Text: GaultMillau Schweiz
13 Punkte zum Start. Zum Essen ging der Luzerner öfter mal in den «Schweizerhof». Vornehmlich zum Leichenmahl, nach einem Abdankungsgottesdienst in der nahen Hofkirche. Jetzt kann man auch sonst hin: Die «Vico» ist eröffnet, an bester Lage und in angenehmem Design. «Lifestyle-Brasserie» wird versprochen, und Brasserie-Gerichte kriegt man auch: Sole für zwei, Châteaubriand für zwei, Entrecôte Café de Paris und Wiener Schnitzel. Die «Schweizerhof»-Besitzer Hauser sind keine geborenen Foodies. Aber immerhin liessen sie es zu, dass ihr neuer Direktor Roman Omlin das Projekt umsetzen durfte. Mit Pauken & Trompeten, mit Radio-Spots & Plakaten. 13 GaultMillau-Punkte zum Start. Bild oben: Küchenchef Stefan Ritter.
Er krempelt die Gastronomie «Schweizerhof» Luzern um: General Manager Roman Omlin.
Darf auf einer Brasserie-Karte nicht fehlen. Bouillabaisse mit Sauce Rouille.
Mutiges Design in einem Traditionshaus. Brasserie Vico im Hotel Schweizerhof.
Prima: Pâte de veau aux truffes. Rein also ins ehrwürdige Stadthotel. Der erste Eindruck ist gut. Wir kriegen eine zum Dreieck geschnittene, getrüffelte Hauspastete, überraschend saftig, mit Banyul-Gelee, Salätchen und Sauce Cumberland. Andere Vorspeisen aus dem kleinen Brasserie-ABC: Salade César, Os à la moelle (gebackenes Markbein) und mehr Tatar, als uns lieb ist: Bis zu fünf Varianten auf einem Teller! «Le Tartare de la semaine» mit Tuna, Gurke, Mascarpone, Mango und ziemlich viel Avocado würden wir wieder bestellen, das modernste Ding auf der Karte ebenfalls: «Ceviche du Gothard», Zander im Verjus-Buttermilchjus, mit Koriander und Peperoncini. Küchenchef ist Stefan Ritter, in der Branche ein unbeschriebenes Blatt.
Brasserie-Feeling auf drei Ebenen: Das «Vico» im Hotel Schweizerhof Luzern.
Die brave Bouillabaisse. Beim Hauptgang weckte der Coq au vin3 (hoch drei!!!!) unsere Fantasie, auch wenn uns der Service warnte: «Eine moderne Interpretation.» Den Schenkel kriegen wir wunderbar altmodisch: Mit Speck und kräftiger Sauce. Die Brust mutierte zur knusprigen Praline, dazu gab’s einen eher trockenen Poulet-Smashburger. Die «moderne Interpretation» ist bereits wieder Geschichte; Luzerner Gäste mögen es klassisch. Wir mögen Bouillabaisse und wurden nicht enttäuscht. Hummer, Steinbutt, Jakobsmuscheln, Crevetten und Miesmuscheln schwammen in der Brühe. Eine Edelfischsuppe ohne Ecken und Kanten, eher von der braven Art. Das Fleisch für die Brasserie stammt aus gutem Haus: Kräuterschwein (Filet, Bäggli) aus Gunzwil LU, Kalbfleisch aus dem Muotathal (Metzgerei Heinzer). Auch die Herkunft der Eier wird präzis deklariert: «Hühnermobil» der Familie Schryber vom nahen Dietschiberg, gleich neben dem örtlichen Golfclub.
Bordeaux aus der Jeroboam. Abends legt man im «Vico» einen Zacken zu. «Les plats de spectacle» werden angeboten: Ganze Seezungen «meunière» und Châteaubriand, am Tisch tranchiert. Erfreulich die Weinkarte: Den Château Phélan Ségur 2021 gab’s glasweise aus der Jeroboam (drei Liter-Flasche), die Sektion Burgunder wird noch aufgebaut. Der Name «Vico» ist übrigens eine sympathische Hommage an Victor O. Hauser (†1999), ein Gentleman-Hotelier, der in Luzern sehr geschätzt wurde. «Vico» durften ihn allerdings nur ganz gute Freunde nennen.
www.schweizerhof-luzern.ch
Fotos: Marc Gilgen, HO