Text: David Moginier I Foto: HO

Die Biodiversität. Zehn Jahre ist es her seit dem Wegzug der Familie Chollet aus dem Château de Montagny auf die Höhen von Aran im Lavaux. Jetzt wird eine Vergrösserung des Kellers nötig, um ein wenig mehr Arbeitsflächen zu gewinnen. Denn hier oben, mit einer verblüffenden Aussicht auf die Reben und den See, ist eine ganze Familie am Werk. Vincent und Valérie Chollet (grosses Bild oben) haben das Weingut im Jahr 2013 übernommen haben. Mama Claire bekocht mit Hilfe der Schwiegertochter immer noch die Erntehelfer, Papa Henri bleibt zuständig für die Kreation der Etiketten, für die Bäume, die mehr und mehr die Rebparzellen bereichern und ist überall zur Stelle, wo Hilfe nötig ist. «Mein Vater hat vor dreissig Jahren hier angefangen, da war noch vieles anders. Mit der heutigen Klimaerwärmung wird die Beschattung der Reben immer wichtiger, um uns für die heisseren und trockeneren Zeiten zu wappnen», sagt Vincent Chollet. Pfirsich-, Mandel- und Olivenbäume finden nach und nach ihren Platz, zu grosse Bäume sind nicht ideal.

 

Die Vielfalt. 20 Rebsorten auf 36 Parzellen auf insgesamt 7 Hektaren - das könnte ein wenig übertrieben wirken. «Das ist ein Erbe meiner Eltern. Sie haben vieles ausprobiert, und einiges mit Erfolg», sagt Vincent. Heute habe er ein gutes Gleichgewicht zwischen den Rebsorten und Terroirs gefunden. Wichtig sei, dass man alle Trauben in optimaler Reife ernten könne, und das möglichst innert zehn Tagen: «Manchmal müssen wir den Pinot gris ein wenig früher und den Cabernet franc und die Mondeuse etwas später nehmen, aber das geht». Bei den Kunden, die sich zu zwei Dritteln aus Privaten und einem Drittel Restaurateuren zusammensetzen, finde jeder Wein seine Liebhaber.

 

Bio seit 2020. Die Domaine Chollet wurde vor einiger Zeit auf den Namen Mermetus umbenannt, um damit Valérie einzubeziehen. Denn die Frau von Vincent stammt ebenfalls von einem Weingut und brachte ihre Parzellen mit, sie betreut die ganze Administration und wächst mehr und mehr in den Betrieb hinein. Seit 2020 ist die gesamte Rebfläche biozertifiziert. «Es war für uns weniger ein Verkaufsargument als eine notwendige Entwicklung, die unserer Philosophie und Ethik entspricht», sagt Vincent. Es entspricht auch den widerstandsfähigeren Rebsorten wie dem Viognier. Etwas delikater ist der Chasselas, der immer noch einen Viertel der Rebfläche belegt. Vincent liebt es, den Chasselas in verschiedenen Versionen zu keltern, anders als seine Kollegen: Als Petnat orange (ein Mousseux naturel aus weissen Trauben, die er auf der Traubenhaut mazerieren lässt), ein sans malo ohne Säureabbau, ein Cryo.

 

Lavaux ist mehr als Chasselas. Henri Chollet begeisterte sich schon immer für die einheimischen Rebsorten. So war er auch an der «Renaissance des Plant Robert» beteiligt, jener Gamay-Spezies aus dem Lavaux, die er auf vier verschiedenen Terroirs pflegt. «Man meint immer, einzig der Chasselas sei das Aushängeschild unserer Region, aber das stimmt nicht», sagt er. Henri macht sich auch für die Rebsorten aus Savoyen stark, etwa den Altesse, diesengeradlinigen und frischen Weissen, oder für die Mondeuse noire, eine solide, gut strukturierte Sorte.

 

Die Cuvées Mermetus. Vincent Chollet hatte sich entschieden, seine besten Cuvées unter dem Namen Mermetus zu lancieren. Diese Weine gibt es nicht jedes Jahr. Aber im 2022 dürfen einige diese Etikette tragen, es gibt einen Pinot noir, einen Nerolo (Kreuzung von Nebbiolo und Gamaret), einen Diolinoir sowie drei Petnats aus diesem guten Jahrgang.

 

Das liegt im Keller: Weiss: Non-filtré, drei verschiedene Chasselas, Chardonnay, Viognier, Pinot blanc, Pinot gris, Sylvaner, Altesse, Gewürztraminer, drei Petnat, ein Vin orange nature. Rosé: Vin de treille. Rot: Gamay, zwei Pinot noir, vier Plant Robert, Mondeuse, zwei Merlot (davon ein Nature), Cabernet franc, Nerolo, Diolinoir, Syrah, Mara. Ein Süsswein.

 

Coup de Coeur: L’Essence lémanique 2022, ein Viognier «mit einer unglaublichen Fülle und Frische, ein verführerischer, festlicher, warmer Wein, von dem man sich gerne ein zweites Glas einschenkt.»

 

Das passt zusammen: «Valérie und ich bereiten für uns gerne ein Felchen-Ceviche mit einer Spur von Zitrusfrüchten zu. Dazu passt perfekt eine Bouteille de derrière les Fagots 2021. Ein Wein von hundertjährigen Sylvaner-Reben, mit struktierierten Bitternoten und schöner Frische, der diesen rohen Fisch wunderbar ergänzt.»

 

Drei GaultMillau-Chefs mit Chollet-Weinen: Stéphane Décotterd, Maison Décotterd in Glion (18 Punkte); Michael Rochat, Ô Bistro de Lavaux in La Conversion (14 Punkte); Yohann Gsponer, Tout un Monde in Grandvaux (15 Punkte).