Text: Urs Heller | Fotos: Marcus Gyger
Ein Banker macht’s möglich. Dorfbeiz und Asylheim war mal. Heute ist die «Sonne» in Seuzach (bei Winterthur) eine Adresse für Foodies und Geniesser. Radikal regionale Küche im Restaurant, ein unglaublicher Weinkeller, Smoker’s Lounge, 15 tadellose Zimmer zum Schnäppchenpreis. Wie oft im Leben ist es ein Banker, der solche Geschichten möglich macht: Stephan Jäger (ex Julius Bär) hat sich in dieses Projekt verliebt und im dritten Anlauf die richtigen Köche gefunden: Michael Embacher und Vize Eric Ofer. Die beiden geben Gas, auch mal zu viel Gas, aber ist mal die «Less is more»-Frage geklärt, geht die kulinarische «Sonne» im Dorf endgültig auf. Grosses Bild oben v.l. Michael Embacher, Stephan Jäger und Peter Manthei (2. Sous-Chef).
Ragout & Jerky vom Rinderherz. Eingekauft wird in nächster Umgebung. Die Umsetzung ist radikal. Das Prinzip «nose to tail» wird ziemlich konsequent interpretiert. Vom Seuzacher Rind etwa kriegen wir ein ziemlich gewagtes Amuse-bouche: Ragout und Jerky vom Herz (!), mit Steinpilzen und Petersilienöl. Wir löffeln den Gang beeindruckt weg und staunen über die nächsten feinen Produkte aus der Gegend: Stracciatella (das Beste der Burrata) aus Kempthal, mit mariniertem Rotkraut, Randen und Zwetschgen. Auch das Diessenhofener Saiblingsfilet mit Weisskabis und marinierten Eierschwämmli wäre eigentlich tadellos, doch bei beiden Gerichten liegen zu viele Komponenten im Teller: ein Zwetschgen-Rosmarin-Sorbet zur Stracciatella, eine weisse Tomatenglace zum Saibling. Einmal «Gelati» zu viel. Immerhin haben wir einen wunderbaren Pinot Noir von Tatasciore im Glas, und den möchten wir ohne Eis-Attacke geniessen.
«Cordon Bleu 2.0» und Wurst vom Muni. Zweierlei vom Marthaler Poulet im Finale: Ravioli, hausgemacht mit Kartoffel- Nussbutterstampf, pochiertem Ei, Rosmarin, Röstzwiebeln und einer wunderbaren Geflügel-Velouté. Und «Cordon Bleu 2.0»: Eine Praline von Pouletkeule, mit Sbrinz und Zitronenzeste. Nicht gerade federleicht, aber natürlich ausgezeichnet im Geschmack. Die Chefs verabschieden sich mit einer Basilikumcreme, Waldbeeren und Waldbeerenparfait. Zeit für Zuckerspiralen, Zitruspralinen und Cantucci finden sie auch noch.
PS. Geräucherte Bauernwürste vom Seuzacher Muni der Familie Steinmann gibt es auch. Mit Kartoffelstampf und hausgemachtem groben Senf. Gewurstet wird in der Metzgerei Würmli in Neftenbach. Wunderbar!