Darf man heutzutage überhaupt noch Weine verschenken?
Absolut. Allerdings sollte man sich vorher informieren, ob der Beschenkte überhaupt Wein trinkt, vor allem wenn es ein Geschäftspartner und kein naher Freund ist.
Fährt man besser mit Rot- oder Weisswein?
Rotweine sind schon eher ein sicherer Wert. Der Durchschnittspreis ist höher, für viele Konsumenten sind sie deshalb wertiger. Wer sich allerdings bei Weissweinen auskennt, weiss, dass es da sehr exklusive Abfüllungen gibt. Wenn jemand eine Affinität dazu hat, bieten sich ausgewählte weisse Burgunder tatsächlich auch an.
Gibt es Weine, die allen Geniessern gefallen?
Everybodys Darling gibt es leider nicht. Manche mögen eher würzigen Pinot Noir, andere weichen Merlot. Da geht’s erneut darum, wen man beschenkt. Ein mehrheitsfähiger Wein? Der hat wohl eine mässige Säure, ist fruchtbetont, nicht allzu wuchtig. Also Pinot im Rotweinbereich. Oder Chardonnay bei den Weissweinen. Oder dann Rosé…
Rosé schenken in der Adventszeit – im Ernst, jetzt?
Ich bin da ein wenig voreingenommen. Wir haben ja den «Ultimate Provence» in unserem Sortiment. Und das Selbstverständnis dieses Produzenten ist tatsächlich, dass man nicht nur ein Sommergetränk keltert, sondern einen Wein für alle Jahreszeiten. Ein Glas davon sieht nur schon farblich super aus an der Schneebar!

Winterwein – perfekt auch auf der Schneebar: «Ultimate Provence».
Soll man Entdeckungen oder bekannte Prestigeweine schenken?
Im geschäftlichen Umfeld würde ich zu einer Etikette greifen, die man kennt. Bei einem guten Freund muss das nicht sein. Wir vertreiben zum Beispiel Pauillac de Lynch–Bages. Der Wein profitiert von den Anbaumethoden und der gleichen Sorgfalt bei der Weinbereitung wie die grossen Brüder Echo de Lynch-Bages und Château Lynch-Bages. Im privaten Rahmen kann man beim Überreichen ja erzählen, dass dieser Wein einem gut gefallen hat. Man teilt gewissermassen seine Freude daran.
Stichwort Storytelling: Kommt es gut an, wenn man bei der Übergabe zum Beispiel vom Besuch auf dem Weingut erzählen kann.
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass allzu lange Vorträge über einen Wein eher abstossend wirken. Zutexten sollte man niemanden. Die Story sollte so kurz sein, dass man sie zwei Monate später beim Entkorken am Tisch noch weiss. Ein Beispiel? Du magst «Aalto» und «Hacienda Monasterio» – probier doch mal den «Preludio»der Bodegas Sei Solo, das ist der nächste Überflieger aus dem Ribera del Duero.
Haben Sie noch einen Geschenktipp?
Im Freundeskreis könnte man statt einer teuren Einzelflasche ja auch mal einen Sechserkarton von seinem Lieblingswein für alle Tage verschenken. Dann hat der oder die Beschenkte gleich sechsmal Freude… Mir ist das mal passiert, und es ist mir im Gedächtnis geblieben. Weil das Geschenk so grosszügig gewirkt hat!
Wie steht es um Magnum-Flaschen?
Da denkt man viel zu selten daran, obwohl es eigentlich immer eine gute Idee ist! Ich kenne kein Weingut, das den schlechtesten Wein in Grossformate füllt – viel eher ist das Gegenteil der Fall. Die meisten Weingüter füllen oft ihre besten Weine in Grossformate ab – sie stehen für erstklassige Weinqualität. Kommt hinzu, dass Weine in der grossen Flasche sehr gut reifen und weniger empfindlich sind auf Temperaturschwankungen. Nicht zuletzt ist bei Magnums auch das Zeitfenster grösser, in dem sie den grössten Genuss bieten. Man überlegt sich da ja meist auch, bei welcher speziellen Gelegenheit man den Wein für seine Gäste entkorken möchte.

Soll man beim Schenken viele Worte über das Weingut, hier die Bodegas Sei Solo, verlieren?
A Propos, sollten die Weine genussreif sein? Oder darf ich auch noch junge, lagerfähige Weine unter den Weihnachtsbaum legen?
Einmal mehr ist da entscheidend, wer die oder der Beschenkte ist. Wer sich auskennt, mag auch mal ein, zwei Jahre auf den Genuss einer besonderen Flasche warten. 80 Prozent ist aber wahrscheinlich weniger bewandert und möchte den Wein schneller trinken. Wenn auch nicht am gleichen Abend zusammen mit dem Schenkenden – es soll ja ein Geschenk sein. (Lacht.)
Wie steht es um alkoholfreien Wein?
Das geht inzwischen viel besser als auch schon. Wir haben einige gute Tropfen im Sparkling-Bereich, etwa den Cava von «Villa Conchi 0.0 %», den kann man schon an eine Weihnachtsfeier mitnehmen. Und auch die Weissweine ohne Alkohol werden zunehmend besser.
Heute googelt doch jeder den Preis einer Flasche, die er beschenkt bekommt.
Das kann man heute wohl kaum verhindern, aber so schlimm ist das nicht. Ist eine schöne handgeschriebene Karte dabei, handelt es sich trotzdem um ein gelungenes Geschenk. Und es gibt auch immer Weine von kleineren Weingütern, die bei Google nicht auf den ersten zwei, drei Seiten auftauchen.
Und wie wäre es mit Champagner? Wie weiss ich als Laie, was gut ist?
Man kann bei Champagner – ausser jemand trinkt gar keinen – fast nichts falsch machen. Wer sich an eines der rund dreissig grossen Champagnerhäuser hält und einen «Brut» schenkt, wird fast immer etwas Gutes im Glas haben. Vielleicht gibt es ja sogar eine Magnum davon? Mir persönlich gefällt zum Beispiel Bollinger, auch wenn der bei uns nicht im Sortiment ist.
>> Boris Brandt ist Leiter Verkauf & Marketing bei «Casa del Vino». www.casadelvino.ch

