500 Gäste aus 16 Nationen. Daniel Lehmann wirkt erschöpft, aber zugleich zufrieden. Es ist kurz nach ein Uhr nachts, als man dem Präsidenten der «Jeunes Restaurateurs d’Europe» im Pariser Grand Hotel InterContinental im Lift begegnet. Gerade kommt er vom grossen Galadinner, einer der Höhepunkte der Feierlichkeiten zum 50-Jahr-Jubiläum der Vereinigung: 500 Gäste – Köche, Gastgeberinnen, Partner und Journalisten – aus 16 Nationen sind dafür in die französische Hauptstadt eingeladen worden. Beim glamourösen Abendessen hat Lehmann, galant im Smoking und unterstützt von Zoe Torinesi, über weite Strecken auf der Bühne durch den Abend geführt. «Jetzt werde ich mir erstmal ein paar Stunden Schlaf gönnen», sagt er. Ein langer Tag geht damit zu Ende – nicht nur für den Küchenchef des Restaurants Moosegg im Emmental. 

 

Den Aperitif gab es im Ballsaal des Hotels InterContinental.

Daniel Lehmann & Zoe Torinesi nehmen die ehemaligen Präsidenten in die Zange.

Ebenfalls in Paris: Melanie und Denis Schmitt, Präsident von JRE Schweiz.

Ebenfalls in Paris: Melanie und Denis Schmitt, Präsident von JRE Schweiz.

Bekannte(s) im TGV. Für viele Köche der Schweizer JRE-Delegation begann das Abenteuer unter dem Motto «The Homecoming» (die Organisation wurde 1974 in Paris gegründet) schon im TGV, der um halb zehn Uhr morgens in Zürich losgefahren war. Da und dort erkannte man bekannte Gesichter: Etwa Silvia und Thomas Manser von der «Truube» in Gais (17 Punkte), Madeleine und Domingo S. Domingo vom «Mille Sens» in Bern (15 Punkte) oder Dominic Bürli vom «Wildenmann» in Buonas ZG (16 Punkte). Ebenfalls im Hochgeschwindigkeitszug zu entdecken waren so bekannte Namen wie Dom Pérignon, Bollinger oder Mersault Domaine des Comtes Lafon «Clos de la Barre» 2017. 

Im «Black Tie»: Martin und Manuela Thommen, Bären Utzenstorf.

In «Black Tie»: Martin und Manuela Thommen, Bären Utzenstorf.

Im «Black Tie»: Laetitia und Johann Stauffacher, Des Baines, Avenches.

In «Black Tie»: Laetitia und Johann Stauffacher, Des Bains, Avenches.

Im «Black Tie»: Reto und Saskia Gadola, Casa Alva, Trin.

In «Black Tie»: Reto und Saskia Gadola, Casa Alva, Trin.

Tadelloses Tintenfisch-Tatar. Nach ein paar Stunden im Hotelzimmer oder in den sonnigen Strassen von Paris hiess es dann für alle: «Black Tie» montieren! Laurent-Perrier offerierte den Aperitif, der im atemberaubenden Festsaal des Hotels Intercontinental gegeben wurde. Mit zehn Reisecars ging es danach ins Carreau du Temple, eine ehemalige Markthalle, die glamourös dekoriert worden war. Dort waren einige grosse Stars der Kochszene für das festliche Abendessen verantwortlich: Paolo Casagrande («Lasarte», 3 Sterne, Barcelona) bereitete ein tadelloses Tintenfisch-Tatar zu, das mit einer leuchtend grünen Apfelsauce angegossen wurde. Die anfänglichen Sprüche über die eher kleine Portion wichen bald schon einer kollektiven Zustimmung, wie grossartig diese Vorspeise schmeckte!  

 

Risotto mit Rande und Gorgonzola by Enrico Bartolini.

Risotto mit Rande und Gorgonzola by Enrico Bartolini.

Reh mit Pfeffer, Apfel und Zwiebelcreme by Tobias Bätz.

Reh mit Pfeffer, Apfel und Zwiebelcreme by Tobias Bätz.

«Ooos, I've dropped the Sachertorte»: Feierliches Dessert by Eveline Wild.

«Oops, I've dropped the Sachertorte»: Feierliches Dessert by Eveline Wild.

Ana Roš: Rote Pinzette, fast roher Spargel. Ana Roš («Hiša Franko», Kobarid SLO, 18 Punkte) forderte die Gäste danach deutlich mehr heraus: Mit roter Pinzette richtete sie ein Dumpling gefüllt mit slowenischem Käse an, das von Erdbeeren, fast rohen Spargeln und Erbsen begleitet wurde. Begeisternd waren darauf die neun ehemaligen JRE-Präsidenten, die von Daniel Lehmann auf die Bühne gebeten wurden. Und schliesslich ein zartes Rehfilet mit dehydriertem Apfel, Zwiebelcreme und Leber, das Tobias Bätz vom «Aura» (Wirsberg D, 17 Punkte) als Hauptgang auftischte. Es war, wie angedeutet, deutlich nach Mitternacht, als dieser stimmungsvolle Abend – musikalisch untermalt von der Formation «Aria» – sein Ende fand. 

 

Kochjacke statt Smoking. Tags darauf trifft man sich schon früh zum gemeinsamen Frühstück. Einige sind noch deutlich später ins Bett gekommen als Daniel Lehmann: So seien Beat Stofer («Balm», Meggen LU, 16 Punkte), Björn Inniger («Alpenblick», Adelboden BE, 16 Punkte) und Markus Gass (zurzeit ohne fixes Restaurant) nachts um 2 Uhr noch in der Brasserie «Au Pied de Cochon» gesehen worden. Offenbar hatten sie nach dem Galadinner (war das Tatar doch zu klein?) noch Hunger auf Austern, Foie gras und Entrecôte, das allerdings «bloss ein Rumpsteak» gewesen sei. Angeblich soll es noch mehr Geschichten aus der vergangenen Nacht geben – doch was in Paris passiert, bleibt in Paris... Jedenfalls sind an diesem Morgen erneut alle unternehmungslustig, nun in weisser Kochjacke statt Smoking. 

Sympathischer Schweizer Akzent. Als Daniel Lehmann wenig später, erneut unterstützt von Zoe Torinesi, auf die Bühne des Theaters Edouard VII. gebeten wird, macht auch er einen frischen und munteren Eindruck. In Englisch (und mit sympathischem Schweizer Akzent) vergibt er unter anderem den Award für den «JRE Chef of the Year» an Alexander Wulf vom Restaurant Troyka in Erkelenz D. «Ich habe mit 19 Jahren zum ersten Mal von den Jeunes Restaurateurs gehört. Und es macht mich stolz, mit allen europäischen Kollegen hier zu sein», meinte der deutsche Küchenchef, der mit 16 GaultMillau-Punkten gewertet wird. Damit ist dann auch die grösste Arbeit für den JRE-Präsidenten Lehmann aus der Schweiz an dieser denkwürdigen Jubiläumsfeier erledigt. Er weiss: Das nachfolgende Chef-to-Chef-Summit (wo die Sponsoren Speisen, Weine und Gerätschaften präsentieren) und die finale Afterparty wird er locker hinter sich bringen, sagt er. So spät wie am Vorabend dürfte es wohl kaum mehr werden. Oder doch?  

 

Pflichttermin für alle Köche aus 16 Nationen am zweiten Tag: das Gruppenfoto.

Pflichttermin für alle Köche aus 16 Nationen am zweiten Tag: das Gruppenfoto.

Fotos: HO / Daniel Böniger