Text: Elsbeth Hobmeier Fotos: Olivier Maire, Valentin Flauraud, HO

Der Jahrgang 2018 ist im Keller. Wie wird er?

Ausgezeichnet! Es war ein gutes, sonnenverwöhntes Jahr. Die Roten zeigen sich sehr elegant und kräftig, die Weissen sind feurig und üppig. Ich bin sehr zufrieden und freue mich auf diesen Jahrgang.

 

Haben Sie in Ihrer Zeit als Önologe jemals ein ähnlich gutes Jahr erlebt?

Vielleicht ist es noch etwas früh für einen aussagekräftigen Vergleich. Aber 2018 erinnert mich an 2011, auch dieses Weinjahr war ideal, vor allem für die Rotweine. Aber auch weisse Spezialitäten wie die Petite Arvine gelangen ausserordentlich gut.

Vendanges et lever de soleil sur le domaine de Tourbillon ce mercredi 26 septembre 2018 a Sion. (VFPIX.COM /Valentin Flauraud)

Traumernte im Wallis: Gute Qualität – und endlich wieder die gewünschte Menge.

Haben Sie von dieser Petite Arvine 2011 noch einige Flaschen im Keller?

Ja, es ist noch ein kleiner Vorrat da. Diese Flaschen verkaufen wir auf Anfrage an Kenner und Liebhaber.

 

Sind von dieser guten 2018er Ernte grössere Qualitäten zu erwarten als in den letzten Jahren? Oder gibt es vielleicht sogar zu viel Wein?

Zu viel ganz sicher nicht (lacht). Sagen wir es so: Es war seit Jahren endlich wieder eine normal grosse Ernte. Denn seit 2012 - ausser 2016 - lagen die Erträge immer unter der Norm, manchmal 10 Prozent, manchmal 20 Prozent. Am schlimmsten war das Frostjahr 2017, das uns 40 Prozent Einbusse bescherte. Wir würden jetzt einige Ernten wie die diesjährige sehr begrüssen, um die Ausfälle wieder aufzuholen.

 

Machte die grosse Hitze dem Weisswein zu schaffen?

Wir sind im Wallis und profitieren von den grossen Temperaturunterschieden zwischen heissen Sonnentagen und kühlen Nächten. Dadurch entwickeln die Trauben speziell viel Aroma. Die Weissen haben keineswegs gelitten, sondern zeigen sich wunderbar fruchtig.

 

Provins produziert ja mehrere Toplinien wie Cru des Domaines, Les Titans, Mémoire du Temps und die berühmte Maître de Chais. Wie selektionieren Sie die Trauben für die einzelnen Weine? Sicher eine schwierige Aufgabe.

Es ist nicht einfach, aber wir haben es im Griff. Provins teilt die Ernte in drei verschiedene Niveaus ein. Einerseits sind da die Domänenweine, die aus den genau umrissenen Weinbergen der jeweiligen Domaine stammen müssen. Für den Maître de Chais sind die Parzellen, die zwischen Fully und Sierre liegen, seit vielen Jahren ausgewählt und bestimmt. Dies garantiert eine gleichbleibende Qualität auf hohem Niveau. Und zum dritten sind da die Trauben unserer Gesellschafter. Wir sind während des ganzen Jahres und vor allem während der Ernte in engem Kontakt. So können wir den Entscheid treffen, wann wo welche Qualität geerntet und angeliefert werden soll. Das sind beste Voraussetzungen.

Maître de Chais ist seit genau 45 Jahren die Visitenkarte des Hauses. Feiern Sie heuer ein Jubiläum?

Zu diesem speziellen Geburtstag wurde auch ein spezieller Auftritt geschaffen: Provins brachte eine goldene Jubiläumsflasche auf den Markt, welche bei Sammlern sehr begehrt ist. Abgefüllt wurde dafür ein Pinot noir Maître de Chais 2016.

 

Madeleine Gay hatte diese Linie gross gemacht. Sie sind Ihr Nachfolger Was machen Sie gleich, was ganz anders?

