Text: Elsbeth Hobmeier Fotos: Nik Hunger, Marcus Gyger

Am Dorfbrunnen vernimmt man den neusten Klatsch. Das war schon früher so, als sich die Frauen am Wasser trafen, um die schmutzige Wäsche zu waschen und sich dabei die Dorfgeheimnisse zu erzählen. So blieb man auf dem Laufenden, was im Ort so vor sich ging. Diese schöne und vor allem unterhaltsame Tradition haben die Wöschwiiber von Wilchingen wieder zum Leben erweckt. Mit ihrem züchtigen Häubchen, Schürze, Rock und Mieder scheinen sie direkt dem Mittelalter entsprungen. Mit einem Leiterwagen voll Wäsche, mit Zuber und Waschbrett ziehen sie von Brunnen zu Brunnen. Und packen dort nicht nur die langen Unterhosen der Gatten und ihre zu waschenden Leibchen aus, sondern auch alte Geschichten.

Woeschwiiber in Wilchingen (SH)

Riegelhaus, Pferde: Die Wöschwiiber tratschen in schönster Umgebung.

Woeschwiiber in Wilchingen (SH), Dorfansicht

Das Dorf der vielen Brunnen. Acht davon gibt es in Wilchingen.

Eine Dorfführung, die sich gewaschen hat. Wer sich den Wöschwiibern auf ihrem Rundgang durch Wilchingen anschliesst, lernt dieses malerische Dort im Schaffhauser Blauburgunderland auf eine sehr neue und sehr amüsante Art kennen. Man lauscht den alten Geschichten und Anekdoten. Und bekommt bald einmal mit, dass sich die Wilchinger und die benachbarten Hallauer einst spinnefeind waren. Voller Stolz erzählen die Wöschwiiber vom Kampf um den Hügel namens Rossberg und von der cleveren Wirtin in der «Morgensonne», welche die Hallauer mit Wein und Bölletünne (Zwiebelkuchen) so lange ablenkte, bis die Wilchinger das Land ersteigert hatten. Und warum wohl ist das Schiff der Wilchinger Kirche mehr quer als lang? Natürlich deshalb, damit der Pfarrer Hallau den Rücken zukehren konnte.    

Woeschwiiber

Dorfführung der besonderen Art: Die Wöschwiiber in Hochform.

Woeschwiiber in Wilchingen (SH), Dorfansicht

Treffpunkt Wöschhüsli, mit Wöschwiiber-Wii und selbstgebackenem Bauernbrot.

Wein & Bauernbrot im Wöschhüsli. Die Führung dauert gute eineinhalb Stunden und führt zu Fuss durch das ganze Dorf mit Halt an jedem der acht Brunnen. Danach hat man sich eine Stärkung verdient: Im ehemaligen Wöschhüsli wird Wein von den umliegenden Rebbergen und hausgebackenes Bauernbrot aufgetischt. Nach Wunsch kann eine Gruppe auch ein etwas reichhaltigeres Trotten-Intermezzo in der nahen Bergtrotte einbauen. Buchen können Einzelgäste und Gruppen, für die gerne auch ein spezielles Programm zusammengestellt wird. Auf Wunsch gibt es auch morgens, über Mittag oder abends Führungen.

 

Lauter waschechte Wilchingerinnen. Als Wöschwiiber agieren eingesessene Wilchingerinnen, eingekleidet wurden sie von einer Kostümbildnerin, und das Drehbuch zur inszenierten Führung schrieb die Theaterautorin Claudia Gysel, die seit Jahrzehnten im Dorf wohnt. Es ist eine Erfolgsgeschichte. «Angefangen haben wir 2014 mit drei Wöschwiibern und 33 Führungen», erzählt Heidi Külling, selber aktives Wöschwiib und gleichzeitig die Administratorin der Truppe, «jetzt sind wir sechs Wiiber und führten letztes Jahr über 70 Runden durch. Und heuer werden es noch mehr.» Die spritzige Art, Dorfgeschichte zu erleben, kommt bestens an. Und macht Besucherinnen und Besuchern aus der ganzen Deutschschweiz enormen Spass.

Herrliche Pinots & süffige Weisse. Die Gemeinde Wilchingen-Osterfingen hat sich stolz das Label Genussregion umgehängt. Zu Recht. Wanderer finden im Regionalen Naturpark Schaffhausen rund um den Hügelzug des Randen jede Menge schöne Wege (Infostelle Hauptstrasse 50 in Wilchingen). Die Ruine Radegg auf dem Rossberg oberhalb von Wilchingen ist ebenfalls ein lohnendes Ziel. Tief in die Geschichte der Region eintauchen kann man im Hallauer Ortsmuseum und im Schaffhauser Weinbaumuseum. Apropos Wein: Das Schaffhauserland nennt sich mit Blick auf die weite Reblandschaft auch gern Blauburgunderland. Hier wachsen herrliche Pinots, aber auch süffige Weisse. Neben grossen Kellereien wie GVS und Rimuss sorgen auch private Spitzenwinzer für Highlights. Das Weingut Baumann in Oberhallau, Familie Meyer in Bad Osterfingen, der Aagne der Familie Gysel in Hallau und Markus Ruch in Neunkirch zählen zu den von GaultMillau erkorenen Schweizer Topwinzern. Zum guten Wein gehört auch was Gutes auf dem Teller. Das Einkehren lohnt sich in der mitten in den Reben gelegenen Osterfinger Bergtrotte (www.bergtrotte.ch), dem prächtigen Landgasthof Bad Osterfingen (www.badosterfingen.ch) mit seinen berühmten Spätzli, dem historischen Gmaandhuus8213 in Neunkirch (www.gmaandhuus8213.ch) und dem hoch auf dem Randen thronenden Siblinger Randenhaus (www.randenhaus.ch). Und wer danach mal so richtig originell übernachten will, bucht im Fasshotel in Trasadingen ein altes Weinfass zum Schlafen (www.fasshotel.ch).

 

 

>> Infos und Buchung der Wöschwiiber-Führung: www.genussherz.ch, (Führungen), Schaffhauserland Tourismus, Tel. 052 632 40 10, erleben@schaffhauserland.ch. Weitere Informationen: sh-weinbaumuseum.ch, naturpark-schaffhausen.ch, ortsmuseum-hallau.ch,