Text: David Schnapp | Fotos: Valeriano Di Domenico

Der Förster und die Hirsche. Zur abgemachten Zeit kommt Felix Holenstein direkt aus dem Wald angefahren, «ich bin eigentlich Revierförster», erklärt der 54-Jährige. Aber Holenstein betreibt auch eine Damhirschzucht in Hittnau im Zürcher Oberland, rund 300 Tiere weiden in verschiedenen Gehegen und auf insgesamt sechs Hektaren Wiesenfläche mit Obst-, Nuss- und Edelkastanienbäumen. Seit rund 20 Jahren leben Holenstein und seine Familie sozusagen Haus an Gehege mit den Hirschen in einer an Wald angrenzenden idyllischen Landschaft. Aber ein Streichelzoo ist die Zucht dennoch nicht.

Mutterkuhhaltung. «Damhirsche sind und bleiben wilde Tiere, und in der Brunftzeit ist es nicht ratsam, sich einem Bock zu nähern, das kann gefährlich werden», erklärt Felix Holenstein. Die Zucht wird nach dem Prinzip der Mutterkuhhaltung geführt, die Kälber bleiben eineinhalb Jahre in der Herde und werden dann auf der Weide von einem Wildhüter geschossen, bevor die nächste Paarungszeit beginnt.

12.06.2022; Hittnau: Gourmethirsch.ch Portrait  Felix Holenstein; Felix Holenstein (L) und Dario Bianchi (R) auf dem Weg zu den Hirschen im Gehege der Zucht von Felix Holenstein. © Valeriano Di Domenico

Herbststimmung im Zürcher Oberland: Züchter Felix Holenstein und Delikatessenhändler Dario Bianchi unterwegs im Damhirsch-Gehege.

«Riesige Nachfrage.» Vermarktet und verkauft wird das magere Fleisch von hervorragender Qualität von Spezialitäten-Händler Bianchi. «Die Nachfrage ist riesig, die insgesamt 40 Tiere, die wir in zwei Lieferungen pro Jahr bekommen, sind in der Regel schon lange im Voraus ausverkauft», sagt Dario Bianchi, der mit seinem Cousin Luca in fünfter Generation Delikatessen-Firma mit dem roten Hummer-Logo leitet. Die Vorzüge des Damhirschfleisches sind dabei offensichtlich: «Die Hirsche brauchen mich eigentlich gar nicht, das sind sehr dankbare Tiere», sagt Felix Holenstein und erklärt: «Sie werden nicht krank, brauchen keine Antibiotika und kein zusätzliches Futter ausser etwas Heu, das wir auf angrenzenden Wiesen für den Winter schneiden.» 

12.06.2022; Hittnau: Gourmethirsch.ch Portrait  Felix Holenstein; Blick auf das Gehege der Hirsche von Felix Holenstein in Hittnau. © Valeriano Di Domenico

Ein Bock und viele Kühe: Felix Holensteins Damhirsch-Herde in Hittnau.

Mehr «bio» geht nicht. Für den Bio-Inspektor, der kürzlich vorbeigekommen sei, gab es nichts zu tun: Eine natürlichere Haltung als jene von Holensteins «Gourmethirsch» ist gar nicht denkbar. Die Damhirsche leben das ganze Jahr auf den ausladenden Wiesen, sie haben Zugang zu frischem Wasser und können sich bei Bedarf in einen überdachten Unterstand zurückziehen. 

12.06.2022; Wetzikon: Gourmethirsch.ch Portrait  Felix Holenstein; Felix Holenstein mit einer Hirschkuh in der Zucht in Wetzikon. © Valeriano Di Domenico

Trotz allem wild: Nur eine einzige Kuh frisst Felix Holenstein aus der Hand.

Zart, mager, gesund. Durch die kurzen Fasern ist das Fleisch des Damhirsches mit jenem von Reh vergleichbar, es ist ausserordentlich zart, fettarm und gesund: Es enthält – buchstäblich von Natur aus – viel Eiweiss, Eisen und Vitamin B2. Im Sinne der Nachhaltigkeit und des Respekts vor dem Tier wird es bei Bianchi auch in «Paketen» verkauft, die nicht nur den Rücken, sondern auch Haxen, Schultern oder Backen enthalten. «Ausserdem produzieren wir in der Firma selber Hirschpfeffer», sagt Dario Bianchi über die geschlossene Verwertungskette des edlen Wildfleisches. 

>> www.bianchi.ch