Text: Daniel Böniger I Fotos: Remy Steiner
Durch und durch herzlich. Ich bin eher zufällig aufs beste Chäschüechli der Schweiz gestossen. Am «Bio-Gmüestag» vor einigen Wochen im Seeland war das, Beat Fasnacht hat dort einen Verpflegungsstand betrieben. Das Chüechli? Mürbeteig und Füllung in perfektem Gleichgewicht, cremig, krümelig und würzig. Und darum reise ich jetzt wieder in genau die Region, um mir anzuschauen, wie die köstliche Spezialität eigentlich zubereitet wird. Gastgeber und Inhaber Fasnacht empfängt mich mit seiner durch und durch herzlichen Art im Restaurant Kantonsschild in Galmiz, das bereits zum Kanton Fribourg gehört. Und stellt mich sogleich seinem ganzen Team vor: «Das ist der Böni, der unser Chäschüechli tranchiert!» Man ist Duzis hier. Nach einem kurzen Kaffee landen wir in der Küche, wo Küchenchef Markus Meyer uns bereits erwartet.
Mehr über den Bio-Gmüestag lesen Sie hier.
Beats feiner Gaumen. Markus und Beat haben die Rezeptur zusammen ausgetüftelt. Immer wieder hat Ersterer ein Chüechli fertiggestellt, Zweiterer hat hineingebissen - und angemeldet, was er anders haben möchte. Mehrere Wochen lang ging dieses Pingpong, etwa vier Jahre ist es inzwischen her. War das nicht manchmal mühsam? «Beat hat halt einen sehr feinen Gaumen, darauf habe ich vertraut - und das Resultat gibt ihm recht», so Küchenchef Markus Meyer in seiner durch und durch ruhigen Art.
Fingerfertig in die Förmchen. Den Teig hat er schon am Vortag zubereitet und in 90 Gramm schwere Bällchen portioniert. Jetzt streut er ein wenig Mehl auf die Arbeitsfläche und plättet die Teiglinge sorgfältig in kreisrunde Platten. Er legt sie in die Förmchen und macht mit den Fingern kunstvoll einen Rand mit regelmässigen Einbuchtungen. Ich probiere, ob ich das auch beherrsche. Markus lobt mich zwar, bessert aber schon noch nach. Schliesslich soll nur das Beste raus zu den Gästen - was im «Kantonsschild» auch bedeutet, dass hier rund 70 Prozent der Zutaten bio sind. Das Lokal hat zwei Bio-Cuisine-«Blüemli».
Muskat kommt in die Käsemischung! Nun geht es an die Füllung, wahrscheinlich der raffinierteste Teil der Rezeptur. Sie basiert auf verschiedenen Käsesorten, die teilweise von einem nahen Bauernbetrieb kommen, der vor einigen Jahren noch Beat Fasnacht gehört hat: der Guglerahof in Giffers: «Eigentlich wollten wir nur Käse von dort verwenden - je einen Teil Gruyère und Fribourger Vacherin. Doch es fehlte ein wenig Würze.» Dank einer guten Portion Appenzeller «fägts» nun genau so, wie Beat es gern mag. «Man kann je nach Gusto auch andere Käse verwenden, davon haben wir in der Schweiz ja genug. Und erst noch von bester Qualität!» Nicht unwesentlich: Maizena, Muskatnuss, Salz und Pfeffer werden mit dem mit der Röstireibe geraffelten Käse vermengt. Markus Meyer hat nämlich festgestellt: «Gibt man die Gewürze in den Guss aus Ei und Vollrahm, bleibt manchmal ein Teil davon am Gefäss kleben. Nicht alle Küchlein schmecken dann gleich.» Wie bei praktisch allen guten Gerichten sind es die kleinen Details, die den Unterschied ausmachen.
Im Winter: Fondueabende. Jetzt kommen die Chäschüechli in den Ofen - eine halbe Stunde Zeit, um ein wenig mit Beat über sein Restaurant zu plaudern. Er hat nämlich selber keine Kochausbildung absolviert, sondern in Wirtsbetrieb seiner Mutter bei Banketts mitserviert. Was beim allerersten Mal gehörig schief ging, wie er sich noch genau erinnert. Die Stichworte: Eine klare Bouillon und ein Kleid mit grossem Ausschnitt am Rücken… Und wieso heisst die Gastwirtschaft eigentlich Kantonsschild? Schon 1735 wurden hier in einer Pinte Gäste bewirtet - früher hat man mit einem Kantonswappen angezeigt, dass Wein, Most und Speisen erhältlich sind. Beat zeigt auch das Kellergewölbe, wo im Winter jeweils Fondueabende stattfinden; die lauschige Terrasse; das Gesundheits- und Wellnesszentrum auf der anderen Strassenseite, das von einer Stiftung betrieben wird, die er ins Leben gerufen hat.
Frisch aus dem Ofen - köstlich! Jetzt kommen die Chäschüechli aus dem Ofen. Herrliche Käseduft verbreitet sich in der Küche. Sie werden mir im Restaurant mit einem kleinen Salat und einem süffigen Glas regionalem Chasselas, «bio natürlich», aufgetischt. So frisch aus dem Ofen schmeckt mir dieses kleine, perfekt gebräunte Kunstwerk noch besser als beim letzten Mal. Tatsächlich sind Mürbeteig und Käsefüllung wie füreinander bestimmt. Würze, Cremigkeit und Käsegoût - alles ist da. So geht Chäschüechli! Es erstaunt mich wenig zu hören, dass Beat - auch jetzt noch - mindestens einmal wöchentlich mit Genuss eines verspeist.