Aus nach 45 Jahren. Es ist eine Hiobsbotschaft für Rudi Bindella sen.: Das Santa Lucia im Migros Neumarkt in Altstetten muss raus. Bereits am 11. August 2024 gehen die Lichter aus. «Für uns ist das nach so langer Zeit und treuer Partnerschaft eine herbe Enttäuschung», sagt Bindella sen. 45 Jahre war das Restaurant Santa Lucia im Migros-Gebäude. Die Migros hat Eigenbedarf angemeldet und will in den Räumlichkeiten ein «Molino» unterbringen. Die Restaurantkette gehört seit 2014 zur Migros-Genossenschaft. Viel Verständnis hat Rudi Bindella dafür nicht. «Wir besitzen auch Immobilien, in denen sich andere Gastro-Betriebe eingemietet haben. Denen kündigen wir auch nicht, um den Betrieb selbst zu führen.» Rudi Bindella spricht zum Beispiel von der Liegenschaft an der Glockengasse, wo sich Nenad Mlinarevics «Neue Taverne» befindet. Der Rausschmiss aus dem Neumarkt schmerzt den Gastronomen vor allem auch im Hinblick auf die Geschichte dieser Santa-Lucia-Filiale. «Früher gab es eine viel strengere Gesetzgebung. Patente wurden sehr restriktiv verteilt. Doch der damalige Migros-Chef, Eugen Hunziker, und mein Vater haben grossen Aufwand betrieben, um das Projekt zu realisieren. Damals galten halt noch andere Werte in der Migros», so Bindella.

Santa Lucia Altstetten

Die Santa-Lucia-Crew verabschiedet sich am 11. August 2024 mit einem grossen Fest. Und kommt im Frühling 2025 zurück nach Altstetten.

Neuer Standort gefunden. Doch Trübsal blasen bringt nichts. Die Firma Bindella will mit dem erfolgreichen Konzept auch in Zukunft in Zürich Altstetten vertreten sein. «Einen neuen Standort zu suchen, war nicht ganz einfach.» Doch Bindella wurde fündig. Am Lindenplatz realisiert die Senn Resources AG eine neue Überbauung. Für das Projekt wurden die Basler Stararchitekten Herzog & de Meuron engagiert. Geplant sind 72 Mietwohnungen sowie Gewerbe- und Gastroflächen im Erdgeschoss. Die Luftlinie zwischen dem alten und dem neuen Standort beträgt gerade mal 180 Meter. «Das ist ein absoluter Glücksfall für uns. Wir haben dann zwar die Magnetwirkung der Migros nicht mehr, aber der Standort am Lindenplatz ist fast noch besser», so Bindella. Einziehen kann die Santa-Lucia-Crew im Frühling 2025.

Einladende Räume. Die neue Überbauung dürfte sehr luxuriös werden, die Wohnungen nicht günstig. Das Projekt sieht ein Zusammenspiel aus hohen und niedrigen Häusern vor. Im Rückraum der Überbauung entsteht eine begehbare, begrünte Platzsituation, die Urbanität und Rückzug miteinander verbindet. Das Projekt passt deshalb zu den Bindella-Restaurants, weil Rudi Bindella sen. nicht nur sehr kunstaffin ist, sondern auch ein gutes Gespür für Räume hat. Und das soll auch hier zum Tragen kommen. «Das Santa Lucia bleibt seinem Stil treu, aber das Konzept wird etwas zeitgemässer umgesetzt. Für das Interieur ist Mona Fischer verantwortlich, eine sehr feinfühlige Innenarchitektin. Es wird wohnlich, warm und einladend, mit den gewohnten mediterranen Farben.» An den Wänden gibt es Kunst der im letzten Jahr verstorbenen Schweizer Künstlerin Andrea Muheim.

Allee zur Villa, Rudi und Rudi Bindella, Weingut, Vallocaia, Toskana © Hans-Peter Siffert

Rudi Bindella sen. und Rudi Bindella jun. auf dem Weingut Vallocaia in Montepulciano. 

Bindella - Santa Lucia Delivery Service © HO

Santa Lucia ist bekannt für gute Pizza und bodenständige italienische Küche. Und natürlich Bindella-Weine.

Essen im Quartier. Restaurants in Überbauungen oder Wohnsiedlungen gibt es immer häufiger. Das hat auch seine Tücken. «Es gibt gewisse Reibungsflächen, weil wir den Aussenbereich gerne länger offen hätten, aber die Anwohner nicht. Unter der Woche ist das kein Problem. Der Schweizer ist ja gerne um 22 Uhr im Bett, wenn​​ er am nächsten Tag arbeiten muss», scherzt Bindella. «Am Wochenende ist es dann vielleicht ein kleiner Nachteil.» Der Vorteil des Standorts ist auch deutlich zu erkennen: Die Gäste haben es nicht weit ins Santa Lucia; das Santa Lucia ist schon dort, wo die Gäste sind. Nämlich im Quartier.

Zum Schluss gibts ein Fest. Doch der umtriebige Gastronom weiss, dass es neben dem Standort und der Inneneinrichtung noch auf etwas ganz anderes ankommt. «Das Wichtigste ist die Herzlichkeit. Der Gast verzeiht es, wenn die Pasta mal verkocht ist oder das Fleisch zäh. Aber Unfreundlichkeit verzeiht er nicht.» Und genau das ist der USP der Bindella-Restaurants im Allgemeinen und der 13 Santa-Lucia-Filialen im Besonderen. Mitarbeiter werden wegen der Schliessung im Sommer keine entlassen. Bis es im Frühling 2025 losgeht, kommt die Crew aus Altstetten in anderen Bindella-Betrieben unter – der Bedarf an gutem Personal ist ja nach wie vor hoch. Auf die Neueröffnung freut sich Rudi Bindella sen. besonders. Und auch auf die «Dernière» im August. An beiden Events tritt Bindella mit seiner Band auf, die er bereits im Gymnasium gegründet hat. Was er dann bestellt, ist noch nicht ganz klar. «Ich liebe Spaghetti. Aglio, olio e peperoncino oder einfach mit Tomaten. Aber die Pizza Marinara im Santa Lucia ist wirklich auch sehr gut.» 


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