagotto Romagnola. Der gelockte Junghund aus Italien wurde von seiner Herrin Petra Liem aus Wolfenschiessen schon als Welpe auf Trüffel trainiert. «Erst versteckte ich im Haus Trüffelduft, verpackt in einem Kinder-Überraschungsei, später dann im Freien. Monti fand sie schnell, er liebt den Duft.» Für Hund und Herrin ist die Trüffelsuche ein reines Hobby. Sie streifen gemeinsam durch die Wälder, maximal zwei Stunden am Stück, dann hat Monti die Nase voll. «In Unterwalden», antwortet Petra Liem auf die Fragen nach dem Wo – präziser will sie nicht werden. Auf einem Teller präsentiert Mike Wehrle im Oak Grill Montis Beute der letzten Spaziergänge: 1, 2Kilo Wintertrüffel, ein beeindruckender Haufen faustgrosser schwarzer Pilze, die bis zwanzig Zentimeter tief in der Erde wuchsen. Als Belohnung für seine Funde bekommt Monti – nein, keine Trüffel, sondern Le Parfait, «das mag er genauso gern.» Immer freitags bringt Petra Liem die duftenden Trüffel ins Resort, Wehrle lagert sie in Risotto-Reis oder Papier in einem Einmachglas. «Am besten munden sie frisch, maximal drei Tage alt», erklärt der Chef. Die Trüffel kommen im Oak Grill auf den Tisch, an der zwanzig Stunden gegarten Nidwaldner Kalbshaxe und in der Lobby Lounge zum Rindsfilet Rossini.
DAS LIEBE FERDERVIEH. Nächster Halt: der Hof von Barmettlers in Trogen, Obbürgen. Der Betrieb schliesst an den Golf-Parcour des Resorts an, für die Pflege des Greens ist Otto Barmettler verantwortlich. Seine Frau Elisabeth kümmert sich um die Herde mit 24 braunen Hühnern, deren Eier in der Küche des Oak Grill landen und Bestandteil des Forest Dinners sind. «Die besten, frischesten, die man bekommen kann», lobt Wehrle die Qualität der hellbraunen Eier. Das Geheimnis dahinter? Elisabeth Barmettler hält seit 30 Jahren Federvieh, sie weiss, was ihre Hennen brauchen, um glücklich zu sein: «Auslauf, frische Luft, gutes Futter.» Ihre Hühner kommen ohne Hahn aus. «Ich hatte auch schon Güggel, die bringen aber nur Unruhe in die Herde», weiss die Fachfrau.
SEX VON FRÜH BIS SPÄT. Unverzichtbar sind Hähne dagegen bei der Wachtelzucht von Ariane Nickelt, unserer nächsten Stippvisite. Auf dem Hof von Toni und Bernadette Odermatt in Obbürgen hält sie in einer grossen Tenne ihre Herden. Es duftet fein nach Heu, das leise Piepen der kleinen Vögel erfüllt den Raum. Eine Herde besteht aus sechs bis sieben Hennen plus ein Hahn. Alle Hennen haben kahle Stellen am Kopf, «man sagt dem Liebesglatze», erklärt die Wachtel-Fachfrau. Beim Sex halten sich die Hähnchen mit dem Schnabel an Hals oder Kopf der Hennen fest – und das tun sie xmal am Tag. Die Eier verwendet Wehrle für das Rindstatar in der Lobby Lounge und in Salaten im Oak
Grill. Die Wachteln kommt im Signature dish «Hirsch in der Wachtel» zur Einsatz, der im ganzen Haus serviert wird.