Text: Elsbeth Hobmeier Fotos: Marcus Gyger

Abländschen. Wo ist denn das? Tönt nach Ende der Welt. Und ist es auch fast. Wenigstens das Ende des Kantons Bern unter den wilden Zacken des Gastlosen-Massivs, ein kleines Dorf mit noch 30 Einwohnern im abgeschiedenen Tal am Fuss des Jaunpasses. Doch jetzt tut sich was in Abländschen: Die umtriebigen Gstaader Hans Peter Reust und Thomas Frei - sie sind die Väter des Gourmetfestivals Saveurs Gstaad - wollen die regionalen Produkte und damit auch den Agrotourismus fördern. Diese Woche wurde der Start dazu gefeiert. Mit der Ernte der allerersten Abländscher Bergkartoffeln, gewachsen auf 1200 Metern über Meer, gepflanzt auf acht Aaren ehemaligem Weideland. Grosses Bild oben Hanspeter Reust, Landwirt Hanspeter Dänzer, Saaner Gemeindepräsident Toni von Grünigen, Thomas Frei («Bernerhof»).

Goeschel

Teamwork: 18-Punktchef Martin Göschel mit Sohn Linard und Baby Ladina.

Bauer

Der Mann, der die Abländscher Kartoffeln wachsen lässt: Landwirt Hanspeter Dänzer.

Gstaader Chefs als Götti. Auf dem Kartoffelacker am steilen Hang hatten sich prominente «Erntehelfer» eingefunden. Fast die gesamte Gastroprominenz aus Gstaad war da: Robert Speth von der Chesery, Franz Faeh vom Palace, Martin Göschel vom Alpina mit dem dreijährigen Linard an der Hand und der 10 Monate alten Ladina im Tragetuch, Marcel Reist vom Bernerhof, Erich Baumer vom Sonnenhof und der Engadiner Spitzenkoch Marin Dalsass, den es immer wieder ins Berner Oberland zieht. «Das sind die Göttis unserer Kartoffeln», sagte Hanspeter Reust und versprach, dass sie später auch hin und wieder ein paar Kilos beziehen dürfen, falls die Erde genug hergibt. Die Hacke in die Hand nahm dann aber vor allem der Bauer Hanspeter Dänzer, der das Landstück vorbereitet und im Juni rund 400 Kilo Saatkartoffeln gesetzt hatte - bereits angekeimt, um den Nachteil der hohen Lage auszugleichen. Gewählt hatte er die robuste, hellschalige Annabelle und die rötliche Désirée, die sich besonders gut für die Rösti eignet. Im ersten Jahr rechnet er mit knapp drei Tonnen Ertrag.

Dazu eine André-Jaeger-Wurst. «Unser Kartoffelprojekt gab zu reden im Tal, wir wurden auch etwas belächelt», sagte Dänzer. Hanspeter Reust beruhigte ihn: «Die gleichen Leute werden euch bald bewundern». Und lockte die Anwesenden vom Kartoffelacker weg hinauf ins Gasthaus Weisses Kreuz: «Kommt, wir wollen jetzt die allerersten Goldklumpen - äääh Abländscher Härdöpfel geniessen, gekocht einzig im Bergwasser, ohne jedes Salz». Ganz so frugal wurde die Kartoffeldegustation im Berghaus dann doch nicht. Auf der Terrasse hatte kein Geringerer als der Schaffhauser Starkoch André Jaeger (ex Fischerzunft) den Grill für seine neuste Eigenkreation eingeheizt: die André-Jaeger-Wurst aus hundert Prozent Kalbfleisch im Rinderdarm, gefertigt von Robert Bratschi in der Gstaader Buuremetzg. «In jeder anderen Kalbsbratwurst sind bis 30 Prozent Schweinefleisch drin, das geht für gewisse Religionen nicht», erklärte Jaeger, der sich als «fanatischer Wurstliebhaber» outete, was Robert Speth mit dem frechen Zwischenruf «das sieht man» quittierte. Die Wurst wird übrigens im Bernerhof Gstaad serviert und in der Buuremetzg verkauft.

 

Ein Projekt mit Zukunft. Am Rande der Veranstaltung erzählte der «Bernerhof»-Hotelier Thomas Frei dann von den Plänen, die ihn nach Abländschen geführt hatten. Er wird das Hotel-Restaurant Weisses Kreuz im kommenden Sommer übernehmen und will dort möglichst voir allem Fleisch, Milch und Gemüse aus der nächsten Umgebung anbieten. Mit den eigenen Kartoffeln ist ein Anfang gemacht, bald sollen Gewürze und weitere Produkte folgen. Thomas Frei: «Abländschen ist ein unberührtes Tal, ein wahres Paradies für Wanderer, Familien und Radfahrer. Hier werden die «Bernerhof»-Gäste künftig auch ihre Seminare durchführen.»