Text: Elsbeth Hobmeier Fotos: Marcus Gyger

Rimuss, das Kultgetränk. Wohl jeder Schweizer durfte in seiner Jugend an Festtagen mit «Kinderchampagner» anstossen. Mit Rimuss, dem alkoholfreien Schaumwein aus Traubensaft, dem Kultgetränk aus Schaffhausen. Schulden und ein Betrugsfall trieben die Kellerei Rahm an den Rand des Ruins. Sie wäre wohl untergegangen, wenn nicht Andrea Davaz zugegriffen hätte. «Rimuss ist eine Perle. Und Rahm als grösste Weinkellerei in Schaffhausen für die Region und die zuliefernden Rebbauern sehr wichtig», erklärt Davaz diesen grossen Schritt. Es war gleichsam ein Schritt zurück zu seinen Wurzeln, hatte er doch vor fast 40 Jahren hier seine Lehre als Weinküfer absolviert und später als Önologe den Betrieb geleitet, bevor er dann das elterliche Weingut in Fläsch übernahm. Jetzt sind dort bereits einige seiner sechs Kinder eingestiegen, was dem Vater erlaubt, jede Woche mehrere Tage in Schaffhausen zu sein. «Die Herausforderung reizte mich, den Betrieb unter dem Namen Rimuss & Strada Wein AG wieder auf Kurs zu bringen», sagt er. Mit diesem Ziel hat er als VR-Präsident diesen Frühling auch die operative Führung des Unternehmens übernommen.

 

Das grosse Aufräumen. Wie bringt man eine solch angeschlagene Firma wieder auf Kurs? Andrea Davaz hat zu ungewöhnlichen Massnahmen gegriffen und die Personalkosten um 20 Prozent gesenkt, «ohne Lohnreduktion, aber mit einer um 1,5 Stunden erhöhten Wochenarbeitszeit», wie er betont. Unrentables wurde fallengelassen, Kosten wurden analysiert. «Das führt zu kurzfristigen Umsatzeinbussen, doch es rechnet sich auf längere Sicht», ist er überzeugt. Dass diese Massnahmen von den Mitarbeitenden motiviert und überzeugt mitgetragen werden, freue ihn ganz besonders.

Mit Schaumwein in die Zukunft. Rimuss, der Alkoholfreie, bleibt mit rund 60 Prozent des Umsatzes sicher vorläufig das Hauptgeschäft. Neu hat Davaz dieses Jahr den weit weniger süssen Rimuss fresh lanciert, «die Verkaufszahlen sind über den Erwartungen», sagt er. Das gleiche gilt für den ebenfalls alkoholfreien, trockenen Rimuss Secco Bianco mit leicht veränderter  Rezeptur. Doch Davaz als erfolgreicher Winzer sieht auch das Potenzial der Schaffhauser Weine. Dieses Segment will er weiter entwickeln, die Qualität erhöhen bei einem guten Preis-Leistungsverhältnis bei den Basisweinen. Er ist ein erklärter Fan des Blauburgunders, wie der Pinot noir in Schaffhausen heisst: «Aus dieser Traubensorte lassen sich wunderschöne Weine keltern. Von Blanc de Noir, Federweiss, Rosé, Schaumwein bis zu fruchtigen, leichten Rotweinen. Wenn das Terroir, ein kühles Klima und handwerkliche Präzision stimmen, kann sich Pinot Noir zu den grössten Rotweinen überhaupt entwickeln.» Und weil die Strada Weinkellerei über alle Einrichtungen zur Schaumweinproduktion verfügt, will Davaz auch vermehrt in diesem Sektor der alkoholischen Weine mitspielen. Lanciert hat er den neuen, frischen Strada brut AOC Schaffhausen aus Blauburgundertrauben, hergestellt nach der Prosecco-Methode - Coop bietet ihn unter dem Namen Klett wie Klettgau an.

Davaz im Weingut

Mitten in den Reben von Hallau: Andrea Davaz sieht Potenzial in den Schaffhauser Weinen.

Starkes Blauburgunderland. Andrea Davaz ist überzeugt vom Potenzial des Schaffhauserlands. «Wir können hier sehr gute rote Weine machen, aber auch die Weissen wie Sauvignon blanc, Pinot blanc, Pinot gris, Chardonnay und Müller-Thurgau gedeihen hier bestens». Gehobene Weine in Kleinmengen, Spezialitäten und Barriqueweine produziert Davaz im Partnerbetrieb Lindenhof in Osterfingen. Mit diesem kleinen Gut will er bewusst in einer hohen Liga mitspielen. Und er sagt, was viele nicht gerne hören: «Die Kleinen sind das Salz in der Suppe. Schaffhausen braucht mehr innovative Vorzeigewinzer wie Ruch, Baumann, Aagne, Stamm. Man sollte sie nicht als Exoten, sondern als Markt-Lokomotiven sehen.» Genau solche Lokomotiven brauche es - und brauche auch er: Im Graubünden heisst sein Nachbar Daniel Gantenbein, in Italien, wo sein Bruder ein Weingut führt, ist es Angelo Gaja. «Der Markt verlangt neben Typizität vor allem nach Gesichtern,» ist Andrea Davaz, der Retter des Rimuss und dem Verfechter des Schaffhauser Schaumweins, überzeugt. Und setzt alles daran, dem Strada und dem Lindenhof ein solches Gesicht zu geben.

 

>> Zur Person: Andrea Davaz, *1964, Inhaber der Davaz Holding mit einem Weingut in Fläsch und drei Weinhandlungen. Bis 2018 Bündner Grossrat. Anfang 2018 Übernahme der Rimuss- und Weinkellerei Rahm in Hallau und Umbenennung in Rimuss & Strada Wein AG.