Text: Elsbeth Hobmeier Fotos: Katja Lehner-Grossi

Die Geschichte erforschen. Louis-Philippe Burgat, der Herr über das traumhaft oberhalb des Neuenburgersees gelegenen Weinguts Caves de Chambleau, erforscht begeistert die Geschichte der Region. Die Fakten, die er dort entdeckt, fliessen öfters mal ein in seine Weine. Nehmen wir zum Beispiel den Chasselas Blanche-Loye, der lange auf der Hefe im grossen Holzfass reift und erst nach drei bis vier Jahren trinkbereit ist. «In Zusammenarbeit mit dem Musée de la Vigne haben wir gesehen, dass man früher die Weine sehr viel länger reifen liess. Den Blanche-Loye machen wir nach dieser alten Art und gönnen ihm viel Zeit - zurzeit ist erst der Jahrgang 2018 im Verkauf», erklärt Burgat. Der Wein gewann denn auch den Swiss Wine Vintage Award 2020, zusammen mit dem Pinot noir Pur Sang, dem Flaggschiff des Hauses mit seinen betörenden Aromen, seiner Eleganz und dem grossen Reifepotenzial. Gar eine 3000-jährige Geschichte steht hinter «Dolmen», dessen erste Abfüllung von nur 600 Flaschen im Juni lanciert wird. Die Chasselas-Trauben wachsen unten am Seeufer auf einer Parzelle, in welcher viele Dolmen entdeckt wurden, diese Steintische aus dem Neolithikum, die auf eine Besiedlung in der Jungsteinzeit deuten. «Ein Mazerationswein aus alten Reben, den wir in alter Technik im Orange-Style ausbauen», stellt Burgat seine neuste Kreation vor. 

 

Kunst an der Flasche: Fleury & Armleder. Ein aufsehenerregendes Kunstprojekt startete Burgat in Zusammenarbeit mit Hotelier Thomas Maechler (La Réserve Eden au Lac Zürich) und dem Galeristen Stefano Pult: Die Kunstedition Zurich-Neuchâtel Art-Express, aus Gamarettrauben von alten Rebstöcken mit von renommierten Künstlern geschaffenen Etiketten. Der Jahrgang 2014 wurde mit einer monochromen bordeauxroten Etikette von Olivier Mosset lanciert, Der 2015er mit flauschig-farbigem Fell-Label von Sylvie Fleury und der 2016er mit einem Spiegeletikett von John M. Armleder. In Vorbereitung ist die Edition 2017 - von wem sie gestaltet wird, bleibt noch Geheimnis.

 

Die Zukunft gehört Charlotte. Seit einiger Zeit wurden die Chambleau-Rebberge auf die biologische Bearbeitung umgestellt, mit dem Jahrgang 2020 dürfen sämtliche Flaschen das Bio-Suisse-Label tragen. Und auch die Zukunft des prächtigen Weinguts scheint gesichert: «In rund fünf Jahren wird unsere Tochter Charlotte die Leitung übernehmen», freut sich Louis-Philippe Burgat. Während die jüngere Tochter Pénélope ihre Zukunft eher in Richtung Mode sieht, entschied sich die heute 25-jährige Charlotte für eine Winzerlehre und eine Önologenausbildung. Sie ist zurzeit auf dem Weingut Château de Praz am Murtensee tätig, aber plant bereits mit ihrem Vater mit. «Sie degustiert sehr gut, und ihre Inputs sind sehr wichtig für mich», betont er. Eines hat Charlotte jedoch schon jetzt klar gemacht: Sie möchte ihren Namen später nicht mehr auf einem Etikett haben. Die Pinot noir Cuvée Charlotte wird daher neu La Bovarde heissen, wie die Parzelle, auf der dieser elegante, tiefgründige Wein gewachsen ist.  

  

Das liegt im Keller: Weiss: Chasselas Chambleau blanc, Chasselas Non Filtré, Chasselas Blanche-Loye, Gewürztraminer, Solaris La Sauvageonne, Chardonnay; Rosé: Oeil-de-Perdrix; Rot: Pinot noir classique, Pinot noir Cuvée Charlotte, Pinot noir Pur Sang, Métissage Cuvée Pénélope (Gamaret, Garanoir), Zurich-Neuchâtel Art-Express (Gamaret), L’Audacieux (Divico). Süss: L’Enfant Sauvage (Solaris), Quintessence (Gewürztraminer). Marc (9 Jahre im Barrique).

 

Coup de Coeur: Pinot noir La Gavotte  - «das heisst die Verrückte, der Name passt zu diesem  sehr speziellen Wein», sagt Louis-Philippe Burgat. Er stammt aus einer einzelnen, sehr gut geschützten Parzelle, vinifiziert wurden die ganzen Trauben mit Stiel, der Wein reifte ein Jahr lang im Barrique.

 

Das passt zusammen: Ein zartes Carrée d’Agneau, schön saignant gebraten, zur La Gavotte, «mmmh fein».

 

Drei GaultMillau-Chefs mit Chambleau-Weinen: Franck Giovannini im Hôtel de Ville in Crissier (19 Punkte), Pierrot Ayer im Le Pérolles in Fribourg (17 Punkte), Pierrick Suter im Hôtel de la Gare in Lucens (17 Punkte).