Text: Elsbeth Hobmeier Fotos: Hans-Peter Siffert

Was lange reift, wird gut. Zwei Weingüter, kaum fünf Kilometer voneinander entfernt. Beide renommiert, beide von der Elterngeneration traditionell geführt. Hier die Tochter Sabine Steiner, dort der Sohn Andreas Krebs, die mit den Reben aufwachsen, sich in der Welt des Weins ausbilden und dann in die Fussstapfen der Eltern treten. Sie kennen sich schon als Jugendliche, werden ein Paar, gründen eine Familie und haben zwei kleine Töchter. Die beiden Familienbetriebe allerdings führen sie zunächst getrennt. Seit gut einem Jahr ist das anders, das Weingut Krebs&Steiner ist jetzt Fakt. «Die Zusammenlegung musste reifen», sagt Sabine Steiner, «aus Respekt vor unseren Eltern und unseren langjährigen Kunden». «Der Prozess war anstrengend, aber jetzt dreht das Rad», sagt Andreas Krebs. Unten in Wingreis bei Twann ist die ganze Produktion angesiedelt, hier werden beim Läset die Trauben angeliefert und der Wein gekeltert. Oben in Schernelz ob Ligerz - mit einer wunderbaren Sicht über den Bielersee - werden die Kunden empfangen, wird degustiert und verkauft. «Das alles gibt mehr Spielraum und eine bessere Auslastung der Einrichtungen“, freuen sie sich.

 

Zwei Linien, zwei Weinstile. Eine Degustation im Weingut Krebs&Steiner ist faszinierend. Wohl nirgends sonst kann man dieselbe Traubensorte in derart unterschiedlichen Stilen unter einem Dach verkosten. Zum Beispiel der Sauvignon blanc, eine Traube, die an den kalkreichen Hängen über dem Bielersee hervorragend reift: Bei Steiner ist er frisch, fruchtig, rund, bei Krebs zeigt er sich mineralisch und erdig. Und als Lagenwein Summerrode offenbart er eine saftige Struktur und erinnert an den Sancerre von der Loire. Ähnliche Unterschiede auch beim Pinot gris, der bei Steiner als frischer Apérowein punktet, bei Krebs dagegen kräftig und als idealer Begleiter zu Fisch oder hellem Fleisch auftritt. Die grösste Bandbreite findet man beim Pinot noir: neben zwei eher süffigen Varianten brillieren die komplexen, klassischen «Alte Reben» als Flaggschiff von Krebs; der «Tribolettes» und der «Buurehöf» sind die herrlich gereiften Aushängeschilder von Steiner. Sie spiegeln die Begeisterung der beiden Winzer für den burgundischen Stil, «die Burgundersorten Pinot noir, Pinot gris, Sauvignon blanc und Chardonnay zeigen bei uns ein grosses Potenzial», wissen sie.  

 

Ein super Weinjahr. Vom 2019er Jahrgang sind Sabine Steiner und Andreas Krebs hell begeistert: «Ein super Jahr punkto Frische, Frucht, Aromatik und Struktur - einfach top», schwärmen sie. Elf Hektar Rebberge haben sie zusammengelegt, «das reicht, das schaffen wir», zusammen mit dem Önologen Marco Menke, der seit 15 Jahren mitarbeitet. Gemeinsam wollen sie ihre Weine noch weiterbringen, noch filigraner, noch strukturierter machen. Das heisst: viel diskutieren, viel degustieren, auf einer soliden Basis von Erfahrung und Tradition immer offen bleiben für Neues. «Auch in Zukunft soll jeder von uns seinen eigenen Stil pflegen», sind sie sich einig. Der Erfolg gibt ihnen recht - den beiden Weinfreaks, deren Güter beide zu den 125 Besten von Gault-Millau zählen und auch beide Mitglied der renommierten Vereinigung Mémoire des Vins Suisses sind.    

 

Das liegt im Keller: Weiss: Chasselas/Gutedel, Müller-Thurgau, Pinot Gris, Sauvignon blanc, Chardonnay. Rot: Blanc de Noir/Oeil de Perdrix, Pinot noir, Malbec, Syrah, dazu mehrere Lagenweine wie Clos à l’Abbé, Summerrode und Tribolettes.  

 

«Coup de Coeur»: Sabine Steiner liebt den Chasselas Clos à l’Abbé, weil er so mineralisch ist. Und Andreas Krebs ist begeistert vom noch jungen Pinot noir 2019, «der ist genau auf den Punkt gebracht und so schön und ehrlich wie schon lange nicht mehr».

 

Das passt dazu: Zum Chasselas lieben die beiden einen Fisch aus dem Bielersee. Und den Pinot noir servieren sie schön kühl zu einem Wurst-Käse-Plättli.

 

Drei Gault-Millau-Chefs mit Steiner- und Krebs-Weinen: Marc Joshua Engel im benachbarten «Aux trois Amis» in Schernelz (14 Punkte), Kurt Mösching in der «Sonne» Scheunenberg (17 Punkte), Silvia Manser in der «Truube» Gais (16 Punkte).

 

>> www.weingut-krebs.ch, www.schernelz-village.ch