Text: David Schnapp | Fotos: Thomas Buchwalder

Kein Export. Wegen eines Vogelgrippe-Ausbruchs im Nordwesten Frankreichs Anfang des Jahres sind die begehrten französischen Enten zurzeit nur schwer erhältlich. «Ein grosses Problem», sagt 19-Punkte-Chef Franck Giovannini (grosses Bild oben). «Wir können zurzeit keine Enten bestellen, weil sie nicht exportiert werden dürfen, und konzentrieren uns stattdessen auf Schweizer Fleisch», so der Chef des «Hôtel de Ville» in Crissier, wo im Ganzen zubereitete Enten zum über viele Jahre sorgsam gepflegten Selbstverständnis des Hauses gehören.

Stefan Heilemann 2020: Von Escher

Besuch im Geflügel-Kühlschrank: Delikatessen-Händler Alfred von Escher (r.) mit Küchenchef Stefan Heilemann.

Mangelware Enten-Koffer. Dass es eine Enten-Krise gibt, bestätigt der renommierte Geflügel- und Delikatessenhändler Alfred von Escher aus Zürich-Wollishofen, der seit vielen Jahren der Vertrauenslieferant vieler Starchefs ist. «Das Problem besteht vor allem mit den so genannten Koffern, also den Entenbrüsten an der Karkasse, die viele Köche bevorzugen. Die kommen aus der Challans-Region, wo die Produktion zurzeit wieder hochgefahren werden muss. Ich rechne damit, dass rechtzeitig zur Wildsaison im Oktober diese Enten-Koffer wieder lieferbar sind», sagt der Spezialist. Dass die «Coffre de Canard» zurzeit nicht erhältlich seien, störe ihn deshalb nicht.

Bresse kann liefern. Keine Lieferschwierigkeiten gibt es hingegen aus dem Bresse-Gebiet, wo das Miéral-Geflügel zu Hause ist. «Ganze Enten, aber auch Perlhühner, Tauben oder Maispoularden bekomme ich nach wie vor», sagt Alfred von Escher. Auch Entenleber ist vom Produktionsausfall nicht betroffen: «Da gibt es kein Problem», sagt Stefan Heilemann, der im 18-Punkte-Restaurant Widder seine Menüs gerne mit einem Enten-Amuse-Bouche beginnt. «Miéral-Enten sind für mich nicht dasselbe, ich bevorzuge die Vögel aus Challans», sagt hingegen Franck Giovannini.

Fabrizio Zanetti wandert in St.Moritz 2020

Im Sommer lieber weisses Geflügelfleisch: «Suvretta»-Küchenchef Fabrizio Zanetti. 

Tauben statt Enten. Auch für Küchenchef Fabrizio Zanetti vom Swiss Deluxe Hotel Suvretta House in St. Moritz, ein ausgewiesener Geflügel- und Wildspezialist, ist die Enten-Knappheit ein Thema: «Alfred von Escher hat mich darüber informiert, dass die Blutenten nicht lieferbar sind. Ich bereite im Sommer aber sowieso lieber ganze Bresse-Poularden, Wachteln im Ganzen grilliert oder Tauben zu», sagt Zanetti. «Und wenn ein Gast unbedingt Ente haben will, bestelle ich einen Miéral-Vogel», sagt der Bündner Koch.