Text: Elsbeth Hobmeier I Fotos: Monika Flueckiger

Eine Schatzkiste. Das Weinhaus Hammel - Terre des Vins besitzt mit seinen Weingütern einen wahren Schatz. Unter seinem Dach oder besser in seinem Keller in Rolle VD ist eine der besten Kollektionen von Schweizer Weinen versammelt. Clos de la George und L’Ovaille in Yvorne, Domaine du Montet in Bex, Domaine de Crochet in Mont-sur-Rolle, Clos du Châtelard in Villeneuve - das sind nur einige der Ikonen an der La Côte, im Lavaux und Chablais. Die Weine von insgesamt 15 Domänen werden von Hammel vinifiziert und gekeltert, acht davon sind im eigenen Besitz, die andern seit Jahrzehnten für die Bewirtschaftung oder die Weinbereitung anvertraut. Allen gemeinsam ist die hohe Qualität der Weine, sie gehören zum Besten, was die Schweiz hervorbringt. Zu verdanken ist dies vor allem der Persönlichkeit von Charles Rolaz. Vor 30 Jahren ist der studierte Anwalt in die Firma seiner Familie eingestiegen, heute leitet er das Haus Hammel in vierter Generation. Und prägt dessen Zukunft mit seinen önologischen Ansprüchen an die absolute Top-Qualität. 

Yvorne, 17.11.2022; Charles Rolaz, EigentŸmer und …nologe Maison Hammel. Weingut L'Ovaille Yvorne. Foto Monika Flueckiger

L’Ovaille heisst in etwa «die Katastrophe», was sich auf einen Bergsturz vor einigen Jahrhunderten bezieht. Der Chasselas von hier ist ganz grosse Klasse.
 

Terroir und Vision. Wir stehen mit Charles Rolaz in den Reben des Clos de la George bei Yvorne. Es ist extrem steil hier, die Hänge sind terrassiert, die Lage mit Sicht auf die Dents du Midi hervorragend. Diese Böden sind seit altersher ideal für den Chasselas, der sich hier Premier Grand Cru nennen darf. Wir verkosten den 2021er, ein wunderbarer, komplexer, tiefgründiger Wein. «Ich liebe dieses Terroir, es verleiht dem Chasselas eine einzigartige Mineralität. Für mich ist das Chablais der Archetyp, der Massstab für diese Sorte», sagt Rolaz. Und überrascht mit dieser Aussage: «Dieser Wein altert bestens, er wird auch in zehn Jahren noch gut, ja womöglich gar noch besser sein.» Landläufig ist man in der Schweiz immer noch der Ansicht, dass man einen Chasselas möglichst schnell trinken und ihn ja nicht im Keller vergessen sollte. «Das ist nicht generell so, ein Wein aus alten Reben wie dieser hier gewinnt mit einer gewissen Reifung noch», bekräftigt er. Trotzdem beweist Charles Rolaz seit vielen Jahren, dass auf diesem traditionellen Chasselas-Terroir auch andere Rebsorten beste Ergebnisse bringen können. Der Chardonnay Clos de la George zeigt burgundische Grösse im Meursault-Stil. Der Syrah, der hier bereits in den 90er Jahren gepflanzt wurde, zählt zu den ersten und besten im Waadtland. Und auch die erst fünfjährigen Malbec-Reben sind ein Erfolg und überzeugen als schöne Malbec-Merlot-Cuvée. Vor kurzem hat Rolaz in diesem Clos auch die hierzulande seltenen Sorten Roussanne und Altesse angepflanzt. «Ich bin begeistert vom Altesse, den wir seit fünfzehn Jahren als erste Winzer für das Château de Trévelin in der La Côte pflegen. Er ist frisch, etwas exotisch. Und eignet sich mit seiner guten Säure auch als Grundlage für einen Schaumwein.» 

Yvorne, 17.11.2022; Charles Rolaz, EigentŸmer und …nologe Maison Hammel. Weingut Clos de la George. Foto Monika Flueckiger

Aus 35 Rebsorten macht Charles Rolaz auch hervorragende rote Assemblage.

Yvorne, 17.11.2022; Charles Rolaz, EigentŸmer und …nologe Maison Hammel. Weingut Clos de la George. Foto Monika Flueckiger

Degustation im kleinen Winzerhaus im Rebberg von Clos de la George.

Yvorne, 17.11.2022; Charles Rolaz, EigentŸmer und …nologe Maison Hammel. Weingut Clos de la George. Foto Monika Flueckiger

«Dieser Chasselas wird in zehn Jahren noch gut, womöglich noch besser sein», sagt Charles Rolaz.

Lieber kleiner und feiner. Charles Rolaz ist ein Vorreiter im Schweizer Weinbau für Lagenweine, aber auch für Assemblagen. Rekordverdächtige 35 Rebsorten wachsen auf den insgesamt 160 Hektaren Rebland, die Hammel bearbeitet. Einst waren es gegen 350 Hektaren und damit zählte das Haus zu den grössten Weinproduzenten der Schweiz. «Wir haben uns bewusst verkleinert», sagt er, «wir wollen nicht grösser, sondern immer noch besser werden». Er stelle höchste Ansprüche an die Qualität eines jeden Weins, den er abfülle. Das gelte nicht nur für die eigenen Weingüter, sondern auch für die ihm anvertrauten Châteaux und Clos, die Hammel im Auftrag von Privaten betreut. «Man darf die Zukunft nicht verschlafen», ist er überzeugt. Und investiert daher in den Keller, den Rebbau, die Abfüllung. Bereits seit 2006 wird ein Teil der Rebberge nach biodynamischen Regeln bewirtschaftet, überall wo es möglich ist, wird auf Herbizide verzichtet. Die Domaine de la Bolliattaz im Lavaux ist Demeter-zertifiziert, weitere Güter sind am Umstellen. 

Charakterweine. «Unsere Weine sollen ihren ganz eigenen, für die Anbaugegend typischen Charakter zeigen», nennt Charles Rolaz als Ziel. So wie der Premier-Grand-Cru-Chasselas von L’Ovaille oberhalb von Yvorne, der teilweise in Amphoren ausgebaut wird. Oder wie der weisse «Taranis» von der Domaine du Montet in Bex, dessen Jahrgang 2012 beim diesjährigen Swiss Wine Vintage Award zu den Siegern gehörte. Und der Pinor noir barrique von Clos du Châtelard 2020, der von Decanter zu den besten Pinots der Welt gezählt wird. Nicht zu vergessen der wunderschön strukturierte Garanoir von Château de Vuilllerens bei Morges, die Assemblage Quatuor 2019 aus Merlot, Cabernet sauvignon, Cabernet franc und Syrah im Bordeaux-Stil sowie die Cuvée Charles Auguste der Domaine de Crochet. Charles Rolaz: «Jede Flasche, die wir abfüllen, soll qualitativ top sein».   

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