Fotos: Deborah Pranjes, HO
The Lobster Capital of the World. Die Bildungsreise führt Luca Bianchi zunächst in die Hummer-Hauptstadt der Welt, nach Shediac in New Brunswick. Der Hummer ist hier nicht einfach ein Produkt, er ist Kultur, Identität und Lebensgrundlage zugleich. Die Meerenge vor Shediac zählt zu den besten Fanggebieten weltweit. «Das liegt an den idealen Bedingungen: wärmeres, nährstoffreiches Wasser, stabile Strömungen und eine Meeresbiologie, die für besonders feinfaseriges, süssliches Fleisch sorgt», erklärt Luca Bianchi. Hier lebt der amerikanische Hummer «Homarus americanus». Die Qualität ist überragend und genau deshalb ist dieser Hummer so beliebt bei Köchinnen und Köchen auf der ganzen Welt.
Die ostkanadische Küste vor New Brunswick und Nova Scotia ist ein optimales Revier für den Hummerfang.
Hummerschwänze & Beinfleisch. Bianchi und seine Entourage besuchen auch den langjährigen Lieferanten Pittman Seafoods und dürfen bei ihm hinter die Kulissen schauen. In nur 50 Minuten verarbeiten die rund 150 Mitarbeitenden mit grösster Sorgfalt die Hummer: vom lebenden Tier bis zum küchenfertigen Produkt. Luca Bianchi erkennt viele Produkte wieder, die tagtäglich mit den Bianchi-Lieferwägeli in der Schweiz ausgeliefert werden. Natürlich die Hummer Tails: «Die Hummerschwänze sind unser Hauptprodukt. Sie liefern festes, aromatisches Fleisch und eignen sich sowohl für klassische als auch für moderne Gerichte.» Natürlich kann man auch nur das ausgelöste Fleisch – also den Naked Lobster – haben oder das knackige, zum Frittieren geeignete Fleisch aus den Beinen.
Hummerschwanz! Ein sehr beliebtes Produkt im Bianchi-Sortiment.
Auslösen leicht gemacht, dank eines hochtechnologierten Verfahrens.
Auslöseverfahren ohne Verluste. Der Lieferant zeigt Luca Bianchi auch ein Verfahren, mit dem man Hummerfleisch mit grossem Druck, aber ohne Hitze oder Zusatzstoffe auslösen kann. «Das Verfahren nennt sich Ultra High Pressure – kurz UHP. Der Geschmack bleibt unverfälscht und aromatisch, das Fleisch trocknet nicht aus und man kriegt so die grösste Ausbeute, praktisch ohne Verluste.» Damit die neugierigen Fischexperten durch die intensive Wissensaufnahme nicht plötzlich umkippen, werden sie von Suzanne, der hauseigenen Köchin, mit den frischesten Lobster Rolls überhaupt versorgt.
One in two million: Ein blauer Hummer ist eine unglaubliche Seltenheit.
Dienstreise in den Osten Kanadas: Luca Bianchi besuchte seinen Hummerlieferanten.
Ein blauer Hummer! Frisch gestärkt geht es zum Hafen, wo gerade das Boot eines Hummerfängers einläuft. Alles geht blitzschnell: Die Seemänner laden die vollen Kisten ab und bringen neue Kisten und Köderfutter aufs Boot. Jeder Handgriff sitzt, der ganze Prozess dauert nur wenige Minuten. «The sooner we go, the sooner we get back», ruft einer der Seemänner. Während das Boot wieder ausläuft, wartet schon die nächste Besonderheit. «Robbie, der Hafenchef, hat uns einen besonderen Fund gezeigt. Einen blauen Hummer! Das ist eine unglaubliche Seltenheit, die etwa bei einem von zwei Millionen Hummern auftritt. Die Färbung entsteht durch eine genetische Mutation», weiss Luca Bianchi.
Der Umgang mit Schwierigkeiten. Der Hummerfang bietet aber auch durchaus Herausforderungen. Die Temperatur der Meere steigt und somit verändert sich auch das Verhalten der Hummer. Das Homarus Centre fungiert als Vermittler zwischen den Fischereien und dem Staat, dort wird geforscht und Wissen vermittelt. Die Fischerei in Kanada folgt strengsten Regeln und gilt international als sehr vorbildlich. «Jede Fangzone hat ihre eigene Saison – meist im Frühling oder im Herbst. Durch diese Rotationsstrategie kann sich der Bestand regenerieren, ohne dass wirtschaftlicher Druck entsteht», hat Bianchi gelernt.
Abladen, einladen, auslaufen: Die Hummerfischer verlieren während der Saison keine Zeit.
Hummer-Dinner zum Abschied: im Restaurant Mystic für Luca Bianchi.
Schwierige Preislage. Gefangen werden Hummer mit traditionellen Hummerkörben, den sogenannten Lobster Traps. Diese Methode erlaubt es, kleine Tiere oder trächtige Weibchen wieder zurück ins Meer zu setzen. «Dadurch ist die Fischerei nachhaltig und nicht nur wirtschaftlich tragfähig, sondern auch ökologisch sinnvoll. Zertifizierungen, wie jene des Marine Stewardship Council (MSC), bestätigen das international», sagt Luca Bianchi. Er spricht auch die Preislage an, die sich aktuell schwierig gestaltet – sprich: Hummer wird immer teurer. «Dafür gibt es viele Gründe: wetterbedingte Schwankungen, steigende Betriebskosten, erhöhte Nachfrage – insbesondere in den USA, Europa und Asien.» Wer sich trotzdem Hummer leisten kann und will, kann sich auf den kanadischen Hummer verlassen. «Er ist durchgängig verfügbar, hochwertig verarbeitet und auf höchstem Qualitätsniveau. Und für Köchinnen und Köche, die auf Transparenz, Herkunft und Nachhaltigkeit setzen, ist der kanadische Hummer eine sichere Wahl.»
Vom Pier in die Küche. Die Dienstreise nach Kanada wäre unvollständig, wenn man nicht noch in ein Restaurant einkehren würde, um besagten Hummer auch zu degustieren. «Wir waren im Mystic in Halifax. Unweit des Lokals legen die Fischerboote an und die Fänge kommen – noch zappelnd – vom Pier in die Küche. Die Gäste können beobachten, wie etwa ein ganzer Bluefin Tuna oder frische Hummer zerlegt, verarbeitet und serviert werden», berichtet Bianchi. «Das ist nicht eine Inszenierung, sondern gelebte Frische!»