Ich hatte das Glück, zwölf Jahre an der Seite von Madeleine zu arbeiten. In dieser Zeit habe ich die verschiedenen Terroirs und die Philosophie des Hauses gut kennengelernt. Als ihr Nachfolger sehe ich daher keine Notwendigkeit, viel zu ändern. Die grossen Linien bleiben, es sind kleine Details, die sich ändern. Mich bewegt und fordert die ständige Suche nach noch mehr Eleganz und noch mehr Reinheit.

 

Der Top-Wein Electus und die weisse Schwester Eclat gaben viel zu reden, auch ihres hohen Preises wegen. Finden Sie, es sei der allerbeste Wein von Provins?

Ja, unbedingt. Natürlich ist alles immer eine Frage des persönlichen Geschmacks. Für mich ist  dieser Wein ein Meisterwerk, hinter dem 90 Jahre Erfahrung des Hauses, eine Top-Selektion und vor allem sehr viel Passion steht. Ich finde es schade, dass vielerorts einzig der Preis diskutiert wurde und dabei die ausserordentliche Qualität übersehen wurde.

 

Also sind Electus und Eclat Ihre grossen Lieblinge?

So kann man es nicht sagen, alle unsere Weine sind mir lieb, alle sind meine Kinder, für alle will man das Beste.

 

Welches ist Ihr bevorzugtes Gericht mit Wein?

Ich liebe Austern. Und ich liebe unsere Petite Arvine dazu. Das ist für mich die vollendete Mariage.

 

Zurzeit lanciert Provins den Move red und Move white. Sehr speziell ist die Verpackung dieses Weins - eine Pet-Flasche! Gibt es irgendwann auch ein Maître de Chais in Plastic?

Nein. Die Assemblages in der Pet-Flasche sind für ein bestimmtes Segment gedacht: Zum Mitnehmen an Konzerte und Festivals, wo Glasflaschen verboten sind. Für Wanderer, die nicht schwer tragen wollen. Für Berghütten, welche alle Güter per Helikopter einfliegen müssen. Für die Konsumation im Zug oder sonst für unterwegs. Der Lifestyle ändert sich, wir reagieren darauf.

 

Am 30.11. und 1.12. lädt Provins nach Sion zum Rampenverkauf. Ein Volksfest?

Das wird wie jedes Jahr ein Fest, wir erwarten 6000 Leute. Es ist vor allem ein «moment convivial» für unsere Kunden und Gesellschafter, für Weininteressierte aus der ganzen Schweiz; sie alle nutzen diese Tage der offenen Tür, um unsere Weine und Neuheiten zu degustieren.

 

Welche Überraschungen gibt es dieses Jahr?

Wir präsentieren die neue Linie Les Domaines als Ersatz der bisherigen Crus des Domaines sowie die Les Titanes in einem neuen Auftritt. Beides sind Weine voller Passion und Charakter. Und ganz neu sind unsere Domänenweine Petite Arvine Tourbillon und der Heida Domaine Chapitre.

 

Ihre nächsten Pläne für die Weine von Provins?

Besonders am Herzen liegt mir der biologische Anbau. Wir versuchten es bereits in den 90-er Jahren mit Bio-Wein, aber waren damals wohl zu früh. Zurzeit sammeln wir auf rund 30 Hektaren Bio-Erfahrung. Rebbau mit Respekt vor der Umwelt ist unser Ziel. Die Zertifizierung als Bio-Wein und der entsprechende Hinweis auf dem Etikett kann später erfolgen, je nach Anforderungen des Markts. Uns ist nicht das Label, sondern der Prozess der Bearbeitung wichtig. Das Walliser Terrain ist in dieser Hinsicht alles andere als einfach.

 

Zur Person:

>> Damien Carruzzo, geboren am 8.10.1979, ist seit 2002 als Önologe bei Provins in Sion tätig. Im Jahr 2014 übernahm er von seiner Vorgängerin Madeleine Gay die Leitung des Önologenteams und zeichnet seither für die Weinbereitung der grössten und dynamischsten Winzergenossenschaft der Schweiz verantwortlich.

www.provins.ch