Interview: Elsbeth Hobmeier | Foto: Hans-Peter Siffert

Bucaneve von der Cantina Giubiasco gilt als der meistgetrunkene weisse Merlot der Schweiz. Was macht ihn so besonders?

Das war mir nicht bewusst, aber das Label ist sehr bekannt und wurde in letzter Zeit durch Rotwein, Schaumwein und jetzt auch durch einen neuen Rosé erweitert. Er ist gut aufgemacht, der Preis stimmt, der Geschmack ist attraktiv, mit einer leichten Restsüsse. Und der Wein hat auch eine super Distribution.

 

Wenn der weisse Merlot derart beliebt ist – läuft er irgendwann dem roten Merlot den Rang ab?

Warum nicht? Es wird schweizweit ja mehr weisser als roter Wein produziert und konsumiert. Schweizer Weisswein wird zwar nicht gerade im Tessin, aber generell immer beliebter und befindet sich seit zwei Jahren im Aufschwung. Ich denke, dass der Anteil an Merlot Bianco noch wachsen kann, aber der rote Merlot wird wohl immer stärker gefragt sein.

 

Merlot bleibt der Keyplayer im Tessiner Rebbau. Mit oder ohne Barrique – was entspricht ihm besser?

Es gibt natürlich guten Tessiner Merlot aus allen möglichen Ausbaumethoden – Stahltank, grosses Holz, Barrique. Das kommt immer auf den Weinstil an, den der Winzer produzieren will. Aber die komplexen, langlebigen Tessiner Merlots profitieren sicher vom Ausbau im Barrique.

 

Gibt es andere Weinsorten aus dem Tessin, die man mal kennenlernen müsste?

Das Tessin ist punkto Weinbau relativ klein. Ticinowein.ch listet 96 Produzenten und 280 Weine auf; den grössten Anteil besetzen Merlot und Merlot Bianco. Diese Region ist also nicht gerade ein Eldorado für Neuentdeckungen. Aber klar, es gibt auch guten Chardonnay oder Spezialitäten aus Uva Americana und pilzwiderstandsfähigen Sorten wie den PiWi.

 

Rosé liegt zurzeit stark im Trend. Setzt Coop auch auf Tessiner Rosato?

Der ist immer noch recht rar. Auf coop.ch finden sich bis jetzt einzig drei Angebote.

 

Der Vinattieri Rosso zählt zu den teuersten Weinen der Schweiz und wird mit den grossen Merlots der Welt verglichen. Coop führt ihn im Sortiment. Ist er seinen Preis wert?

Der Wein ist tatsächlich sehr gut und kann mit Top-Merlots aus anderen Ländern bestens mithalten. Das mit den Preisen ist immer so eine Sache: Ab einem gewissen Preis geht es nicht mehr nur um Qualität, sondern es spielen auch Angebot und Nachfrage mit. Für einen Top-Merlot finde ich den Vinattieri nicht zu teuer.

 

Die Tessiner Rebberge teilen sich grob gesehen auf in Sottoceneri und Sopraceneri. Die Unterschiede?

Der Monte Ceneri unterteilt das Tessin in zwei geografische Zonen. Sie sind sehr unterschiedlich hinsichtlich Boden, Gelände und auch Klima, was sich natürlich auf den Weinbau auswirkt. Im nördlichen Sopraceneri, das stark vom nahen Alpenmassiv geprägt ist, finden sich mehrheitlich leichte, sandig-steinige, wasserdurchlässige Böden aus Granit und Gneis. Im südlichen Sottoceneri dagegen sind es schwerere Kalk- und Lehmböden. Natürlich unterscheiden sich die Terroirs, aber allgemein betrachtet zeichnen sich die Weine des Sopraceneri eher durch Struktur und Charakter aus und diejenigen des Sottoceneri durch Volumen und Schmelz. Das Klima ist jedoch ziemlich unberechenbar, es beschert dem Tessin neben rekordhohen Sonnenstundenwerten auch heftige und ausgiebige Niederschläge, die von Hagel und starken Gewittern begleitet sein können. Zahlreiche Mikro- und Mesoklimata beeinflussen zudem den Charakter und den Reifungsprozess der Trauben. Es hängt also vieles vom einzelnen Winzer ab, der im Rebberg und im Keller die Richtung und den Stil seines Weins mitbestimmt.

 

Ist Bio im Tessin ein Thema?

Das Tessin hat nur wenige Bio-Rebflächen. Die oft ausgiebigen Regengüsse vertragen sich schlecht mit der Hauptsorte Merlot und einer biologischen Anbaumethode. Eine Alternative zu Merlot wären pilzresistente Traubensorten, aber die sind im Moment nicht allzu bekannt und entsprechend wenig gefragt bei den Konsumenten.