Text: David Schnapp | Fotos: Valeriano Di Domenico

Champagner ohne Schminke. Im Jahr 1981 hatte der legendäre Gründer der Laurent-Perrier Champagner-Gruppe eine – wie sich heute herausstellt – geniale Idee: Er kreierte einen Champagner mit null Prozent «Dosage». So wird das Gemisch genannt, mit dem der Champagner nach Beendigung des Reifeprozesses aufgefüllt wird, um den Verlust auszugleichen, der beim Entfernen der Hefe entsteht. In der Kategorie «Brut Nature» sind geringe Mengen Zucker zwar erlaubt, bei Laurent-Perrier verzichtete man aber ganz auf die Zugabe, was heute viele Sommeliers und Gäste vermehrt nachfragen – ein Champagner ohne Schminke, kann man es nennen.

Immer auf der Suche. Nur Weine mit perfekter Reife und geringer Säure eignen sich für diese Vorgehensweise, ein «Ultra Brut» entsteht nach sechs Jahren Flaschengärung auf der Hefe aus 55 Prozent Chardonnay und 45 Prozent Pinot noir. «Ein filigraner Champagner, der trotzdem eine gewisse Tiefe hat», findet Sommelière Gloria Fluri. Die 28-Jährige kümmert sich seit zweieinhalb Jahren um den Wein im Restaurant Schlüssel (17 Punkte, ein Stern) in Mels SG, während Roger Kalberer für die Küche in dem Haus mit langer kulinarischer Tradition zuständig ist. «Beim Kombinieren von Speisen und Weinen sind wir immer gemeinsam auf der Suche nach neuen Kombinationen», beschreibt er die Zusammenarbeit zwischen Küche und Keller.

05.10.2022; Mels (SG): Roger Kalberer und Gloria Flury degustieren den Laurent Perrier Champagner. © Valeriano Di Domenico

«Ein filigraner Champagner»: Sommelière Gloria Fluri und Küchenchef Roger Kalberer.

Jakobsmuscheln & Rindermark. «Meine Herausforderung war es, zu diesem Champagner etwas zu kochen, was nicht zu offensichtlich ist», erklärt Roger Kalberer seine Aufgabe in diesem Fall. Für die Vorspeise schneidet der junge Chef handgetauchte norwegische Jakobsmuscheln in Scheiben, flämmt sie kurz ab und kombiniert sie dann mit pochiertem Rindermark, Randen und Schnittknoblauch-Öl: «Eines von 45 Kräutern, das in meinem Garten hinter dem Restaurant wächst», sagt er. Aus dem Rindermark macht Kalberer ausserdem eine Art Mürbeteig, bei dem die Butter durch das aromatische Innere des Knochens ersetzt wird.

05.10.2022; Mels (SG): Roger Kalberer bereitet die Vorspeise in der Küche vor.Markbein sanft pochiert in Consommé Handgetauchte norwegische Jakobsmuschel Markbein-StreuselSchnittknoblauch. © Valeriano Di Domenico

Nah am Feuer: Die handgetauchten Jakobsmuscheln werden kurz abgeflämmt.

05.10.2022; Mels (SG): Roger Kalberer bereitet die Vorspeise in der Küche vor.Markbein sanft pochiert in Consommé Handgetauchte norwegische Jakobsmuschel Markbein-StreuselSchnittknoblauch. © Valeriano Di Domenico

«Nicht zu offensichtlich»: Roger Kalberer in der «Schlüssel»-Küche.

«Frischekick.» Gloria Fluri hat den Laurent-Perrier bei sechs Grad gelagert, so wird er bei etwa acht Grad aus einem Champagnerglas getrunken und wird zum «Frischekick», wie sie sagt. Die mineralische Art dieses Weins lasse «Raum für Entdeckungen», begründet die Sommelière die Kombination mit der Muschel-Vorspeise. Etwas unkonventioneller ist hingegen die zweite Lösung Roger Kalberers für die selbstgestellte Aufgabe. «Ein Dessert hätte natürlich auch zu Ultra Brut gepasst, aber das war mir zu aufgelegt», sagt er. Stattdessen serviert er jetzt ein Hirschkalb-Ragout, das à la Bolognese gekocht ist und in eine dünne Rolle aus Crêpes-Teig verpackt wird. Das filigrane Wildgericht erhält durch eine Waldklee-Schaumsauce eine unerwartete Frische, die wiederum gut zum ehrlichen Ultra Brut passt.

05.10.2022; Mels (SG); Sommelière Gloria Flury mit dem Laurent Perrier Champagner. © Valeriano Di Domenico

«Raum für Entdeckungen»: Je nach Glas schmecke der Ultra Brut anders, sagt Gloria Fluri.

05.10.2022; Mels (SG): Roger Kalberer mit dem Hauptgang. © Valeriano Di Domenico

Überraschende Kombination: Hirschkalb-Bolognese im Crêpes-Teig zu Laurent-Perrier Ultra-Brut.

Champagner aus dem Gabriel-Glas. Zum Schluss gibt Gloria Fluri noch einen Tipp für das Ausschenken von Qualitäts-Champagner: «Durch die Wahl des Glases kann man mit den Aromen des Weines spielen. Kleine Gläser betonen die Kohlensäure, wird das Glas breiter, kommen die Fruchtaromatik, die leichten Brioche- und Mandelnoten besser zur Geltung», sagt sie. Experimentierfreudigen Gästen wird deshalb Laurent-Perrier auch mal im Gabriel-Weinglas serviert, «um Fruchtigkeit, Mineralität und Säure zu betonen», so Fluri.

 

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