Wetli Brothers. Vier Brüder! Man ist versucht, an die Dalton Brothers aus «Lucky Luke» zu denken. Allerdings sind Kaspar, Matthias, Florian und Adrian Wetli alle etwa gleich gross. Auch der Vergleich mit den Marx Brothers hinkt, denn die Wetlis sind keine Komiker, sondern haben den überaus ernsten Auftrag, eines der grössten Weingüter des Kantons St. Gallen auf Kurs zu halten. Sie sind höchstwahrscheinlich weltweit das einzige Geschwisterquartett, das zusammen ein Weingut führt. Dabei sind die Verantwortlichkeiten klar zugeteilt: Kaspar jr. (JG 1984) ist Önologe und Kellermeister, Matthias (JG 1986) organisiert den Verkauf, Florian (JG 1988) besorgt die Administration, und Adrian (JG 1992) schaut als Rebmeister fürs Grüne. Zusammen haben sie 2022 das Gut übernommen, dessen Geschicke zuvor vom Winzer-Urgestein Kaspar Wetli sr. alias «Chäp» und seiner Frau Susanne gelenkt wurden. Die Qualität überzeugt: Die GaultMillau-Weinjury zeichnet die Wetli-Brothers als «Rookie des Jahres» aus.
Appezöller Wii. Wetlis haben dem Ertrag ihrer 18 Hektaren Reben eine klare Struktur gegeben. «6tus» ist die Paradelinie des Guts. «So haben wir alle den Wein gern», sagt Matthias dazu. Der Name steht für den sechsten Sinn, den die Brüder dem Önologen Kaspar zuschreiben. «Invinitus» ist die neue Basislinie, die nicht nur Pinot Noir (hier Spätburgunder genannt), Chardonnay oder Merlot bietet, sondern auch Johanniter, Muscaris und Donauriesling. Und dann ist da noch die Appenzeller Linie. Ja, auch im Kanton Appenzell stehen Reben. Nicht am Abhang des Säntis, sondern in Wienacht-Tobel (AR) mit Blick auf den Bodensee und in Oberegg (AI). Spitze dieser Linie - und des Guts überhaupt - ist der Malbec. In Kleinmenge geerntet, in Amarone-Manier luftgetrocknet und in Appenzeller Eiche ausgebaut ist er einer der gesuchtesten und, soweit wir sehen, der hochpreisigste Wein des Kantons St. Gallen. Wer davon haben will, kommt auf die Warteliste.
Die «Rookies des Jahres 2026»: Florian, Matthias, Adrian und Kaspar Wetli (v.l.).
Neues in Sicht. Die junge Generation ist am Ruder - was bleibt, was kommt? Natürlich wird man Bewährtes nicht über Bord kippen. Aber die Moderne ist längst auf dem Betrieb angekommen. Die Digitalisierung ist fortgeschritten, die Arbeit mit Drohnen beim Pflanzenschutz schon länger ein Thema. Beim Sortenspiegel ist man hier ohnehin offen und experimentierfreudig, seit in den 90er Jahren die Wahl der Rebsorten behördlich freigegeben wurde. Als Mitglied der Vereinigung «Fair'n Green» sind Wetlis auch der Nachhaltigkeit verpflichtet. Einem anderen Trend trägt man mit alkoholfreien oder alkoholarmen Kreationen Rechnung, wobei das Entalkoholisieren von fertig vergorenem Wein kein Thema ist. Dem Geschmack jüngerer Kundschaft kommt das Rosé-Traubenschorle im 2,75 dl-Fläschchen entgegen. Der Schnelllebigkeit unserer Zeit kommt die Linie «Novità» entgegen. Sie ist für jene gedacht, die gerne fragen: «Und, was habt ihr Neues?»